Vollständige Signatur

LWV-Archiv, B 46

Bestand


Identifikation (kurz)


Titel Titel
Jugendheim Staffelberg: Sachakten
Laufzeit Laufzeit
(1946), 1957-2001

Bestandsdaten


Bestandsgeschichte Bestandsgeschichte
Die Abgabe der Unterlagen erfolgte in den Jahren 1993 sowie 2008.
Geschichte des Bestandsbildners Geschichte des Bestandsbildners
Das Jugendheim Staffelberg bei Biedenkopf wurde als Neubau für ältere männliche Jugendliche durch den Landeswohlfahrtsverband Hessen errichtet und am 25. September 1962 eröffnet. Planungen für den Heimneubau hatten 1957 begonnen und waren durch die Überfüllung des Heilerziehungsheims Kalmenhof, wo seit 1952 schulentlassene männliche Jugendliche in öffentlicher Erziehungsfürsorge untergebracht waren, angestoßen worden. Der LWV verfolgte das Ziel, in die bauliche Anlage und in die Erziehungsarbeit die neuesten erziehungswissenschaftlichen Erkenntnisse einfließen zu lassen. Aufgelockerter Pavillonbaustil und kleine Wohneinheiten sollten sich von den aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert stammenden Gebäuden deutscher Jugendheime absetzen und die Jugendlichen in modernen Werkstätten eine an aktuellen Erfordernissen der industriellen Arbeitswelt ausgerichtete berufliche Ausbildung erhalten. Sport- und kreative Freizeitangebote ergänzten die pädagogische Arbeit.
Die Landesregierung unterstützte das ehrgeizige Ziel, das Jugendheim Staffelberg zu einem Vorzeigeerziehungsheim in dem sich strukturell und sozialpolitisch modernisierenden Hessen zu machen. Zur Eröffnung war die Aufnahme von 120 Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren vorgesehen, um 1978 hatte der Staffelberg mit 30 Erziehern und zwölf Ausbildern sowie Psychologen und pädagogischen Fachkräften eine Kapazität von 109 Jugendlichen. Erster Leiter wurde der vom Kalmenhof versetzte Carl Böcker, Nachfolger waren Karl-Heinz Mathieu und Walter Glandorf.
Trotz oder wegen dieses betonten Reformansatzes wurde der Staffelberg im Juni 1969 zum ersten Ziel von APO-Aktionen gegen eine als repressive „schwarze Pädagogik“ verstandene Heimerziehung. Die Aktionen gegen die Jugendheime Staffelberg, Karlshof bei Wabern und dem Mädchenheim Fuldatal bei Kassel und eine öffentlich geführte Debatte über den Zustand der öffentlichen Fürsorgeerziehung in Deutschland stießen im LWV Hessen Reformmaßnahmen an, die zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung der Kinder- und Jugendheime in seiner Trägerschaft führten. Landesjugendwohlfahrtsausschuss und Sozialministerium entwickelten auf methodischen Vorschlägen eines wissenschaftlichen Beirats für Heimerziehung einen Stufenplan. Mit erheblichem Aufwand wurden nun verbandsweit jene Ziele durchgeführt, die bereits um 1960 im LWV Hessen geplant, aber nur unvollständig durchgeführt worden waren: dezentrale Heime, verkleinerte und aufgelockerte Unterbringung, sozialpsychologische Betreuung, Aus- und Fortbildung des pädagogischen und jugendpsychologischen Fachpersonals. So steht der Staffelberg mit der sog. Heimkampagne am Beginn der Heimreform in Hessen.
In den Folgejahren wurde das Jugendheim durch Aufnahme von externen Jugendlichen aus dem Landkreisgebiet in heimeigene Grundausbildungslehrgänge und berufsbildende Kurse erweitert. 1984 bestanden in den Sparten Holz, Metall, Farbe und Elektro zehn Ausbildungsberufe. Das Jugendheim Buchenau wurde im Juni 1976 aufgelöst und als Wohngruppe Calvinstraße in Marburg konzeptionell neu gegründet und gemeinsam mit dem Staffelberg verwaltet.
Auch nach der 1993 vollzogenen Übertragung der öffentlichen Erziehung in kommunale Hand blieben Verwaltung und Trägerschaft des Jugendheims Staffelberg beim LWV Hessen. Die seit den frühen neunziger Jahren sinkenden Belegungszahlen vergrößerten die Finanzierungsprobleme für den Träger. 1995 schloss man den Staffelberg und das Jugendheim Lahneck mit dessen drei Wohnstandorten im Marburger Stadtgebiet als Eigenbetrieb des LWV Hessen zusammen, die ab 1998 als Sozialpädagogisches Zentrum Marburg-Biedenkopf firmierten. Ein im April 1997 beauftragtes Institut in Münster legte ein Konzept zur Weiterentwicklung der Einrichtungen vor. Vor allem der Einbruch in der Auslastung führte im Dezember 1999 in den politischen Gremien des LWV Hessen den Beschluss herbei, die Einrichtung des Staffelberg zu schließen und, wie das Jugendheim Lahneck Marburg, auf dezentrale, kleine Wohngruppen überzugehen.
Enthält u.a. Enthält u.a.
Materialien zur Bau- und Gründungsgeschichte des Staffelbergs
Unterlagen zum Betrieb des Heims
Akten zur Beschulung und beruflichen Ausbildung der Jugendlichen
Korrespondenz mit der Dezernatsleitung in der Kasseler Hauptverwaltung über fachliche und personelle Fragen
Literatur Literatur
Landeswohlfahrtsverband Hessen (Hg.), Jugendheim Staffelberg in Biedenkopf/Lahn. Ein Beitrag zur Heimpädagogik, erschienen zur Einweihung des Jugendheims am 25. September 1962 (Schriften des LWV Hessen, 7), Kassel o.J. [1962].
Karl-Heinz Deutsch, Grundsätze der Heimerziehung unter besonderer Berücksichtigung des Projektes Jugendheim Biedenkopf, in: Der Gemeindetag. Zeitschrift für die gemeindliche Selbstverwaltung, hg. vom Präsidium des Hessischen Städtetages, 13, H. 12, 1960, S. 246-252.
Jörg Westerburg, Über Stockholm zum Staffelberg? Zur Fotosammlung im Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, in: Christina Vanja (Hg.), Reichtum der Quellen. Vielfalt der Forschung. 30 Jahre Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen 17), Petersberg 2016, S. 95-97.
Findmittel Findmittel
Arcinsys-Datenbank

Weitere Angaben (Bestand)


Umfang Umfang
10 lfm.