U 1377
Vollständige Signatur
HHStAW, 74, U 1377
Urkunde
Identifikation (Urkunde)
Datierung
Datierung
1324 Dezember 27
Vermerke (Urkunde)
(Voll-) Regest
(Voll-) Regest
Bericht über die wunderbare Verlegung und die Weihe des Klosters Marienstatt: Die göttliche Weisheit hat zum besonderen Haus der Himmelskönigin, das vielen, die zum ewigen Leben bestimmt sind, Schutz bietet, den Cistercienserorden gemacht, der, anfangs arm und gering, danach aber vielfältig mit weltlichen Gütern gesegnet wurde ((F)ons sapientie verbum Dei in excelsis exemplo Salomonis regis Jherusalem domum regine matris sue specialem fe(cit) in terris ordinem Cistertiensem multos ad vitam sternam predestinatos a caumatibus et frigoribus pluviisque mundane iniquitatis protegentem, in prinvipio quidem sue fundacionis pauperem et modicum, sed processu temporis locorum varietate ac multitudine personarum per generaciones abbatiarum (a)liarum ab aliis benedictione copiosa bonorum temporalium Dei donante gracia multipliciter augmentatum). So berief sie auch durch den Dienst und die Frömmigkeit des Burggrafen Eberhard von Aremberg (Arberch), edler Abstammung (ingenu(e) condicionis), und seiner Frau Aleydis im Jahre Mo CCo XVo, am 20. August (in die sancti Bernar(d)i) aus dem Verbande (de gremio) von St. Petersthal in Heisterbach einen Konvent von zwölf Mönchen unter dem Abt Hermann als dem dreizehnten an den Ort Altenklosterhof (in loco, qui nunc Vetus claustrum dicitur) zur Gründung einer Abtei. Sie hielten sich dort eine Zeitlang (pro tempore aliquo) auf, wurden aber von äußerem Glück nicht begünstigt und durch die Ärmlichkeit und Ungeeignetheit des Platzes niedergedrückt. Die Mönche schlugen daher vor, sich an die Mutterkirche in Heisterbach zu wenden und dorthin zurückzukehren. Der damals kranke Abt ermahnte sie jedoch, vertrauensvoll in dreitägigem Gebet Hilfe und Trost von der göttlichen Barmherzigkeit zu erflehen. So geschah es auch. In der dritten Nacht, während von den Brüdern in der Kirche (oratorio) die Matutin angestimmt wurde, erschien dem Abt, der noch auf seinem Lager ruhte, im Schlaf als Vision ein sehr schönes Mädchen, das in ein weißes Gewand gekleidet war und den Zweig mit Blüten des Weißdorns (albe spine que theutonice hadorn dicitur) in der Hand hielt. Als der Abt voller Staunen es fragte, wer es sei, antwortete es: Ich bin die Gründerin Eures Ordens, zu deren Dienst und Ehre Ihr, von meinem Sohn berufen, hierher gekommen seid. Tröste die Brüder. Ich verlasse Euch nicht, sondern verleihe Euch Hilfe und Trost. Es fügte hinzu: Mit Anbruch des Tages begib Dich über den Berg zu einem anderen Fluß, genannt Große Nister (maior Nystria). Wo Du einen Zweig gleich dem siehst, den ich in der Hand halte, dort sollt Ihr Wohnung nehmen. Ich werde dort helfend bei Euch bleiben und denen, die mir fromm dienen, stets geneigt sein. Darauf verschwand es. Zweifellos war diese Trösterin der Armen die Himmelskönigin, Jungfrau Maria, wie aus ihren Worten und aus ihrem weißen Gewand, das ihre Jungfräulichkeit bezeichnet, zu ersehen war. Am Morgen rief der Abt die Mönche zusammen und eröffnete ihnen seine Vision. Nachdem ihm ein Gefährt hergerichtet war, ließ er sich an den Ort (Meynbrechzauwe) bringen. Da er dort