Vollständige Signatur

HHStAW, 1129

Bestand


Identifikation (kurz)


Titel Titel
Franz Woweries
Laufzeit Laufzeit
1922-1945

Bestandsdaten


Bestandsgeschichte Bestandsgeschichte
Der Nachlass Woweries mit seinem umfangreichen Bestand an privaten und dienstlichen Akten, Papieren, Korrespondenzen, Materialsammlungen und Manuskripten gewährt einen nahezu lückenlosen Einblick in den politischen Werdegang eines von frühester Jugend an überzeugten und begeisterten Nationalsozialisten.
Neben verstreuten Materialien von SPD und KPD, etlichen NS-Flugblättern aus der 'Kampfzeit' und einigen politischen Stimmungsberichten lassen sich z.B. auch solch höchst brisante Dokumente finden wie die monatlichen Tätigkeitsberichte (März - September 1931, ohne Juli) der NSDAP-Gauleitung Hessen-Nassau-Süd (Nr. 16 b), deren detaillierte Analysen der Aktivitäten von Arbeiter- und bürgerlichen Parteien zu erkennen geben, dass die Versuche zum Aufbau eines politischen Nachrichtendienstes durch die Nazis zeitlich noch früher anzusetzen sind, als bisher durch die Forschung angenommen.
Die von Woweries nach Sachgruppen und Ländern angelegte reichhaltige Zeitungs- und Zeitungsausschnittsammlung enthält u.a. eine Vielzahl zeitgenössischer Artikel zu den verschiedenen faschistischen Bewegungen in Europa.
Die zum Nachlass gehörende Bibliothek von ca. 500 Titeln, die sich in der Hauptsache mit politischen, historischen, wirtschaftlichen, kulturellen, religiösen und rassistischen Fragen befassen, stellt eine in ihrer Art seltene Sammlung des wichtigsten faschistischen Schriftguts dar.
Diese somit recht umfangreiche 'NS-Bibliothek' wurde von Woweries vor allem im Zusammenhang mit seiner eigenen publizistischen Tätigkeit eingerichtet und stellt nur einen Teil seiner Gesamtbibliothek dar. 1945 wurden sämtliche der NS-Propagandaliteratur zugeordneten Titel auf Bitten seiner Frau durch den damaligen Weilburger Landrat Wagner aus Woweries Privatbibliothek entnommen, um sie im Heimatmuseum sicherzustellen.
In der folgenden Zeit befanden sich diese dann aber zunächst in der Verwahrung eines an der Enthebung beteiligten amerikanischen Offiziers. Im November 1949 erging ein Beschluss der Spruchkammer Gießen, wonach die gesamte NS-Literatur der Bibliothek Woweries' einzuziehen und 'dem Hessischen Staatsarchiv zur weiteren Verwendung' zu übergeben sei. Aufgrund dieses Beschlusses wurde der Nachlass zunächst dem Abwicklungsamt des Hessischen Ministers für politische Befreiung übergeben. Nach dessen Auflösung gelangten Bücher und Akten 1954 ins Hessische Staatsarchiv Wiesbaden.
Der Nachlass wurde 1983/84 von Axel Ulrich verzeichnet.
Geschichte des Bestandsbildners Geschichte des Bestandsbildners
Franz Woweries; Lebensdaten 1908-1948; NS-Funktionär, Parteiredner, Reichsamtsleiter der NSDAP, Hauptschriftleiter der Zeitschriften 'NS-Briefe', 'Der Schulungsbrief' und 'Der Hoheitsträger', 1943-1945 Landrat in Weilburg/Lahn.
Franz Hermann Woweries, geb. am 22.6.1908 in Hannover, besuchte nach Übersiedlung nach Mühlhausen (Thüringen) das dortige humanistische Gymnasium bis zum Abitur. Als Zehnjähriger der damaligen Jugendbewegung angehörend, in der ihn, einem Selbstzeugnis zufolge, bereits 'nur das betont Völkische' und überhaupt nicht die bündischen Probleme berührten, entwickelte er sich früh in die nationalsozialistische Richtung.
