A1-XIX

Complete identifier

StadtA WZ, A1-XIX

Fonds


Identification (short)


Title Title
Vorstadtgemeinden
Life span Life span
1475-1954

See


Corresponding archival items Corresponding archival items
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden:
- Abt. 423 Nr. 1153 u. 1154: Eingliederung der Langgässer und der Neustädter Gemeinde in die Stadt Wetzlar Bd.1, Bd. 2, 1906-1936
- Abt. 423 Nr. 1146: Verwaltungsangelegenheiten der Stadt Wetzlar und der Vorstadt Neustadt 1895-1936
- Abt. 423 Nr. 1387: Gemeindeverwaltung der Stadt Wetzlar 1660-1850
- Abt. 663 Nr. 62: Verhandlungen über die Wiederherstellung der Langgässer und der Neustädter Gemeinde 1947-1953
Stadtarchiv Wetzlar:
- Verschiedene Bände der Nold’schen Registratur: z.B. A1-B, IVa15 ad Litt. P. e VIter Band; IVa5: Ratsprotokolle.
- Registratur der preußischen Bürgermeisterei: Statuten und Gerechtsame der Langgässer Gemeinde sowie der Neustädter Gemeinde 1826-1892

Fonds data


Custodial history Custodial history
Ein Versuch den Bestand zu ordnen und zu verzeichnen, wurde wohl schon in der zweite Hälfte der 1920er Jahren unternommen. Dabei waren anscheinend insbesondere Kaufverträge und juristische Auseinandersetzungen von Interesse. Zu einem auch nur ansatzweisen Abschluss der Ordnungsarbeit ist es allerdings nicht gekommen. Davon zeugen schon handschriftliche Vermerke wie „Noch genau durchsehen !“ auf dem „Protokollum Judiciale in Sachen der Stadt Wetzlarschen Gemeinde Neustadt contra den Rathsdiener Maas und Kons. Appellationis“.

Folgende handschriftliche Inhaltsbeschreibungen wurden aus dieser Zeit vorgefunden:
- Bündel: „Prozeß-Sachen I: Bruchstücke von Acten betr. allerhand Streitigkeiten der Neustädter Gemeinde von welchen die allermeisten am Gericht der Reichsstadt Wetzlar (am Stadtgericht) anhängig gewesen sind. Der bei weitem größte derselben entstammt dem 18. Jahrhundert. NB! Die Mehrzahl der Schriftstücke bestehen aus losen Blättern von denen viele nicht einmal die Größe eines Winkelbogen haben“.
- Bündel „Prozeß-Sachen II (Bruchstücke von Acten betr. allerhand Streitsachen der Neustädter Gemeinde von welchen die allermeisten am Gericht der Reichsstadt Wetzlar (am Stadtgericht) anhänglich gewesen)“.
- Bündel: „Hierin weiteres Material für den Prozeß aus den Prozaßacten in Bruchstücken entnommen“.

Aufgrund des desolaten Verzeichnungs- und Erschließungszustandes musste der gesamte Bestand neu geordnet und verzeichnet werden.

Der Bestand enthält einschließlich der Rechnungsserien 791 Nummern, davon entfallen 323 auf die Langgässer, 464 auf die Neustädter und vier auf beide Gemeinden.

Für beide Gemeinden haben sich glücklicherweise die Protokollbücher erhalten. Der ganz überwiegende Teil des Bestandes entfällt auf die Rechnungen der Gemeinden, die für die Langgässer Gemeinde 1628/29 einsetzen und seit 1679 nahezu lückenlos überliefert sind. Die Überlieferung der Neustädter Baumeisterrechnungen setzt 1678 ein und ist ebenso nahezu lückenlos überliefert. Weiterhin haben sich in nicht geringer Zahl die Belege zu den Rechnungen erhalten, die entweder mit den Rechnungen gebunden sind oder separat geführt wurden. Teilweise sind den Rechnungsbänden die Belege zu den Rechnungen beigegeben. Einen weiteren Schwerpunkt der Überlieferung stellen die Streitsachen, Klagen und Prozesse dar. Zum einem haben sich eine Vielzahl, vor allem für die Neustädter Gemeinde, von Ratsdekreten erhalten, die durchaus von besonderem historischen Wert sind. Zumindest fragmentarisch haben sich einige Schriftstücke des Prozesses erhalten, den die Neustädter Gemeinde vor dem Reichshofrat in Wien angestrengt hat.

