HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 1668

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1586 November 4

Originaldatierung 

Geschehenn zu Hamelburgk Dinstagks den virten Novembris im funfzehenhundert achzigk und sechsten iar

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Es wird bekundet, dass zwischen Wolfgang [von Dalberg], Erzbischof von Mainz und Heinrich [von Bobenhausen], Hochmeister des Deutschen Ordens, kaiserlicher Kommissar des Klosters Fulda, Streitigkeiten über Unterleichtersbach (Niederleuchterspach) bestanden haben. 1584 Juli 28 und 1585 November 24 (verschienenen 28ten Iulii anno etcetera 84 und dan den 24ten Novembris nechstabgelauffennen 85ten ihars altenn calenders) sind zunächst Räte der Streitparteien und anschließend zwei Unterhändler aus dem Adel zusammengekommen, um die Streitigkeiten mit einem Vergleich beizulegen, was bislang jedoch gescheitert ist. Der Erzbischof Wolfgang und Maximilian [III.], Erzherzog von Österreich, [Hoch]Meister des Deutschen Ordens, kaiserlicher Kommissar und Administrator des Klosters Fulda, haben nun beschlossen, die Streitigkeiten endgültig zu beenden. Auf ihre Aufforderung haben die unten genannten Räte am heutigen Tag in Hammelburg diesen Vergleich aufgesetzt und ihren Landesherren übergeben. Der Vergleich soll innerhalb eines Monats von beiden Seiten abgeschrieben und von Erzbischof Wolfgang und Administrator Maximilian ratifiziert werden. 1. Der Erzbischof meint, dass zwar dem Kloster Fulda die Zentgerechtigkeit mit den vier Rügen und den Zentfällen in Unterleichtersbach zusteht und die dortigen Einwohner dem Gericht in [Bad] Brückenau unterstehen, die Zivilgerichtsbarkeit (civil obrigkhait) aber allein dem Erzbistum Mainz zukommt. Das Kloster beansprucht sowohl die niedere als auch die hohe Gerichtsbarkeit. Der Administrator und der Erzbischof haben sich geeinigt, dass, wenn jemand einen Einwohner in Unterleichtersbach oder die Einwohner sich untereinander verklagen wollen, dies vor dem zuständigen Beamten des Erzbischofs in Unterleichtersbach geschehen soll; der Beamte erhält auch die ihm zustehende Bezahlung. Ist die Klage nach sechs Wochen nicht erledigt, übernehmen diese die Beamten in [Bad] Brückenau. Zuvor ist jedoch von den Fuldaer Beamten der Mainzer Vogt zu fragen, ob er bei der Verhandlung der Klagesache anwesend sein will. Wenn er anwesend ist, soll er die Fuldaer Beamten bei der Rechtsprechung nicht behindern. 2. Wenn zwischen denen von Unterleichtersbach und auswärtigen Personen über liegende oder fahrende Habe gestritten wird, sollen zunächst Mainzer Beamte in Unterleichtersbach den Streit entscheiden. Wenn die streitenden Parteien weiterhin klagen wollen, sind sie an das Gericht in [Bad] Brückenau zu verweisen. Die Fuldaer Beamten sollen in Anwesenheit des Mainzer Vogts von Unterleichtersbach den Streit endgültig entscheiden; die Klagenden können an kein anderes Gericht appellieren. 3. Die Vormünder werden von den Mainzer Beamten bestellt. Die Fuldaer Beamten verpflichten die Vormünder in Anwesenheit des Mainzer Dieners. Es steht den Mainzer Beamten frei, von den Vormündern ebenfalls ein Handgelöbnis abzunehmen. Die Vormünder haben vor den Fuldaer Beamten in Anwesenheit des Mainzer Dieners Rechnung abzulegen. 4. Hinsichtlich der vier Personen (der vierer halb), die in Unterleichtersbach auch als [Grenz-]Steinsetzer fungieren, ist folgender Vergleich geschlossen worden: Die Ernennung eines oder mehrerer neuer Steinsetzer steht den Mainzer Beamten zu. Sie haben die Steinsetzer den Fuldaer Beamten bekannt zu geben. Die Fuldaer Beamten vereidigen (mit pflicht beladen) die Steinsetzer. Die Mainzer Beamten nehmen ihnen hinsichtlich der Besichtigung von Flurschäden, Schätzung fahrender und liegender Habe und anderer geringwertiger (geringschezige) Angelegenheiten die Gelübde ab. 5. Wenn sich jemand einem Entscheid dieser Vier widersetzt oder von Mainzer Beamten erlassenen Urteilen nicht Folge leistet, wird er von Mainzer Beamten mit einer Strafe bis zu fünf Gulden belegt. Wenn die Mainzer Beamten zur Durchsetzung der Strafe Gefängnis anordnen und der Geldstrafe wegen die Ehefrau und Kinder [des Straftäters] haftbar machen, sollen sie dem Amtmann in Brückenau übergeben werden. Der Amtmann hat sie nach Maßgabe der Mainzer Beamten und je nach Art des Verbrechens für einen oder mehrere, höchstens jedoch 14 Tage, ins Gefängnis zu sperren. Zur Entlassung der Gefangenen hat der Straftäter Mainz und Fulda Urfehde zu leisten, die dem Amtmann in Brückenau bekannt gemacht werden soll. 6. Obwohl die von Unterleichtersbach das Recht haben, in Fuldaer Wäldern Vieh zu weiden und Holz zu sammeln, sind sie daran gehindert worden. Es wird entschieden, dass die Gemeinde diese Rechte weiterhin ausüben darf; wenn kein Leseholz mehr vorhanden ist, dürfen sie Brennholz wie andere Fuldaer Untertanen erwerben. Das Mastgeld bzw. Dehemgeld haben die Mainzer Untertanen in derselben Höhe zu entrichten wie die Fuldaer Untertanen. 7. Hinsichtlich des [Waldes] Schmittrain ist beschlossen worden, dass die Fuldaer Beamten diesen künftig so bewirtschaften dürfen wie den Wald am Geiersberg. Bei der Aufforstung und Anlegung von Schonungen soll beachtet werden, dass der Viehtrieb der Gemeinde Unterleichtersbach nicht eingeschränkt wird. Die Forderung der Gemeinde, im Schmittrain kostenlos Holz schlagen zu dürfen, ist abgewiesen worden; wenn dort Holz geschlagen wird, darf die Gemeinde es kaufen. 8. Der [Erzbischof von] Mainz beansprucht die Jagdrechte in den Wäldern von Unterleichtersbach und in den Gemarkungen anderer Orte des Amts Brückenau. Das Kloster Fulda will die Jagd in Unterleichtersbach aber nicht gestatten. Man hat sich geeinigt, dass dem Mainzer Amtmann in Hausen [?] (zu Haußen) und den Mainzer Räten, wenn sie in Unterleichtersbach sind, die Jagd in den Gemarkungen von Unterleichtersbach und Modlos, dem Vogt von Unterleichtersbach die Jagd in der dortigen Gemarkung gestattet wird. Hinsichtlich der Jagdrechte in Oberleichtersbach haben die Fuldaer Räte aber keine Zugeständnisse machen wollen. Der Erzbischof besteht auf den Jagdrechten in Oberleichtersbach und Dreistelz; auf die Jagdrechte an allen anderen Orten [des Amts Brückenau] will er hingegen verzichten. Die Rechte sollen nun bei der endgültigen Ratifizierung und schriftlichen Aufsetzung des Vergleichs durch Erzbischof Wolfgang und Administrator Maximilian geklärt werden. 9. Die Frondienste der Untertanen aus Unterleichtersbach stehen dem Kloster zu. Die Frondienste sollen nicht erhöht werden. 10. Hinsichtlich der Weiderechte in der Berleite und auf dem Lindenfeld hat sich die Gemeinde Modlos beschwert, dass der Schäfer aus Unterleichtersbach ihnen den Zugang zu den Äckern auf dem Lindenfeld wegen seiner dortigen Weiderechte verweigert. Es wird entschieden, dass der Schäfer das Lindenfeld drei Wochen nach Michaelis [September 29] nutzt, die Weiderechte in der Berleite hingegen [allein] innehat. 11. Die Gemeinde Oberleichtersbach darf im Ersbach auf ihrer Gemarkung uneingeschränkt fischen und Flachsreusen aufstellen. Auf der Gemarkung von Unterleichtersbach darf sie bis zur Aspenmühle hingegen nicht fischen. 12. Wegen des umstrittenen Zehnten auf der Hube (auf der Huebe) ist beschlossen worden, dass vor Aufsetzung des endgültigen Vergleichs Beamte beider Streitparteien mit dem Propst von Thulba oder dessen Dienern das Gelände zur Festlegung des zukünftigen Grenzverlaufs besichtigen sollen. Siegelankündigung und Ankündigung der Unterfertigung der Räte. Handlungsort: Hammelburg. (siehe Abbildungen: Seite 1, Seite 2 und 3, Seite 4 und 5, Seite 6 und 7, Seite 8, Rückseite; Siegel: Papiersiegel 1, Papiersiegel 2, Papiersiegel 3, Papiersiegel 4, Papiersiegel 5, Papiersiegel 6)