Von der Wehrjugend über Scharnhorstbund und HJ kommend, wurde er 1924 jugendliches Mitglied der NS-Freiheitsbewegung, einer Verbotsorganisation der NSDAP. Schon als Sechzehnjähriger übernahm er die Schriftleitung des 'Thüringer Volkswarts' und beteiligte sich aktiv am Wahlkampf.
Als 1925 die NSDAP neugegründet wurde, trugen sich in Mühlhausen 15 Mitglieder ein; Woweries erhielt die Mitgliedskarte Nr. 5 der Ortsgruppe, wurde Schriftführer, Pressewart und ab Oktober 1926 Mitarbeiter des 'Nationalsozialist' (später 'Thüringische Staatszeitung').
Seit dieser Zeit war Woweries ununterbrochen als Journalist und Redner für die Nationalsozialisten tätig.
In den Jahren 1926-27 gehörte er zudem der SA an.
Nachdem er HJ-Gauführer der Gaue Thüringen und Halle-Merseburg geworden war, wurde er 1928 in die NSDAP-Gauleitung Halle-Merseburg berufen; außerdem war er Kreispropagandaleiter und Geschäftsführer in Naumburg (Saale). In diesem Jahr gründete er auch in Plauen (Vogtland) den ersten Reichsjugendpressedienst und die erste Führerzeitschrift der HJ, 'Die junge Front'.
Seit Dezember 1928 war er schließlich Reichspropagandaleiter und Pressereferent der Reichsjugendführung der HJ in Plauen.
Eigenem Bekunden zufolge hatte er sein Studium 'im Dienst der Bewegung aufgegeben'. Die journalistischen und propagandistischen Talente von Woweries wurden rasch von der NS-Führungsspitze registriert, so dass er anlässlich des Reichsparteitages 1929 in Nürnberg von Hitler mit einem Referat beauftragt wurde.
Im August des gleichen Jahres trat er seinen Dienst als Gaugeschäftsführer der NSDAP-Gauleitung Hessen und als Kreisleiter in Offenbach a.M. an.
1930 wurde er Bezirksleiter der NSDAP Kinzigtal, wo er für seine Partei die Kreise in Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern aufbaute. Im gleichen Jahr erhielt er die Anerkennung als Reichsredner der NSDAP.
1931 wurde er in Frankfurt a.M. Gaupropagandaleiter und Gaupresseamtsleiter Hessen-Nassau der NSDAP sowie Gaureferent für Jugendfragen. 1932 war er in der Landesinspektion Südwest (SW), in der Reichsleitung der NSDAP und in der Leitung der Landesführerschule sowie als Gauschulungsleiter und Leiter der Politischen Abteilung im Büro des Reichsstatthalters Jakob Sprenger tätig.
In diesem Jahr gründete und leitete er in Frankfurt a.M. die sich schnell entwickelnde Monatsschrift 'NS-Briefe. Schulungsblätter der NSDAP im Rhein-Main-Gebiet' die 1934 bereits eine Auflage von 70.000 Exemplaren erreicht hatte.
Nach Unterbrechung durch seinen Dienst in der Landesinspektion SW übernahm er 1933 erneut die Funktion des Gaupresseamtsleiters Hessen-Nassau. Zur gleichen Zeit war Woweries Mitarbeiter des 'Hessenhammer', Schriftleiter im 'Frankfurter Volksblatt' und führte die Gesamtleitung der Frankfurter 'NS-Sonntagspost'.
