HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 1707

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1604 März 20

Originaldatierung 

... der geben Montags den zwantzigsten tag Martii nach Christi unßers Erlößers geburt ein taußent sechshundert und im viertten jahr

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Es wird bekundet, dass es zwischen dem Abt von Fulda, dem Konvent von Fulda und der Ritterschaft des Klosters zu einem Vergleich gekommen ist. Er ist aufgrund zahlreicher Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die auch zu gefährlichen Erregungen führten und die bisher nicht beseitigt werden konnten, notwendig geworden. Nach Mitteilung des Klosters sind durch die Ritterschaft Ereignisse hervorgerufen worden, die zur Zerrüttung des Verhältnisses und zur Hintergehung des Klosters geführt haben. Zudem sind Gerichtsverhandlungen durch das Hinhalten (lauffen) der Ritterschaft verzögert worden. Obwohl Dekan und Konvent von Fulda der Ritterschaft Aufschub in der Lösung dieser Dinge gewährt haben, sind diese strittigen Fragen immer weiter verzögert und trotz ständiger Gelegenheit keiner Lösung zugeführt, sondern dauerhaft weiterbetrieben worden. Durch den folgenden Vergleich sollen diese strittigen Punkte beseitigt und das alte Vertrauen wieder hergestellt werden. Zu diesem Zweck ist ein gemeinsamer Rat einberufen worden, der aus Angehörigen des Klosters und der Ritterschaft besteht. Die Beschlüsse sollen für beide Seiten, besonders aber die Ritterschaft und ihre Erben verbindlich sein: 1. Sobald in Zukunft vom Konvent ein neuer Abt gewählt wird, ist die Ritterschaft verpflichtet, ihm seine Ehrerbietung zu erweisen und Schaden von ihm und dem Kloster zu wenden. Sie sollen dem Abt und auch dem Dekan und Konvent von Fulda, wie es zwischen dem Kloster und seinen Bediensteten Brauch ist, als Zeichen der Lehnspflicht die Treue schwören und den Handgang vollziehen. 2. Ein weiterer Streitpunkt ergibt sich aus der Weigerung der Ritterschaft, nach Aufforderung in persönlichen oder sachbezogenen Streitfragen (tam in personalibus actionibus quam in realibus) vor einem öffentlichen Gericht bzw. den Marschällen, Kanzlern und Räten zu erscheinen. Es wird festgelegt, dass die Mitglieder der Ritterschaft künftig persönlich vor dem Gericht erscheinen und bei ihrem Nichterscheinen eine ausreichende Entschuldigung angeben müssen. 3. Der Ritterschaft wird vom kaiserlichen Kammergericht in ihrer Funktion als Schutzherr und Vormund (tutelen und curatelen) bestätigt. Vor den Vormündern haben die Angehörigen der Ritterschaft im Auftrag der fuldischen Kanzlei ihren Treueid zu schwören, dem sie sich nicht entziehen dürfen. Der gegenüber den Vormündern abzuleistende Treueid lautet wie folgt: Ihr sollt auf Gott und seine Heiligen einen Eid schwören und nach eurem besten Vermögen und Verständnis Treue halten, wie ihr es auch gegenüber euren Ehefrauen versprochen habt, alle Sachen vor und außerhalb des Gerichts getreulich vertreten, alles bewahren, was aus der Erbschaft von Vater und Mutter von Vernunft herrührt, und getreulich alles andere, wie es auch beschrieben ist, einhalten. 4. Es wird ferner verlangt, dass die Angehörigen der Ritterschaft jährlich ihren Vormündern Rechenschaft ablegen. Die Beendigung der Vormundschaft und die Überantwortung der Pflegbefohlenen unter die Herrschaft von Fulda soll mir Rat und Wissen von Abt und Konvent geschehen. Zusammen mit den pflegbefohlenen Meistern sollen sie alles tun, was den Waisen und Witwen nützt und nichts unterlassen. 5. Falls sie, worüber es schon zuvor zu Auseinandersetzungen gekommen ist, anders besteuert werden wollen, soll ihnen ungefähr die Reichssteuer erstattet werden. Andere Steuern, die ihnen von Angehörigen ihrer Gerichtsbarkeit oder ihrer Vogteien mit Ausnahme von Dekan und Kapitel zustehen, sollen sie gütlich einnehmen. Jedoch zieht das Kloster diese Steuern nach Gewohnheitsrecht für die Ritterschaft ein. Sollte die Ritterschaft dies selbst tun, wird dies als Entwürdigung von Dekan und Konvent betrachtet. Die Ritterschaft darf zudem keine Steuerüberschüsse für sich zurückbehalten, sondern muss diese, wie es auch bei der Reichssteuer üblich ist, weiterleiten. Weiter wird festgehalten, dass die Ritterschaft ihre Steuern bisher nicht an den für das Einziehen der Reichssteuer zuständigen Obersteuereinnehmer gezahlt hat, sondern in die gemeinsame Steuertruhe (thruen) getan hat; dies wird beibehalten. Beide Seiten versprechen, sich künftig an das bisher Besprochene zu halten. 6. Die Ritterschaft erklärt, dass sie sich verbindlich an die Abmachungen halten wird, nur das nehmen wird, was ihr zusteht und darüber hinaus Dekan und Konvent sowie dem jeweiligen Abt treu zu Diensten zu sein und dem Wohl des Klosters zu dienen. Dazu sollen sie auf die ihnen zustehenden Freiheiten und Privilegien Eide leisten (praestiren). 