HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 1459

  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1521 April 26

Originaldatierung 

Geschehen unnd geben in unnser unnd des heyligen reichs stat Worms am sechsundtzwainzigisten tag des monets Aprillis nach Cristi geburt funffzehenhundert unnd im ainundzwainzigisten unnser reiche des romischen im anndern unnd der anndern aller im sechsten iaren

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Karl V., erwählter römischer Kaiser, bekundet, dass wegen eines Streits Hartmann [Burggraf von Kirchberg], Reichsfürst, Abt von Fulda und Erzkanzler der Kaiserin, einerseits, und Dekan, Konvent, Ritterschaft, Städte, Stände und Landschaft des Klosters Fulda andererseits, auf seine Forderung (furfordern) vor dem kaiserlichen Gericht erschienen sind, verhört und miteinander vertragen worden sind und zugesagt haben, sich zukünftig an das folgende Urteil zu halten. Es wird erstens festgesetzt, dass die Streitparteien ihren Streit beilegen sollen und keine Seite Nachbesserungen fordern oder Rache nehmen soll. Abt Hartmann, der Dekan und der Konvent von Fulda sollen Johann, Graf von Henneberg und Domherr von Mainz, als regierenden Koadjutor annehmen, sobald dieser innerhalb des nächsten Jahres von päpstlicher Seite auf seine eigenen Kosten bestätigt worden ist. Abt Hartmann soll dem Koadjutor hinsichtlich aller Stände und Untertanen des Klosters Fulda Befehl- und Geheißbriefe ausstellen, woraufhin diese dem Koadjutor die Huldigung leisten sollen. Daraufhin soll Koadjutor Johann die Huldigung von den Untertanen des Klosters Fulda entgegennehmen. Dekan, Konvent und Stände des Klosters Fulda sollen Abt Hartmann über ihre Huldigung einen Reversbrief ausstellen, in welchem sie bekennen, dass sie ihre Huldigung gegenüber Koadjutor Johann auf Befehl von Abt, Dekan und Konvent geleistet haben. Der neue Koadjutor soll daraufhin alle reformierten und nicht reformierten fuldischen Klöster in Ordnung halten und jährlich visitieren lassen. Der Koadjutor und das Kloster Fulda sollen die Propstei Holzkirchen einnehmen, nachdem Abt Hartmann alle seine Ansprüche auf die Propstei abgetreten hat. Sollten sich im Kloster Fulda an Dekan, Konvent oder anderer Geistlichkeit Auswüchse (exces) feststellen lassen, soll der Koadjutor nach Ermächtigung durch den Abt darin uneingeschränkt handeln (zuhanndeln zustraffen unnd zupessern), damit die geistliche Zucht bestehen bleibt. In der Angelegenheit ausstehender Forderungen des Abtes gegenüber den Bürgermeistern und dem Rat von Hammelburg soll künftig der Koadjutor bevollmächtigt sein, die ausstehenden Zinsen und Gefälle von seinen Untertanen einzufordern. In Fragen weltlicher Lehen soll künftig der Koadjutor im Namen des Abtes handeln; die Stiftsangehörigen sollen dem Koadjutor gehorsam sein. In Fragen geistlicher Lehen soll für den kommenden Monat Juni (zukhunfftigen monets Iuny ordinariorum genant) Abt Hartmann das Belehnungs- und Präsentationsrecht behalten, im darauf folgenden Monat soll der Koadjutor entsprechende geistliche Lehensnehmer nominieren (nominirenn unnd anzeigen die zupresenntiern), die daraufhin vom Abt zuzulassen sind. Danach sollen sich, zu Lebzeiten des Abtes, Abt und Koadjutor monatsweise mit dem Recht der Belehnung und Präsentation abwechseln. Hierbei soll dem Abt weiterhin die Präsentation, einschließlich der Zustimmung zur Möglichkeit des Tauschs (consensus permutandi), und was des Weiteren an den geistlichen Lehen hängt, vorbehalten bleiben. Dabei sollen von jeder Präsentation nicht mehr als drei Gulden an die Kanzlei des Abtes gezahlt werden. Sobald eine fuldische Propstei dem Kloster Fulda heim fällt, soll der Koadjutor dem Abt einen Kandidaten nennen, den der Abt mit der Propstei versehen und präsentieren soll; davon sollen für Briefe der Kanzlei des Abtes nicht mehr als fünf rheinische Gulden genommen werden. Bei anderen geistlichen Ämtern des Klosters Fulda soll entsprechend verfahren werden, ohne dass dabei Beträge in die Kanzlei des Abtes fließen. Dafür, dass Abt Hartmann alle diese Rechte sowie die Propstei Holzkirchen dem