Vollständige Signatur

HStAM, Urk. StadtA Fulda, 208

Urkunde


Identifikation (Urkunde)


Kurzregest Kurzregest
Judenordnung für Fulda durch Erzherzog Maximilian III. von Österreich, Administrator des Stifts Fulda
Datierung Datierung
1586 Oktober 31
Originaldatierung Originaldatierung
Geschehenn zu Fulda denn letzten Octobris im Jar Eintausend funfhundert und Sechs unnd achtzigsten.

Vermerke (Urkunde)


(Voll-) Regest (Voll-) Regest
Maximilian [II.], Erzherzog von Österreich, römischer Kaiser und Administrator des Stifts Fulda bekundet, dass ihm als Stadtherrn von Fulda von den Bürgern allerlei Klagen wegen Juden vorgebracht worden sind. Er hat daher eine Verordnung erlassen, an die sich alle unter Strafe zu halten haben. 1. Juden dürfen nicht ohne Wissen und Erlaubnis des Stadtherren in Fulda leben, sonst stehen sie nicht unter Schutz des Stadtherren und machen sich strafbar. 2. Sie dürfen sich nicht in böser Weise über das Christentum oder Jesus Christus äußern. 3. Sie sollen keine Wucherzinses für verliehenes Geld verlangen. Werden ihnen Kirchengüter, Waffen oder Harnische zum Pfand angeboten dürfen sie es nicht annehmen, sondern müssen es der Obrigkeit melden. 4. Untertanen im Stift sollen nicht mehr als 1 Gulden bei Juden leihen, maximal 1 Pfennig wöchentlich. Erbgüter dürfen nicht beliehen oder von Juden durch Kauf an sich gebracht werden. Wenn sie Häuser in der Stadt Fulda beleihen, soll der Oberschultheiß seine Zustimmung geben und wenn nötig auch die Regierung. Die Geldschulden sollen nicht aufgerechnet und die Zinsen nicht von Jahr zu Jahr steigen. Sollte jemand dies doch tun, so sei die Summe verloren und er müsse eine Strafe entrichten. 5. Juden dürfen kein Geld auf Zinsen oder Wucher verleihen. Der Verleih wird in das vom Ortsbeamten geführte Judenbuch im Beisein des Christen [der das Geld geliehen hat] und seiner Frau verzeichnet. Dort soll stehen wann das Geld geliehen wurde und bis wann es zurückgezahlt werden soll. 6. Juden dürfen nicht an "Protzige oder Verschwender", an "Unsinnige" oder an Menschen, die unter "vätterlicher, mütterlicher oder vormundlicher gewalt" stehen Geld verleihen. 7. Nachts sollen Juden in den Häusern bleiben. 8. Tagsüber sollen sie nicht an öffentlichen Straßen sitzen und christliche Heiligtümer meiden. Besonders sollen sie in der Karwoche, an Sonntagen und an den christichen Feier- und Festtagen zu Hause bleiben. 9. Die Schultheißen in Fulda und Hammelburg sollen dafür sorgen, dass Juden bei Metzgern Fleisch kaufen können oder ihnen gestatten in ihren Häusern selbst zu schlachten. Was sie davon nicht benötigen, können sie weiterverkaufen. Fast ein Jude Fleisch, Fisch, Obst oder andere Speisen bei einem Händler an, muss er diese bezahlen, ohne Widerrede. 10. Juden dürfen soviele Korn (Früchte) kaufen, wie sie für ihren Haushalt benötigen. Kauft einer aber auf Vorrat, darf dieses Korn unter Strafe und Verlust des Korns ohne Wissen der Regierung nicht weiter verkauft werden. 11. Geraten Juden untereinander in Streit, soll die Sache vor ihrem Rabbi entschieden werden. Ist die Obrigkeit allerdings mit involviert, so haben sich die Juden dem Schultheißen oder jeweiligen Befehlshaber zu unterwerfen. 12. Geraten Juden außerhalb des Stifts Fulda, besonders in Würzburg, wo Juden nicht "geleidet" werden, in Auseinandersetzung mit Christen, dürfen sie sich nicht auf einen fuldischen Bürgen berufen, sondern müssen sich dem jeweilgen Recht unterwerfen. 13. Beim Abhalten des Peinlichen Halsgerichts oder sonstigen öffentlichen Versammlungen sollen sich Juden nicht unter die Christen mischen. 14. Kein Jude darf einen fremden Juden länger als 8 oder 14 Tage bei sich beherbergen. Hält sich einer nicht daran, sind die anderen Juden gemäß ihres Eides dazu verpflichten dies anzuzeigen. 15. Stirbt ein Jude, soll er vor der Stadt begraben werden. Keiner darf dieses Grab überfahren, sonst ist eine Strafe von 10 Gulden an die Obrigkeit zu entrichten. 16. Alle nachfolgenden Administratoren oder Äbte des Stifts Fulda dürfen diese Ordnung erweitern, kürzen oder abschaffen. 17. Da nun Unstimmigkeiten aufgekommen sind über die Gültigkeit und Dauer des Schutzbriefes für die Juden in Fulda, hält Maximilian noch einmal fest, dass der Schutzbrief vom Datum seiner Ausstellung an 10 Jahre Gültigkeit hat. Sollten sich innerhalb dieser Zeit Änderungen wie durch diese Ordnung ergeben, dürfen sie allerdings nicht dagegen Beschwerde einlegen und müssen sich an die festgesetzte Ordnung halten und ihre Pflichten erfüllen. Schluss: Alle Untertanen, Christen wie Juden, haben sich an diese Ordnung zu halten und dürfen keine Beschwerde darüber einlegen. Verstößt ein Jude gegen einen der Artikel, soll er die jeweilige Strafe erhalten und sich danach richten.
Rückvermerk Rückvermerk
Copia der Judenordnung so sich anfaset den letzten octobris annos 86 unnd endet sich den letzten octobris annos 96
Unterschriften Unterschriften
Der Aussteller
Siegler Siegler
Der Aussteller
Formalbeschreibung Formalbeschreibung
Abschrift, Papier, Deutsch

Informationen / Notizen


Zusatzinformationen Zusatzinformationen
Die Urkunde liegt im Stadtarchiv Fulda.

Repräsentationen


Es sind keine Repräsentationen vorhanden.