HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 1638

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1572 Juli 1

Originaldatierung 

... im jar als man zalt nach der heylsamen geburt Jesu Christi unnsers lieben Herrns und Seligmachers funfzehenhundert siebenzigk und zwey in der funfzehenden rhömer zinszahl indiction zu latin genant ingezeitten herrschung unnd regierung des aller durchlauchtesten großmachtigsten unuberwindtlichsten fursten unnd herrns herrn Maximiliani des andern dis namans gewölten rhömischen kaysers zu allen zeitten mehrers des reichs ... seiner mayestät reiche des römischen im zehenden des hungarischen im neundten unnd des behemischen im vierundzwannzigsten jare Dinstags post Petri et Pauli zum ersten Julii zwischen zehen unnd elf uhr vormittags zu Freyensteynau under der linden in gebrauchlich und geburlicher gerichts mahelstatt gesessen sindt ...

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Magister Johann Boch von Gelnhausen im Mainzer Erzbistum, öffentlicher Notar und Schreiber kraft kaiserlicher Autorität, bekräftigt, dass die Riedesel von Eisenbach, Erbmarschälle von Hessen, vor dem Gericht in Freiensteinau gegen die fürstlichen fuldischen Gesandten eine Klage und eine Untersuchung angestrengt haben. Johann Boch ist bei dieser Auseinandersetzung persönlich anwesend, sieht und hört alles und fertigt darüber eigenhändig das vorliegende Notariatsinstrument aus und beglaubigt es mit seinem Notariatssignet. Die Gerichtsverhandlung findet statt vor Johann Riedesel, dem Schultheiß von Freiensteinau, den Gerichtsschreibern Johann (Hans) Hur und Heinrich (Heinz) Sulner sowie den geschworenen Gerichtsschöffen Johann (Hans) dem Erbarn, Heinrich (Heinz) Rörig, Konrad (Kunz) Pfau, Seyffel Claß, Johann (Hans) Boln, Hun Brutingen, Nikolaus (Klaus) Gerber, Johann (Hans) Heminger, Johann (Hans) Alten, Heinrich (Heinz) Höflinger, Heinrich (Heinz) Muchen, Johann (Hans) Weingarter, Hun Firnkeß, Nikolaus (Klaus) Schöffern und Hun Junckern. Vor Johann Boch sind Zeugen und Vertreter beider Streitparteien erschienen, zum einen für Balthasar [von Dernbach], bestätigten Abt von Fulda, dessen Hofgerichtsadvokat, Prokurator und Kanzleisekretär Christoph (Christoffel) Schwaynerzens, Doktor beider Rechte, zum anderen Johann und Volpert (Volpart) von Riedesel, Erbmarschälle von Hessen. Johann Boch protokolliert im Folgenden die Befragung der Zeugen vor dem Richter. Die Schöffen geben zunächst ihre Einwilligung für die Abhaltung der Gerichtsverhandlung an einem Sonntag (in der kirchen tage zeit). Der Richter weist die Schöffen danach auf ihre Eides- und Wahrheitspflichten vor Gericht hin und die Unabhängigkeit ihrer Entscheidung, auch dann, wenn sie gegenüber den Riedeseln eidlich gebunden sind. Die Auseinandersetzung, über die der Amtmann der Riedesel in Eisenbach, Jos Kipfer, berichtet, wurde bereits durch frühere Vertreter der Familie, nämlich Wolf Hermann, Georg (Grougen) und Konrad Riedesel angestrengt. Die Familie beruft sich darauf, dass sie von alters her ein Lehen besitzt, das ihnen ursprünglich durch Pfalzgraf Friedrich bei Rhein übertragen wurde und über dessen Besitzungen und Rechte die Schöffen nun ein Weistum aufrichten. Es folgt eine Auflistung von Flurnamen, die das Lehen eingrenzen. Die Riedesel weisen darauf hin, dass es bereits früher zu gerichtlichen Auseinandersetzungen in dieser Sache vor dem Landgericht kam, die mehrmals gerügt wurden und fordern für künftige Eingriffe in das Lehen die Verdopplung der Strafe. Zu den besonders schützenswerten Rechten des Lehns gehören auch ein Wildbann und eine gefasste Wasserquelle (gehegt wasser), die den Riedeseln von alters her gehören. Die Riedesel beschweren sich außerdem, dass der Abt bei einer Gerichtsverhandlung, die immer montags nach dem Katharinentag [November 25] stattfindet, in einer Weise die Glocken läuten ließ, wie es nur ihnen zusteht. Sie wenden sich darüber hinaus gegen eine gerichtliche Entscheidung des Abtsgerichts von [1572] Juni 16, von der sie sich in allen Punkten benachteiligt sehen. Der fuldische Gesandte bestimmt daraufhin Johann Boch zum Notar, bittet ihn, seinen Protest zu unterstützen, seine Aussagen vor Gericht zu protokollieren und diese in authentischer Form (in authentica forma) an Abt Balthasar von Fulda weiterzuleiten. Der Notar kommt dieser Bitte pflichtgemäß nach. Der Vertreter des Abtes bekundet, dass er von diesem in seiner Eigenschaft als Landesherr zur Gerichtsverhandlung in Freiensteinau abgeordnet wurde, dort dessen Interessen vertritt und ihm berichten muss. Der Vertreter des Abtes zweifelt die Unabhängigkeit des Gerichts an und befürchtet, dass er nicht rechtmäßig angehört werde, weil die Verhandlung innerhalb der Gerichtsvogtei der Riedesel stattfindet. Er bekundet weiter, dass das umstrittene Lehen schon immer im Besitz des Abtes war; auch die Gerichtsschöffen unterstehen in Wahrheit der Jurisdiktionsgewalt des Abtsgerichts. Der umstrittene Grenzverlauf und besonders der Zugriff auf Wiesen und Weiden wurde darüber hinaus schon früher gerichtlich geklärt und die Eingriffe der Riedesel in die Vorrechte des Abtes verurteilt. Der Vertreter des Abtes betont noch einmal die ursprünglich vor dem Abtsgericht in Fulda zustande gekommenen Beschlüsse über das Lehen, dass in besonderem Maße auch die Bindung der Pächter (landtsiedel) an den Abt als Grundherrn betont. Darüber hat zuvor schon der Notar Magister Johann Volpart vor dem Abtsgericht in Fulda ein Protokoll angefertigt. Der Vertreter betont weiter, dass ein Gerichtsbeschluss zugunsten der Riedesel somit auch die Rechte und Pflichten der Pächter beeinträchtigen würde, besonders aber ihre Güter. Die Pächter seien zudem durch Eidespflicht an den Abt gebunden. Der Vertreter bemängelt, dass sich die Riedesel gegen diese Umstände öffentlich vor Gericht gewandt haben, nicht geständig seien und einen Widerruf der bestehenden Rechtsverhältnisse verlangen. Die Entscheidung und Niederschrift der Gerichtsverhandlung soll zudem umgehend durch einen Diener nach Fulda überbracht werden. Handlungsort: Freiensteinau. (siehe Abbildungen: Vorderseite, Rückseite)

Formalbeschreibung 

Ausfertigung, Pergament, Notarszeichen

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Urkunde durch Wasserschäden teilweise schlecht lesbar.

Durch welchen Pfalzgrafen bei Rhein das Lehen übertragen wurde, ist unklar. In Frage kommen sowohl Friedrich I. [1451-1476], Friedrich II. [1544-15569 als auch Friedrich III. [1559-1576].

Repräsentationen

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