AdJb Bestand A 228 > Beckerath, Alfred von

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Beschreibung: Gliederung (Klassifikation)

Identifikation (Gliederung)

Titel 

Beckerath, Alfred von

Aufsatz 

Alfred von Beckerath (geb. 4. 10. 1901 in Hagenau, gest. 7. 1. 1978 in München), Komponist und Dirigent

Alfred von Beckerath wurde am 4. Oktober 1901 im elsässischen Hagenau als Sohn des Rittmeisters Robert Carl von Beckerath und dessen Frau Juliet (geb. Flinsch) geboren. Er wuchs in Frankfurt auf, wo er das Goethegymnasium besuchte und frühen Kompositionsunterricht bei Gustav F. Kogel erhielt. Nach der Schulzeit studierte er Musikwissenschaft und Komposition in Freiburg (bei Wilibald Gurlitt) und Frankfurt (bei Moritz Bauer und dem Schreker-Schüler Alexander Lippay) und beendete seine Ausbildung in München, wo er von 1923 bis 1925 an der Akademie für Tonkunst studierte und Meisterschüler des Reger-Schülers Joseph Haas war. Die frühen beruflichen Tätigkeiten Alfred von Beckeraths verbanden sich mit mehreren Ortswechseln: Er arbeitete als Komponist, Orchester- und Chorleiter und Bühnenbildner in Halberstadt, Wiesbaden und Frankfurt. In Berlin war er ab 1929 als Musikberater der Filmproduktionsgesellschaft „Tobis“ tätig („in der wir Musikberater Wagner-Regeny, Fritz Wenneis und ich in der jüdischen Firma ‚die Renommier-Gois‘ waren“, schreibt er im Brief an Hans W. Schmidt-Polex vom 29. 9. 1971, s. A 228 Nr. 201). Daneben nahm er erneut Kompositionsunterricht bei Karol Rathaus.

1933 ließ Alfred von Beckerath sich als freischaffender Künstler in seiner Wahlheimat München nieder. Von 1937 bis 1942 wirkte er als Musiklehrer im nahen Ambacher Landheim (dort begründete er auch den „Ambacher Musiksommer“), 1942 erfolgte die Einberufung. Von Beckerath kehrte 1946 aus der Kriegsgefangenschaft nach München zurück und war dort später u. a. am „Theater der Jugend“ (heute Schauburg) tätig, das 1953 auch mit einem seiner Werke eröffnet wurde („Pechvogel und Glückskind“). 1951 erhielt er für seine Arbeiten den Münchener Förderpreis Musik, 1961 folgte der Schwabinger Musikpreis. Von 1955 bis 1963 war er noch einmal außerhalb Münchens tätig, als musikalischer Leiter am Stadttheater Ingolstadt.

Alfred von Beckerath war viermal verheiratet, aus der Ehe mit der Ärztin Ilse von Beckerath (geb. Kämper) ging seine Tochter Christine (geb. 1943) hervor. Seine vierte Frau, Ursula Beckerath-Scholz, war Malerin und verfasste auch Gedichte; einige davon vertonte Alfred von Beckerath. Er starb am 7. Januar 1978 in München.

Von Beckeraths umfangreiches kompositorisches Schaffen, das in einer moderaten Modernität den Boden der Tonalität nicht verlässt, umfasst ein weites Spektrum von vokaler und instrumentaler Musik, von großen und kleinen Formen. Werke für Sinfonieorchester stehen neben Kammermusik in verschiedensten Besetzungen (auch für weniger gängige Instrumente wie Mandoline, Akkordeon oder Zither). Zahlreiche Vokalwerke sind überliefert, überwiegend für Chor mit und ohne Orchester – von Kantaten über Messen bis zu kleinen Liedern und Kanons. Sakralwerke, unmittelbarer Ausdruck der ausgeprägten Religiosität von Beckeraths, nehmen darunter breiten Raum ein (er gehörte zur Christengemeinschaft und gestand einem evangelischen Pastor in einem Brief: „Sonntage ohne die Menschenweihehandlung fallen mir direkt schwer“, s. A 228 Nr. 201). Eine zentrale Stellung in von Beckeraths Œuvre kommt Bühnenwerken zu, insbesondere seinen Jugendopern, die vom Kurzspiel bis zum abendfüllenden Werk reichen.