den ihm gezeigten Zweig nicht fand, wandte er sich weiter auf eine Wiese bei Arfelden (Aruel-), wo er aber auch den Zweig nicht antraf. Von dort kam er im Monat Februar, als stärkster Winter herrschte, an den Platz des gegenwärtigen Klosters, wo damals eine Wiese und Einöde (locus desertus) war. Voller Freude erblickte er dort den Zweig und sagte, indem er Gott pries: Hier ist der Ort, den die Mutter der Gnade uns zum Wohnen ausersah; hier wollen wir zu deren Ehre ruhen und wohnen. Als dies bekannt wurde, ließ Guda, die alte Vögtin (advocata), Schwester des Herrn Rudolf von Greifenstein, dort, wo der Zweig gesehen wurde, eine Kapelle und einen Altar erbauen. Es ist dies die Kapelle, die jetzt dem Hospital (infirmarie) benachbart ist. Als dies der Landesherr, Graf Heinrich von Sayn, bemerkte, bemühte er sich mit andern Edlen und Mächtigen, die vom Geist Gottes entflammt waren, 15 Jahre und länger bei Erzbischof Dietrich von Trier um die Zustimmung zur Verlegung, weil der Ort der ersten Gründung in dessen Diözese lag. Inzwischen starb Abt Hermann. Ihm folgte Ulrich, der kaum ein Jahr regierte. Als er starb, folgte ihm Konrad, unter dem der vorgenannte Graf Heinrich nach Erlangung der Zustimmung unter dem ermordeten Erzbischof Engelbert von Köln dort das Fundament zur Erbauung des Klosters legte, in das der Konvent unter Abt Konrad im Jahre (Mo CCo XXVIIo) herabstieg, nachdem die Burg auf dem Felsen daselbst 16 Jahre zuvor durch jenen Grafen Heinrich von Sayn zerstört wurde. Von dessen Gütern, die zu dessen Lebzeiten dem Hause geschenkt wurden, und von den frommen Almosen anderer gläubiger Christen gedieh das Kloster unter der Sorgfalt (curarum sollicitudine) der Äbte und Mönche nach und nach so, daß es durch Erzbischof Heinrich von Köln, den 55. auf dem Erzstuhl aus dem Hause Virneburg, im Jahre (Mo CCCo XXIIIIo) am 27. Dezember (in die beati Johannis ewangeliste) im 17. Jahr seines Episkopats unter Abt Wigand von Greifenstein, dem 11. Abt des Ortes, im 27. Jahre von dessen Regierung, in Gegenwart von vielen angesehenen Klerikern und Laien, Freiherren (baronibus) und Rittern, zu Ehren der Himmelskönigin als Patronin des ganzen Cistercienserordens geweiht wurde. Der Jahrestag der Weihe des Klosters und aller Kapellen und Altäre innerhalb und außerhalb desselben wurde mit allen ihren Ablässen (indulgentiis), die an jenem Weihetag durch den Erzbischof in öffentlicher Bekanntgabe bestätigt wurden, auf den ersten Sonntag nach dem 1. Mai (post festum beate Walburgis) gelegt. Alle gläubigen Christen, die dann andächtig zu dem Kloster, zu der Kapelle im Hospital (infirmatorio), zu der Kapelle vor dem Tor und den 17 geweihten Altären kommen, die sich darin (in eis) befinden, erlangen Ablässe von drei Jahren der ihnen auferlegten Bußen, ferner 31 Karenen und 1520 Tage, die aus der Gnade des allmächtigen Gottes und der heiligen Apostel Petrus und Paulus durch verschiedene Kardinäle, Legaten, Erzbischöfe und Bischöfe zu verschiedenen Zeiten verliehen wurden, worüber sich beim Kloster (apud nos) ein offenkundiges Zeugnis befindet. Ferner erlangen alle, die den Bau des Klosters mit Fuhren unterstützen und ein Seelgedächtnis (orationem) für die dort Begrabenen stiften, 40 Tage Ablaß.