Unterschriften 

(Gernan von Schwalbach furstlicher oberampt[mann] des ampts [?] Konigstain subscripsi / Carll von Derngenberg subscripsi / Iohan Brendel von Hombergk amtman zu Hausenn / Leonhardt Kirchheimer d[erselbe?] / Iohann Theyn d[er?] s[elbe?] / M[agister] Iohan Volpracht subscripsit)

Siegler 

Gernand von Schwalbach, Karl von Dörnberg, Johann Brendel von Homburg, Leonhard Kirchheimer, Johann Thein, Magister Johann Volprecht

Formalbeschreibung 

Ausfertigung, Papier, sechs aufgedrückte Papiersiegel

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Datierung nach dem neuen Stil.

Die in eckigen Klammern eingeschobene Zählung der Streitpunkte ist in der Urkunde nicht enthalten.

Der Vergleich ist, leicht überarbeitet, im Februar 1587 angenommen worden, vgl. Nr. 1669 und 1670.

Die vier Rügen bezeichnen die vier schweren Kapitalverbrechen Mord, Raub, Brandstiftung und Notzucht.

Mit den Vier ist wohl das Vierergericht gemeint.

Das (dehemgeld) bezeichnet eine Abgabe, die für die Waldmast [z. B. von Schweinen] fällig wurde, vgl. DRW II, Sp. 749-750.

Repräsentationen

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