Der Jugendbewegung als solcher stand Alfred von Beckerath fern. Humorvoll, wie es für seine Briefe kennzeichnend ist, erklärt er in einem Schreiben an Fritz Jöde: „ICH war ja komischerweise nie 'jugendbewegt', habe - außer als Soldat und als Kriegsgefangener - niemals freiwillig in einem Zelt geschlafen, um keine Feuer herumgesessen und Reisbrei mit hereingeschlagenem Rauch verzehrt, bin, wenn auch nicht anti-, so doch a-sportlich und geh bis heute nicht übertrieben gern länger als nötig zu Fuß" (s. A 228 Nr. 204). Sein großes Interesse an Jugendmusik und Laienmusizieren brachte ihn aber immer wieder mit Vertretern der Jugendmusikbewegung in Berührung, und er war sich der wichtigen Impulse, die er aus dieser Richtung erhielt, durchaus bewusst. So schrieb er etwa in aller Deutlichkeit in einem Dankesbrief an Fritz Jöde zu dessen 80. Geburtstag 1967: „Ich nenne dann noch meine vielen Jugendopern die ohne Dich und von Dir Gelerntes auch nicht wären“ (ebd.). Eine enge Freundschaft verband von Beckerath auch mit dem Musikpädagogen Ekkehart Pfannenstiel, wovon die Korrespondenz eindrucksvoll Zeugnis ablegt (s. A 228 Nr. 200 und Nr. 225) – ihm widmete er 1958 auch „8 Stücke für Klavier“ (A 228 Nr. 212). Regelmäßig arbeitete er im Rahmen verschiedener Musikveranstaltungen und -projekte mit Bernward Beyerle (Lassus-Singkreis/Elbacher Musikwochen), Bernhard Scheidler und Hellmuth Seidler (Joseph-Haydn-Singkreis) zusammen.

Dass von Beckerath einen ausgeprägten Draht zu Jugendlichen besaß, dokumentieren einige Briefe, die er nach Schulaufführungen seiner Werke erhielt, so etwa das begeisterte Schreiben des Direktors des Benediktinergymnasiums Ettal, Stephan Schaller, nach der Einstudierung der abendfüllenden „Schildbürger“ 1967 unter Mitwirkung des Komponisten (A 228 Nr. 193). Das Schaffen für Kinder und Jugendliche steht im Zentrum des hier beherbergten Teilnachlasses (6 Archivkartons; der weitere Nachlass liegt in der Bayerischen Staatsbibliothek München). Besonders zu den Jugendopern „Frau Holle“, „Die Schildbürger“, „Till Eulenspiegel“, „Reineke Fuchs“ und „Die Bremer Stadtmusikanten“ liegt Material vor – neben Text- und Notenmaterial der überwiegend nicht verlegten Werke gibt es meist auch Erinnerungsalben, in denen von Beckerath Fotos diverser Aufführungen zusammengestellt und mit Presseberichten und teils auch Briefen von Ausführenden kombiniert hat. Vorhanden sind auch Dokumente zur Kinderkantate „Bei uns daheim“ und zu den Kurzspielen „Winter austreiben“, „Die Heinzelmännchen“, „Schäferreigen“, „Zirkus Pfundig“, „Der Wolf und die sieben Geißlein“ sowie zu „Die Freier“ und „Henri Arnaud“.

(Ute Brüdermann)

Literatur:
- Kürschners Deutscher Musiker-Kalender 1954, hrsg. von Hedwig Müller von Asow/ E.H. Müller von Asow, Berlin: De Gruyter 1954, S. 60.
- Alfons Ott, Artikel „von Beckerath, Alfred“ in: MGG, Bd. 15 (Supplement Aachen-Dyson), Kassel: Bärenreiter 1973, S. 602.
- Eintrag auf der Homepage der Familie von Beckerath: https://www.beckerath.info/index.php?Alfred-1