Ebenfalls 1933 gründete er anstelle dreier bisher bestehender kleiner, uneinheitlicher Berufsvereine den 'Landesverband Rhein-Main' im Reichsverband der deutschen Presse. Als Landesverbandsleiter und Gaupressechef der NSDAP organisierte Woweries Ostern 1934 in Wiesbaden das erste deutsche Pressekameradschaftslager, wofür ihm vielfältige Anerkennung seitens der deutschen Presseführung zuteil wurde.
Im Juni 1934 wurde er Mitglied des Deutschen Reichstags. Als Hauptschriftleiter des 'Frankfurter Volksblatts' und Leiter der Zentralredaktion der selbständigen NS-Tageszeitungen in Darmstadt, Offenbach a.M., Mainz, Gießen, Worms und Gelnhausen wurde er zum 1.10.1935 vom Reichsorganisationsleiter Dr. Ley im Einvernehmen mit den Reichsleitern Amann und Rosenberg abberufen, um als Reichsamtsleiter und Hauptschriftleiter der 'Reichsschulungsbriefe der NSDAP und DAF' seine propagandistische Tätigkeit für die NS-Bewegung in Berlin fortzusetzen; damit gehörte Woweries zu den 300 dienstältesten 'Politischen Leitern' der NSDAP.
Seit dem gleichen Jahr war er Mitglied der SS, die ihm 1937 den Ehrenrang eines Hauptsturmführers verlieh, den er bis 1945 bekleidete. Ebenfalls 1937 gründete Woweries den vom Reichsorganisationsleiter der NSDAP herausgegebenen 'Hoheitsträger' als monatliches Informations- und Führerorgan des engeren 'Politischen Leiterkorps der NSDAP' und übernahm dessen Gesamtleitung.
1938 gründete und leitete er darüber hinaus den in Wien erscheinenden 'Ostmarkbrief'. Im gleichen Jahr erfolgte die Übersiedlung des Amtes für Schulungsbriefe nach München; in Berlin verblieb nur noch eine Verbindungsstelle. Im folgenden Jahr (31.8.1939) hatten die von Woweries' Amt herausgegebenen Propagandaorgane folgende Auflagen erreicht: 'Schulungsbrief' 4.850.000; 'Ostmarkbrief' 380.000; 'Hoheitsträger' 42.000.
Am 15.9.1939 eröffneten 'Schulungsbrief' und 'Ostmarkbrief' mit der Folge 'Deutschland im Abwehrkampf' die ideologische Schulung im Kriege. Auch das Weitererscheinen des 'Hoheitsträgers' war gesichert.
Seit dem 28.8.1939 nahm Woweries als Soldat am Frankreichfeldzug teil. Seine Kriegserlebnisse notierte er äußerst gewissenhaft: Als Feldwebel führte er ein Tagebuch (1939), als Leutnant und Kompanieführer der 5. Kompanie erstellte er über deren Einsatz von Mai bis Juni 1940 einen hektographierten Bericht. Zum Zweck der geistig-moralischen Betreuung der Truppe verfasste er zudem die beiden Broschüren 'Deutsche Fibel' und 'Willkommen! Worte an Heimkehrer!', die binnen kurzem Auflagen in Millionenhöhe erreichten.
Seine aktive Zeit wurde durch eine von der NSDAP beantragte uk-Stellung sowie durch verschiedentliche Erkrankungen unterbrochen. Die Dauer seines Aufenthalts im 'Heimatkriegsgebiet' nutzte er, um über den Truppendienst hinaus mit Genehmigung seines Kommandeurs seine Münchener Parteidienststelle weiter zu leiten. 1940 erfolgte die Verleihung des Polit.-Leiter-Rangs eines Hauptbereichsleiters der Reichsleitung der NSDAP. Im September 1941 wurden seitens NSDAP und Ostministerium erneute, allerdings erfolglose uk-Anträge gestellt; zu dieser Zeit hatte Woweries verschiedene Planungsarbeiten in Angriff genommen, deren Weiterbearbeitung er sodann gleichfalls außerhalb seines Militärdienstes betrieb. Seit 1942 verstärkten sich die gesundheitlichen Beschwerden des inzwischen zum Oberleutnant beförderten Woweries derart, dass ihm der ärztliche Rat erteilt wurde, er müsse künftig die nur sitzende Tätigkeit seines Zivilberufes als Hauptschriftleiter aufgeben. Daraufhin wurde er am 15.3.1943 als Landrat in das Landratsamt Weilburg (Oberlahn) und Usingen i.Ts. eingeführt. Während seiner Zeit als Landrat befasste sich Woweries vorrangig mit Fragen des Zivilschutzes, des Heimatdienstes und mit Versorgungsfragen.