Koadjutor übergeben hat, sollen ihm, nach päpstlicher Zustimmung (reservacion) und auf Lebenszeit, von Koadjutor Johann und dessen Nachkommen jährlich 600 Gulden Frankfurter Währung, halb in Gold und halb in Münze, bezahlt, und innerhalb eines Jahres die auf ihre Kosten erbetene päpstliche Bulle übergeben werden. Die Summe von 600 Gulden soll Abt Hartmann in seinem Haus in Mainz (Menz), zur Hälfte am Tag nach Mariä Geburt [1521 September 9], zur Hälfte am Montag nach Laetare [1522 März 31], bezahlt werden. Da diese Pension über 600 Gulden auf einer gesonderten Verschreibung mit Bürgen beruht, wird geregelt, dass für den Fall, dass diese Bürgen ihrer Zahlung der 600 Gulden nicht rechtzeitig nachkommen, die päpstliche Urkunde (reservat) nicht innerhalb eines Jahres in Fulda eintrifft oder einer oder mehrere Bürgen zwischenzeitlich versterben sollten, der Koadjutor dazu verpflichtet sein soll, innerhalb eines Monats vier Grafen aus Franken und dem Rheinland (lannden Frannckhen unnd des Reinstraims) vorzustellen, aus denen der Abt einen oder mehrere auswählen soll, welche dann durch den Koadjutor innerhalb von sechs Wochen dazu bewogen werden sollen, sich als neue selbstschuldnerische Bürgen zu verpflichten und dem Abt in sein Haus in Mainz eine entsprechende Verschreibung darüber schicken sollen. Im Fall der Nichtbezahlung darf Abt Hartmann außerdem in Regress (freyen regres) gehen sowie Dekan, Konvent, Ritterschaft und Landschaft von Fulda und die Bürger von Hammelburg rechtlich verfolgen sowie die Bürgen notfalls festhalten lassen. In diesem Fall sollen die Untertanen nicht mehr dem Koadjutor, sondern wieder dem Abt verpflichtet sein. Des Weiterem wird bekundet, dass dem Abt zur Auslösung seines Silbergeschirrs und zur Begleichung seiner anderen Schulden innerhalb der nächsten zwei Monate 1900 Goldgulden Frankfurter Währung in seinem Hof in Mainz von Koadjutor, Dekan und Konvent von Fulda bezahlt werden sollen. Nach Bezahlung dieser 1900 Gulden soll Hartmann von seinen Forderungen, die unter anderem die Bürger von Hammelburg und den (Hoecken) [?] betreffen, Abstand nehmen. Als Abschlag der 1900 Gulden sollen Koadjutor, Dekan und Konvent von Fulda dem Abt Silbergeschirr von Balthasar (Bulzar) Schrautenbach durch Einlösung einer Verschreibung im Wert von 276 Gulden geben und ihm mitteilen, dass dieses Silbergeschirr an Mariä Geburt [September 8] in die Herberge (Heynerhof) [Hainer Hof?] nach Frankfurt gebracht wird. Der Abt soll davon seinen Anteil nehmen und das Übrige an den Koadjutor oder dessen Anwalt übergeben. Weiterhin wird bekundet, dass für alles, was der Ehefrau des Georg (Jorig) Geyse, dem Juden Liebmann und Berthold Grossmann (Tolde Groszman) in dem oben genannten Streit entfremdet (genomen) wurde, Koadjutor, Dekan und Konvent von Fulda bei der Wiederbeschaffung behilflich sein sollen, wobei auf die Eintracht mit dem Abt zu achten ist. Die Schulden, die bei Rudolf von Waiblingen (Bayblingen) ausstehen, sollen diesem von Koadjutor Johann bezahlt werden, und ihm gegenüber die Verschreibung des Abtes Hartmann weiterhin eingehalten werden. Von den das Lehen Sixti [?] in Fulda betreffenden Urkunden, die Jakob Rumpler (Rumpeler), Vikar in Mainz, bei Abt Hartmann hinterlegt hat, sollen dem Jakob Rumpler beglaubigte Abschriften besorgt werden. Die Verschreibung über ein Haus, das Hartmann von Kirchberg einst von seinem Vorgänger Johann [I.] von Henneberg, Abt von Fulda, sowie von Dekan und Konvent von Fulda gekauft hat, soll bestehen und im Besitz von Koadjutor, Dekan und Konvent bleiben. Sollte noch jemand gegenüber dem Kloster Fulda Ansprüche oder Forderungen haben, die aus der Regierungszeit Abt Hartmanns herrühren, sollen diese auf Kosten von Koadjutor, Dekan und Konvent von Fulda lauten, wobei diesen Abt Hartmann auskunftspflichtig ist. Sollte Koadjutor Johann vor Abt Hartmann versterben, sollen der Abt, der Dekan und der Konvent innerhalb von zwei Monaten einen geeigneten neuen Koadjutor wählen (erwelen oder postoliern), welcher innerhalb von zwei Monaten den vorliegenden Vertrag annehmen und nicht eher zur Regierung des Klosters