7. Dekan und Konvent bringen vor, dass die Ritterschaft, begründet durch Vorrechte ihrer Vorfahren, bestimmte Vorrechte hinsichtlich der Pfarreien in ihrem Gebiet ausüben. Dies betrifft besonders den Religionsfrieden und die Religionsfreiheit der Untertanen der Adligen, die in den Ämtern des Klosters leben, sowie die Bestellung der Pfarrer. Dieses Vorrecht stammt nicht allein vom Abt her, sondern auch von anderen Beschlüssen für den reichsfreien Adel. Seit der Aufrichtung des Religionsfriedens wurde dies zudem von den kaiserlichen Kommissaren und ihrer Administration ungestört so gehandhabt. Das Kloster verspricht, der Ritterschaft diese alten Rechte nicht zu beschneiden. Keiner ihrer Angehörigen muss sich daher um Eingriffe in seinen bestehenden Besitz (possession vel quasi de facto) sorgen; auch sollen darüber keine unnötigen Streitigkeiten begonnen werden. Im Gegenzug verpflichtet sich die Ritterschaft wiederum zur Treue gegen den Abt und seine Nachkommen. Das gilt vor allem nach jeder Abtswahl sowie allen Beschlüssen, die Dekan und Konvent in freier Übereinkunft hinsichtlich des Abtes treffen. Der neue Abt ist demnach von der gesamten Ritterschaft anzuerkennen, unabhängig von den Beschlüssen über den Religionsfrieden und die Bestellung der Pfarrer; sie sind gehalten, sich von ihm ihre Privilegien und Besitzrechte bestätigen zu lassen. In Religionsfragen sollen sie sich bescheiden geben und nicht Beschlüssen des Abtes und des Klosters vorgreifen. Nur in äußeren Zwangslagen, etwa verursacht durch den Religionswechsel eines Herrschers, dürfen sie selbst in Religionsfragen und hinsichtlich des Religionsfriedens Entscheidungen herbeiführen; sie dürfen dieses Recht jedoch keinesfalls missbrauchen. 8. Daneben hat sich die Ritterschaft beschwert, dass vom Kloster Fulda vorzugsweise ausländische Personen in Dienst genommen, ihre Angehörigen jedoch nicht berücksichtigt und somit benachteiligt werden. Dieser Umstand hat zu verschiedenen Urfehden Anlass gegeben. Das Kloster verurteilt diese Urfehden. Die Fehdeführung der Ritterschaft ist nutzlos, weil es den betreffenden Adligen an der Qualifikation für solche Ämter mangelt, so dass man andere Personen bevorzugen muss, was die Ritterschaft gegenüber Dekan und Konvent anerkennen soll. Darüber gibt es im Übrigen Beschlüsse von Herrschern, gegen die die Ritterschaft somit verstoßen hat. Fortan muss sich jeder Angehörige der Ritterschaft, der für ein Amt ausreichend qualifiziert ist und in Dienst genommen wird, auf diesen Beschluss verpflichten. Sollte dies unterbleiben, werden Dekan und Konvent künftig keinen Lehnseid der Ritterschaft mehr anerkennen; schwebende Lehnsverfahren sollen gesperrt werden. Dieser Vorbehalt gilt solange, bis dieser Vergleich vom regierenden Abt anerkannt wird und die entstandenen Schäden und Kosten von der Ritterschaft beglichen worden sind. Das schließt auch die Beachtung der Pflichten durch das Kloster ein. Die Ritterschaft wird ausdrücklich ermahnt, nur dem Kloster die Treue zu geloben, nicht jedoch einem anderen regierenden Herren. Sollte dieser Vergleich fruchtlos bleiben, soll der Streit vor das Reichskammergericht gebracht und dort mit Hilfe eines Kurfürsten oder Fürsten ein Vergleich geschlossen werden. Die Ritterschaft wird daher ermahnt, diesem Beschluss Folge zu leisten und ihm zu gehorchen (pariren); ansonsten verliert die Ritterschaft den Schutz des Klosters. Das Einlegen von Rechtsmitteln und Dispensen wird unter Erwähnung zahlreicher geistlicher und weltlicher Rechtssätze ausgeschlossen. Das Kloster behält sich vor, zusammen mit dem regierenden Abt gegen unbotmäßige Angehörige der Ritterschaft vorzugehen. Dekan und Konvent von Fulda und die Vertreter der Ritterschaft, Georg Friedrich von der Tann, Konrad von der Tann, Friedrich Giso (Geuß) von Mansbach (Manspach) und Georg Christoph (Christoffel) von Buchenau, bestätigen diese Vereinbarung. Die Burgfrieden der Ritterschaft bleiben von dieser Vereinbarung unberührt. Siegelankündigung. (siehe Abbildungen: Vorderseite, Rückseite)

Siegler 

[Konvent von Fulda, Georg Friedrich von der der Tann, Konrad von der Tann, Friedrich Giso von Mansbach, Georg Christoph von Buchenau]

Formalbeschreibung 

Ausfertigung, Pergament, fünf mit Pergamentstreifen angehängte Siegel (fehlen)

Weitere Überlieferung 

StaM, 100: Urkundenabschriften, 17: Fulda 8, Nr. 214 [1604 März 19]

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Datumszeile z. T. unter der Plica.

Auf der Rückseite der Urkunde zahlreiche Federproben.

Der 20. März 1620 war kein Montag, sondern ein Dienstag.

Urkunde aufgrund von Wasserschäden teilweise schlecht lesbar.

Repräsentationen

Aktion Typ Bezeichnung Zugang Info
Detailseite Nutzungsdigitalisat JPG Digitalisat vorhanden
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