Eigener Aussage zufolge stützte er sich in seiner Amtsführung hauptsächlich auf das verbotene Werk 'Die Praxis der staatlichen Verwaltung' des früheren sozialdemokratischen Regierungspräsidenten Ernst von Harnack, mit dem er auch in dieser Sache in Korrespondenz stand. Die Lektüre dieses Buches machte Woweries für seine leitenden Beamten verbindlich, plante auch eine Neuherausgabe, die aber scheiterte.
Überhaupt zeichnet sich Woweries' Amtsführung als Landrat durch eine Reihe für die damaligen Machthaber 'unpopulärer' Maßnahmen aus, wie z.B. die rasche, unbürokratische Wohnraumbeschaffung für die Familie eines alten Sozialdemokraten oder das Ermöglichen der Weiterarbeit eines halbjüdischen Arztes belegen.
Schon in seiner Münchener Zeit war Woweries dadurch aufgefallen, dass er die Verstaatlichung der in Privatbesitz befindlichen Seeufer gefordert hatte. Aus diesen Gründen wird man den - wie all seine Publikationen, sein persönliches Engagement und seine biographischen Daten offenbaren - glühenden und fanatischen Anhänger, Vorkämpfer und Propagandisten des Nationalsozialismus wohl eher dem linken Parteiflügel zuordnen müssen, zumindest was die Kriegsjahre anbelangt.
In seinem Entnazifizierungsverfahren (1948) wurde Woweries in die Gruppe II der Aktivisten eingestuft, obwohl zunächst Einstufung in Gruppe I beantragt war. Die damit verbundene Strafe von fünf Jahren Arbeitslager brauchte er wegen einer 1944 'im Osten' erlittenen hundertprozentigen Kriegsversehrtheit aber nicht mehr zu verbüßen.
Er starb am 14.12.1948 in Weilburg/L..
Wichtige Publikationen:
'Nationalsozialistische Feierstunden. Ein Hilfsbuch für Parteistellen, SA, SS, HJ, NSBO', Mühlhausen i. Th. 1932.
'Reichsstatthalter Gauleiter Jakob Sprenger. Lebensbild eines Gefolgsmannes Adolf Hitlers', Berlin o.J..
'Deutsche Fibel. Worte an Kameraden', Berlin 1940.
'Willkommen! Worte an Heimkehrer!', o.O. 1942.
Zeitschriften:
'NS-Briefe. Schulungsblätter der NSDAP im Rhein-Main-Gebiet' (Frankfurt a.M.), 1933 ff..
'Der Schulungsbrief' (Berlin; München), 1933 ff..
'Der Hoheitsträger' (Berlin; München), 1937 ff..
'Ostmarkbrief' (Wien), 1938 ff..
Enthält Enthält
Privat- und Dienstkorrespondenz, politische Reden und Aufsätze, Materialsammlung für die nationalsozialistische Schulungs- und Propagandaarbeit, militärische Aufzeichnungen, Sammlung von Zeitungsausschnitten (1922-51).
Literatur Literatur
Otto Renkhoff, Nassauische Biographie, 2. Aufl. Wiesbaden 1992, Nr. 4860.
Findmittel Findmittel
Findbuch von Volker Eichler, 1984
Online-Datenbank (Arcinsys)

Weitere Angaben (Bestand)


Umfang Umfang
8,50 lfm (578 Nummern)
Bearbeiter Bearbeiter
Axel Ulrich, 1983/84
Benutzung Benutzung
Nutzung nach dem Hessischen Archivgesetz