Fulda zugelassen werden soll, ehe er sich nicht zur Einhaltung dieses Vertrages verpflichtet hat. Sollte zu Lebzeiten Abt Hartmanns dem Abt und dem Kloster Fulda etwas von kaiserlicher Seite durch Reichstage auferlegt werden, soll der Abt schadlos gehalten und entsprechenden Ansprüchen durch den Koadjutor Johann nachgekommen werden. Es wird bekundet, dass Abt Hartmann, Dekan Philipp Schenck [zu Schweinsberg] und der Konvent von Fulda Wilhelm [III. von Hohnstein], Bischof von Straßburg, einen Eid auf das heilige Evangelium geschworen haben, und auch die Ritterschaft, Städte, Stände und Landschaft durch einen bevollmächtigten Anwalt am nächsten Donnerstag nach dem Festtag des heiligen Veit (auf phinztag nach sannd Veytstag) [1521 Juni 20] einen solchen Eid leisten sollen. Koadjutor Johann soll, sobald er wieder in sein Land heimkehrt, dem Dekan des Domstifts Mainz (unnserm lieben andechtigen NN dechannt des thumbstiffts zu Mennz) einen Eid auf das heilige Evangelium leisten; die Ritterschaft, Städte, Stände und Landschaft sollen aber zu Gott und den Heiligen schwören, diesen Vertrag ohne jede Möglichkeit der Dispensation oder Absolution einzuhalten. Es wird bekundet, dass Wilhelm [IV.] von Henneberg, Vater des Koadjutors Johann, an Eides statt gelobt hat, dass sein Sohn, sobald er in die hennebergischen Gebiete heimkehrt, seinen Eid gegenüber dem Dekan des Domstifts Mainz auf das heilige Evangelium leisten, diesen Vertrag annehmen und befolgen und darüber eine Urkunde ausstellen wird. Die Urkunde ist zweifach ausgefertigt worden; ein Exemplar ist dem Abt, das andere Koadjutor, Dekan und Konvent von Fulda übergeben worden. Ausstellungsort: Worms. Siegelankündigung. Inserierte Urkunde von 1521 Mai 13 [vgl. Nr. 1460]: Hartmann [Burggraf von Kirchberg], Abt von Fulda, Dekan Philipp Schenck [zu Schweinsberg] und der Konvent von Fulda bekunden den ihnen verpflichteten Untertanen, dass Abt Hartmann wegen seines zunehmenden Alters und aus göttlicher Vorsehung Johann [II.] von Henneberg, Domherr in Mainz, Köln, Straßburg und Bamberg, als regierenden Koadjutor für die Zeit seiner eigenen Regierungszeit, und, nach seiner Abtretung oder seinem Tod sowie nach der Bestätigung Johanns durch den päpstlichen Stuhl in Rom, als künftigen Abt von Fulda angenommen hat. Hartmann weist seine Untertanen an, ihre Eide und Gelübde Johann von Henneberg zu leisten und diesem treu zu sein, sobald Hartmann die Abtei an Johann abgetreten und die Untertanen schriftlich dazu aufgefordert hat oder selbst verstorben ist. Die Untertanen sollen allen Anweisungen des Koadjutors Folge leisten. Abt Hartmann bedingt sich zwischenzeitlich (hiezwischen unnd mitlerzeit) von den Untertanen aus, dass sie, so sie ihm verpflichtet sind, ihre Dienste nur ihm und dem Koadjutor auch weiterhin leisten sollen. Siegelankündigung des Abtes Hartmann und des Konvents von Fulda. (Geben am Montag nach dem Sonntag Exaudi nach Cristi geburt funffzehenhundert unnd im ainundtzwainzigisten iare). (siehe Abbildungen: Seite 1, Seite 2 und 3, Seite 4 und 5, Seite 6 und 7, Seite 8 und 9, Seite 10 und 11, Rückseite)

Formalbeschreibung 

Ausfertigung, Pergament, mit Seidenschnur angehängtes Siegel (fehlt)

Weitere Überlieferung 

StaM, Kopiare Fulda: K 440, S. 77-109

Druckangaben 

Schannat, Historia Fuldensis, Nr. CCLIV

Literatur 

RTA 2, S. 885

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Kanzleivermerk: (Ad mandatum domini imperatoris proprium Albertus cardinalis Moguntinus archicancellarius subscripsit).

Vor seiner Kaiserkrönung 1530 Februar 24 in Bologna nannte sich Karl V. 'erwählter römischer Kaiser'.

Auffällig ist, dass die inserierte Urkunde von Abt, Dekan und Kapitel [Nr. 1460] erst nach dem Datum vorliegender Urkunde [1521 April 26] ausgestellt worden zu sein scheint. Denkbar wäre, dass auch die vorliegende Urkunde erst nach Mai 13 ausgestellt, aber rückdatiert wurde.

Vgl. zu Rudolf von Waiblingen Demandt, Personenstaat, S. 906 ff., Nr. 3189.

Repräsentationen

Aktion Typ Bezeichnung Zugang Info
Detailseite Nutzungsdigitalisat JPG Digitalisat vorhanden
Detailseite Original Original