Der Bestand der Vorstadtgemeinden gliedert sich in drei Bereiche: 1: Langgässer Gemeinde, 2: Neustädter Gemeinde, 3: Städtische Akten betreffend Langgässer und Neustädter Gemeinde. Der Bestand C umfasst lediglich vier Akten. Diese Akten gehören ausweislich ihrer die Provenienz anzeigenden Aktenbeschriftungen und Registraturzeichen eigentlich in andere Bestände, so zeigt das Registraturzeichen D 8/5a an, dass es sich um Akten der Stadtverwaltung handelt. In der Kartei der städtischen Akten sind folgende die Vorstadtgemeinden betreffende Akten vermerkt: D 8/4: Akten betr. Langgässer Gemeinde, D 8/5: Akten betr. Neustädter Gemeinde und D 8/5a: Hilfsakten betr. Klärung des Rechtsverhältnisses der Langgässer und Neustädter Gemeinden. Die anderen in der städtischen Kartei vermerkten Akten sind wahrscheinlich bei der versuchten Einholung eines Gutachtens über die Klärung des Rechtsverhältnisses verloren gegangen oder sind identisch mit den Nummern 1 und 2 des Gliederungspunktes 3. Bei der Akte Nr. 4 handelt es sich um eine Akte der Städtischen Betriebsverwaltung. Die vier Akten wurden jedoch weisungsgemäß zu den Beständen der Vorstadtgemeinden gelegt.

Auch nach der Unterbringung der Archivalien in Kartons und deren Beschriftung, befand sich der gesamte Bestand weiterhin noch mehr oder weniger in Unordnung. So waren „Prozess-Sachen“ weitgehend zusammenhangslos auf drei verschiedene Kartons verteilt. Sogar zwei zusammengehörende Bände (Haarplatz betr.) befanden sich in verschiedenen Kartons. Ein Karton war beschriftet mit „Gemeinden Langgasse und Neustadt gegen das Hospital“, obwohl die Neustädter Gemeinde in dieser juristischen Auseinandersetzung nicht involviert war.

Ein weiterer Karton war beschriftet mit „Schriftstücke betr. Besitzverhältnisse, Kaufverträge, Neustädter Gemeinde 18.-19. Jh.“. Das darin befindliche Konvolut „Kaufverträge“ enthielt jedoch ganz überwiegend Obligationen.

Eine Archivalie mit dem Titel „Schriftliche Belege der Gemeinde Langgasse 1904-1905 befand sich bei den Rechnungen, obwohl es sich erkennbar und eindeutig nicht um Rechnungsbelege handelte, sondern schlicht um einen Schriftverkehr der Langgässer Gemeinde. Diese Archivalie wird daher als Korrespondenz der Langgässer Gemeinde 1903-1905 geführt.