Formalbeschreibung
Formalbeschreibung
Reinschrift Pergament (= A) Bonn, Rheinisches Landesmuseum, auf den beiden sogannten Marienstatter Tafeln von je 57,5:79,5 cm. Die Kunstgeschichte datiert die Darstellung um 1330. Auch die Schrift und der Händewechsel in der Abtsliste (vgl. unten) deuten darauf, daß die mit Malerei verzierte Urkunde aus Anlaß der Weihe von 1324 Dezember 27 gefertigt ist. Statt der alten Holztafeln dienen heute Sperrholzplatten als Rückwand. Die erste Tafel, die den Text etwa zu einem Drittel bringt (vgl. Anm. b) zeigt die gekrönte Maria thronend mit dem Jesusknaben, der mit der Linken einen Vogel an den Schwanz- und Flugfedern hält, rechts auf dem Schoß, in der Rechten das Kirchenmodell (von Südwesten gesehen, mit hohem Dachreiter im Osten, drei runden Fenstern im Obergaden und vier spitzbogigen Fenstern im Seitenschiff), in der Linken den wunderbaren Dornstrauch haltend (heute bis auf den Stumpf in der Hand zerstört). Rechts von Maria sitzt Erzbischof Heinrich von Köln im roten Gewand mit segnend erhobener Rechten und Bischofsstab in der Linken, bezeichnet durch die Bischofsmütze und die Inschrift: (D(omi)n(u)s Henricus, archiep(iscopus) Colonie(n)sis) zu seinen Häupten; links von Maria der Abt Wigand in braunem Gewand und hellerem, innen rot ausgeschlagenen Mantel, bloßen Hauptes, ebenfalls mit segnender Rechten und Abtsstab in der Linken, kenntlich durch die Inschrift: (D(o)m(inu)s Wyga(n)dus abba(s). Neben diesem kniet eine bärtige männliche Gestalt in rotem Gewande, wohl der Graf Heinrich von Sayn. Über dem Bogen in den Zwickeln je ein anbetender Engel. Unterhalb der Mariendarstellung ein friesartiger Streifen mit 26 betenden Klosterbrüdern in braunen Gewändern, die in zwei Gruppen von je 13 Personen einander zugewandt sind; jede Gruppe besteht aus sieben Mönchen, die durch ihre Tonsur gekennzeichnet sind, und sechs bärtigen Konversen. Darunter steht das erste Drittel obigen Textes mit der Überschrift in roter Tusche: (In hac subscripta pagina invenies translacionem monasterii huius olim de Veteri claustro ad locum istum miraculose factam). Die zweite Tafel bringt in der unteren Hälfte den Rest des Textes und zeigt darüber Christus am Kreuz und die Passionssymbole: Leiter, Säule, Speer, Dornenkrone, drei Geißelwerkzeuge (zwei Peitschen und eine Rute), Hammer, den auf einem Stab befestigten Schwamm, Schwert und Zange, Messer und drei Nägel, drei Würfel, 30 Silberlinge, und rechts davon eine offene Hand (vgl. Joh. 19,22), zwei Köpfe (davon einer mit dem Judenhut, wohl die zwei falschen Zeugen nach Math. 26,60 f.), eine weiße Binde (die um das Haupt Christi bei der Verspottung gewunden wurde), zwei Gewänder von Christus, den Bottich, der Essig und Galle zur Tränkung des Schwamms enthielt (Joh. 19,29), und darüber die Seitenwunde Christi, ferner sein Grab und das Schweißtuch der Veronika. Auf beiden Tafeln laufen rings Brustbilder von Klosteräbten um, auf der ersten Tafel in den Ecken durch die Evangelistensymbole, auf der zweiten durch Darstellungen von vier Propheten unterbrochen. Die erste Tafel zeigt 38 Abtsbilder. Die Abtsliste beginnt oben in roter Tusche mit: (In hac presenti pictura videbis (e)t invenies omnes (a)bbates, qui rexerunt in (Ve)teri claustro et i(n lo)co isto.) Bei den einzelnen Brustbildern befinden sich folgende (in der Wiedergabe bezifferten) Inschriften, von denen die ersten elf (bis Wigandus) von einer Hand, die folgenden sieben (bis Henricus) von einer zweiten größeren Hand und die übrigen von wechselnden Schreibern herrühren, deren verblaßte Eintragungen auch mit Quarzlampe nur noch teilweise lesbar waren: 1. ((H)ermannus 8 