Vollständige Signatur

LWV-Archiv, B 3

Bestand


Identifikation (kurz)


Titel Titel
Bezirkskommunalverband Wiesbaden: Sachakten
Laufzeit Laufzeit
1876-1953

Siehe


Korrespondierende Archivalien Korrespondierende Archivalien

Bestandsdaten


Bestandsgeschichte Bestandsgeschichte
Ein großer Teil der älteren Akten der zentralen Verwaltung des Bezirksverbandes in Wiesbaden ist nach 1945 verloren gegangen, als das Landeshaus in Wiesbaden durch die amerikanische Militärregierung genutzt wurde. Ins Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes gelangten größtenteils jene Akten, die in den Jahren 1945 bis 1953 beim Bezirkskommunalverband Wiesbaden neu angelegt oder weitergenutzt wurden. Abgebende Stelle war die LWV-Zweigverwaltung in Wiesbaden. Es handelt sich hauptsächlich um Unterlagen der Allgemeinen und Personalverwaltung. Bei den Allgemeinen Verwaltungsakten werden neben den Gebieten Haushalt und Personal in kleinerem Umfang auch die Bereiche Wirtschaft und Infrastruktur sowie der Fürsorgebereich berührt. Die Personalakten betreffen hauptsächlich Beschäftigte des Bezirkskommunalverbandes, deren Beschäftigungs- oder Versorgungszeit vor Gründung des LWV (1953) endete. Für die über 1953 hinaus Beschäftigten wurden zum Teil Personalnebenakten bei der LWV-Zweigverwaltung Wiesbaden fortgeführt. Ein Bestand von ca. 1.550 älteren Akten des Bezirksverbandes aus den Jahren 1868 bis 1945, hauptsächlich Akten der Wegebauverwaltung, ist im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden archiviert.
Geschichte des Bestandsbildners Geschichte des Bestandsbildners
Mit dem Ende des Herzogtums Nassau und der freien Stadt Frankfurt 1866 gingen deren Gebiete sowie bislang zum Großherzogtum Hessen zählende Gebiete (Biedenkopf, Homburg) 1867 im neu gegründeten preußischen Regierungsbezirk Wiesbaden auf. Am 26. September 1867 gründete das Königreich Preußen in diesem Bezirk, noch unter Ausschluss des Stadtkreises Frankfurt, den "Kommunalständischen Verband des Regierungsbezirks Wiesbaden". Dessen Entscheidungsorgan, der "Kommunallandtag", bestand aus vier Standesherren, zwei Großgrundbesitzer und 22 Repräsentanten der Stadt- und Landkreise des Bezirks. Als Exekutivorgan diente seit 1871 der "ständische Verwaltungsausschuss". Ab 1872 wurde als leitender Beamter ein "Landesdirektor" gewählt. 1885 wurde der Verband, nun unter Einbeziehung von Frankfurt, zum "Bezirksverband des Regierungsbezirks Wiesbaden", dem alle Stadt- und Landkreise im Regierungsbezirk Wiesbaden angehörten (ab 1932 dann auch der Kreis Wetzlar). Somit war der Bezirksverband ab 1885 eine reine Gebietskörperschaft ohne ständisches Element; der Kommunallandtag vertrat fortan ausschließlich die Kreise; gleichzeitig wurde aus dem ständischen Verwaltungsausschuss der "Landesausschuss". Ab 1900 trug der bisherige Landesdirektor die Amtsbezeichnung "Landeshauptmann". Sitz des Bezirksverbandes war Wiesbaden. Ab 1907 und bis 1945 nutzte der Verband das eigens erbaute repräsentative "Landeshaus" in Wiesbaden.