Eigentlich nicht in die Bestände gehören die beiden jeweiligen Akten über die Auflösung der Gemeinde, Rentenzahlungen an die Mitglieder und Ablösung der Rentenzahlungen.
History of creator History of creator
Die Wetzlarer Vorstädte zwischen der Lahn und den beiden Dillarmen entstanden bereits im 13. Jahrhundert. Sie bildeten schließlich als Langgässer und Neustädter einen genossenschaftlichen Zusammenschluss und waren zunftmäßig geordnet, wählten je zwei „Baumeister“ und vier „Sechsmänner“ als Vorstand, die eine begrenzte Disziplinargewalt hatten, und trafen sich regelmäßig zu gemeinsamer „Sprache“. Wie die Zünfte übernahmen sie religiöse, karitative, gesellige und wirtschaftliche Aufgaben. Zu letzteren gehört die Regelung der Nutzung und Beaufsichtigung des angrenzenden Gemeindelandes. In der städtischen Verfassung hatten die beiden vorstädtischen Gemeinden neben der Altstadtgemeinde und den Zünften Sitz und Stimme in einem Kontrollausschuss der Bürgerschaft, der 1390 die „Neuner“, 1614 die „Elfer“ und seit 1712 die „Zwölfer“ heißt. Die beiden Gemeinden waren seit 1614 verfassungsmäßig als Vertretungen der Vorstädte anerkannt. Mit dem Ende der Reichsstadtzeit 1803 ging auch die verfassungsmäßige Bedeutung der beiden Gemeinden zu Ende. Die beiden Gemeinden blieben jedoch weiterhin als genossenschaftlicher Zusammenschluss bestehen, da sie Landbesitz und Barvermögen hatten. Die Mitgliederzahl der beiden Gemeinden war beschränkt, zuletzt 40 bei der Langgässer und 80 bei der Neustädter Gemeinde. Neuaufnahmen wurde von gestaffelten Einzahlungen abhängig gemacht, da mit der Mitgliedschaft Ansprüche auf Sterbegeld und sonstige Leistungen erworben wurden. Beide „Gemeinden“ waren also schon lange nicht mehr gleichbedeutend mit der Gesamteinwohnerschaft der Vorstädte.

Seit den 1920er Jahren drängte die Stadt auf die Beseitigung der Sonderrechte der beiden Gemeinden. Durch § 1 der Preußischen Überleitungsverordnung zur Deutschen Gemeindeordnung vom 30. März 1935 [Ministerialblatt der inneren Verwaltung Sp. 491] in Verbindung § 1 der Ersten Verordnung zur Durchführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 22. März 1935 wurden die beiden Gemeinden aufgelöst. Die hiernach erforderliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Gemeinden und der Stadt Wetzlar wurde durch die Entscheidungen des Regierungspräsidenten vom 17. Februar bzw. 2. März 1936 geregelt. Mit Wirkung vom 1. April 1935 ging das gesamte Vermögen der ehemaligen Neustädter und Langgässer Gemeinde in das Eigentum der Stadt Wetzlar über. Den am 1. April 1935 vorhanden gewesenen Mitgliedern sowie den am 1. April 1935 vorhanden gewesenen Witwen früherer, vor diesem Tag verstorbener Mitglieder wurden Rentenzahlungen durch die Stadt Wetzlar eingeräumt. Die Rentenzahlungen wurden schließlich zum 31. Dezember 1967 abgelöst.

Die ehemaligen Mitglieder der beiden Gemeinden schlossen sich zu Interessengemeinschaften in Form von eingetragenen Vereinen zusammen und erhoben im Jahr 1949 gegen das Land Hessen Anfechtungsklage bei dem Verwaltungsgericht, mit der sie begehrten, die Preußische Überleitungsverordnung zur Deutschen Gemeindeordnung und die Entscheidungen des Regierungspräsidenten über die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Wetzlar und der Neustädter Gemeinde sowie der Langgässer Gemeinde außer Kraft zu setzen. Sie wollten damit erreichen, dass die beiden „Gemeinden“ als rechtlich ununterbrochen fortbestehend anerkannt würden, woraus der Anspruch auf Rückgabe des Vermögens zu folgern wäre. Mit Urteil vom 18. Juli 1950 wurden die zu einem Verfahren verbundenen Klagen kostenpflichtig abgewiesen. Gegen dieses Urteilen erhoben die Neustädter und Langgässer Interessenverteter Berufung an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Mit Urteil vom 29. April 1953 wurden die Berufungen zurückgewiesen.
Literature Literature
Flender, Herbert (Bearb.): Verwaltungsbericht der Stadt Wetzlar vom 1. April 1928 bis 31. März 1952. Wetzlar 1957, S. 158-160
Schoenwerk August: Die Wetzlarer Vorstädte, in: Lieb Heimatland, 8, 1931 Nr. 30 u. 31