annis). - 2. (Ulricus 1 anno). - 3. (Conradus 19 annis). - 4. (Henricus 7 annis). - 5. (Cuno 10 annis). - 6. (Petrus 1 1/2 annis). - 7. (Wilhelmus 8 1/2 annis). - 8. (Johannes 3 annis). - 9. (Theodericus 31 a(nnis). - 10. (Nycolaus (9) annis). - 11. (Wygandus 40 annis). - 12. (Theodericus 14 annis). - 13. (Albertus 15 annis). - 14. (Enolphus (1) anno). - 15. (Theodericus 8 annis). - 16. (Johannes 6 1/2 annis). - 17. (Bernardus 10 1/2 annis). - 18. (Henricus 13 annis). - 19. (Theodericus 7 annis). - 20. (Roricus 15 1/2. - 21. (Wilhelmus 4 annis). - 22. (Bruno 30). - 23. (G(o)tfridus 3). - 24. (Fri(dericus) 28). - 25. (Johannes 24). - 26. (Thilmannus 5). - 27. (Henricus Cleberg 23). - 28. (Petrus 17). - 29. (Theodericus a Birenbach praefuit (6) mensibus anno (...). - 30. (Petrus Coloniensis (... 3) annis). - 31. (Anno 1563, 11 Martii r(everendus) d(ominus) Adamus Selbach electus et anno 65, 19. Januarii mortuus). - 32. (Anno 1576, 14. die Maii (...) quintam horam (..) obiit reverendus dominus Johannes a Wenden). - 33. (Anno 1586, 2. Augusti, nona hora ante meridianam obiit reverendus dominus Godefridus Drolshagen). - 34. (Anno 1623, die 26. Julii, obiit reverendus abbas dominus Philippus Monasteriensis). - 35. (Anno 1634 (...). - 36. (Anno 1637 (...). - 37. ((...). - 38. (...). Auf der zweiten Tafel sind 40 Brustbilder von Äbten enthalten, von denen jedoch nur noch die ersten vier mit Angaben versehen sind: 39. (Anno 1688 (...) primus mitratus, praefuit annis 36). - 40. (Dominus Benedictus Bach obiit (...), 2. mitratus). - 41. (Albertus Bergh, abbas (...), 3. mitratus). - 42. (Petrus Emons, 1735, 10. Maii electus). Kopie Papier (Ende 16. Jh. = B) W 74,1369 Bl. 2r-3v von der wundersamen Translation und der Abtsliste (diese auf die Regierungsjahre beschränkt) mit dem Vermerk gleicher Hand: Transcripta est haec copia ex originali sua tabula, que in monasterio loci s(ancte) Marie in sinistro choro ad columnam lapideam est fixa clavis ferreis, beglaubigt Ende 17. Jh. durch die kaiserlichen Notare Gerlach Ermert (ex satrapia Freusburg pago Grunebach) und Hermann Jungh. - Verkürzte Kopie Papier (2. Hälfte 16. Jh. = C) W 74,1377 Bl. 11r bis 12r; der Anfang ist hier aus der Narratio der Urkunde von 1215 Juni 25 (Nr. 1) übernommen. - Kopie Papier (von 1603) Staatsarchiv Münster, Sammlung Kindlinger II,47 S. 111. - Kopie der Abtsliste (18. Jh. = D) W 340, II C 585 Faszikel 1a, mit Angabe des (annus electionis et regiminis). Druck der Inschrift (also ohne die Abtsnamen): Caspar Jongelinus, Notitiae abbatiarum ordinis Cistertiensis II (Köln 1640) S. 38 f.; Nikol. Hees, Manipulus Hemmerodensis (Köln 1641) S. 24; Mrh. UB. III Nr. 34; E. Aus'm Weerth, Katalog der Ausstellung der kunstgewerblichen Altertümer in Düsseldorf 1880 S. 323 ff. Abbildung der Tafeln: E. Aus'm Weerth a.a.O.; Der Westerwald, hrsg. von Leo Sternberg (1911) Tf. 12 (nur die erste Tf.); Gemäldekatalog des Provinzialmuseums Bonn (1914) S. 108; Provinzial-Museum in Bonn, Gemäldegalerie, Katalog, bearb. von Walter Cohen (1927) S. 110 Nr. 234, 235; Hermann Deckert, Robert Freyhan, Kurt Steinbart, Religiöse Kunst aus Hessen und Nassau, Kritischer Gesamtkatalog der Ausstellung Marburg 1928 (Textband, Tafelband I, II, 1932) Tafelband I S. 169-170; Wilhelm Kisky, Bemalte rheinische Urkunden, in: Zs. d. Rhein. Ver. f. Denkmalpflege 29 (1936) S. 147 und 149; G. Wellstein, Die Cistercienserabtei Marienstatt (1955) Anhang (nur die erste Tf.)
Informationen / Notizen
Zusatzinformationen
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Struck, Kloster Marienstatt, Nr. 327
Repräsentationen
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