Zweck des Bezirksverbandes war die kommunale Selbstverwaltung auf Bezirksebene. Die Aufgabengebiete des Verbandes entsprachen denjenigen der Provinzialverbände in den anderen preußischen Provinzen, wo es Bezirksverbände nicht gab. Im volkswirtschaftlichen Bereich war der Verband verantwortlich für Straßenbau und -unterhaltung (Straßenbauämter), für regionale Infrastrukturförderung (u. a. Lahnkanalisierung, Kleinbahnen) sowie für das Geld-, Kredit- und Versicherungswesen (u. a. Nassauische Landesbank, Nassauische Sparkasse). Ein kleinerer Aufgabenbereich war die Kulturpflege (u. a. Denkmalpflege, Förderung von Wissenschaft und Kunst). Im Fürsorgebereich war der Bezirksverband Träger mehrerer Anstalten, u. a. der Landesheilanstalten Eichberg (ab 1872), Weilmünster (ab 1897), Hadamar (ab 1906) und Herborn (ab 1911) sowie des "Taubstummeninstituts" Camberg (ab 1873). Ab 1871 hatte der Verband die Funktion eines "Landarmenverbandes" (ab 1924 eines "Landesfürsorgeverbandes"), der seit 1891 überörtlicher Kostenträger der Anstaltsunterbringung u. a. von Menschen mit psychischen Krankheiten oder geistigen Behinderungen war. Ab 1901 war der Bezirksverband beteiligt an der Kostenträgerschaft für die "Fürsorgeerziehung Minderjähriger". Ab 1919 übernahm der Verband die Funktion einer "Hauptfürsorgestelle für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene". 1924 richtete der Bezirksverband ein "Landesjugendamt" ein.

Im Zuge der nationalsozialistischen Gleichschaltung wurden 1933 der Kommunallandtag und der Landesausschuss aufgelöst; 1934 ging die Leitung des Bezirksverbandes an den in Kassel amtierenden Oberpräsidenten der Provinz Hessen-Nassau über. Der Landeshauptmann fungierte fortan als dessen ständiger Vertreter, der Bezirksverband blieb jedoch als Körperschaft bestehen. Im Sinne des "Führerprinzips" lautete der neue Verbandsname nun "Der Oberpräsident (Verwaltung des Bezirksverbandes Nassau)". Mit Bildung der neuen Provinz Nassau 1944 lautete die Verbandsbezeichnung "Der Oberpräsident (Verwaltung des Provinzialverbandes Nassau)". Zugleich kamen die Landkreise Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern sowie der Stadtkreis Hanau hinzu. Während der Zeit des Nationalsozialismus war der Bezirks- bzw. Provinzialverband maßgeblich an der Umsetzung der "rassenhygienischen Maßnahmen" und der "Euthanasie"-Verbrechen beteiligt. Im Mai 1945 wurde der bisherige Verband in die Verwaltung der Bezirksregierung Wiesbaden eingegliedert. Im Oktober 1945 wurde die Eigenschaft des Verbandes als Gebietskörperschaft wiederhergestellt; die Leitungsfunktionen hatten allerdings der Ministerpräsident und die Fachminister inne. Im Oktober 1946 wurde ein "Landeskommunalausschuss" gebildet, der die Funktionen des früheren Kommunallandtags und des Landesausschusses wahrnahm. Der Verband trug in der Nachkriegszeit den Namen "Bezirkskommunalverband Wiesbaden". Zum 12. Mai 1953 wurde er durch das Mittelstufengesetz vom 7. Mai 1953 aufgelöst. Seine Aufgaben und sein Eigentum für den Sozialbereich gingen an den zugleich gegründeten Landeswohlfahrtsverband Hessen über; die übrigen Aufgaben und das übrige Eigentum gingen an das Land Hessen über, welches das Landeshaus in Wiesbaden zum Sitz des Wirtschaftsministeriums machte. Ein Teil der bisherigen Wiesbadener Verwaltung des Bezirkskommunalverbandes wurde zur Zweigverwaltung Wiesbaden des LWV Hessen.
Literatur Literatur
80 Jahre Kommunalverband des Regierungsbezirks Wiesbaden, hg. vom Landeshauptmann, Wiesbaden 1948
E. Quentel: Sammlung der die Verfassung und Verwaltung des Bezirksverbandes des Regierungsbezirks Wiesbaden betreffenden Gesetze, Verordnungen, Statuten, Reglements und sonstige Bestimmungen. Wiesbaden 1894, 2. Aufl. 1905.
Peter Sandner: Verwaltung des Krankenmordes. Der Bezirksverband Nassau im Nationalsozialismus (= Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Hochschulschriften Bd. 2). Gießen 2003.
Findmittel Findmittel
Arcinsys-Datenbank

Weitere Angaben (Bestand)


Umfang Umfang
4,5 lfm.