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UBA Ffm Bestand F 1

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Projekte im Exil (1934-1950)

Laufzeit

1934-1950

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

Das vorliegende Findbuch erschließt die Forschungsprojekte des Instituts für Sozialforschung (IfS), die nach der Flucht vor den Nationalsozialisten im Ausland entstanden sind. Projektmitarbeiter waren unter anderem: Theodor Wiesengrund Adorno, Erich Fromm, Max Horkheimer, Leo Löwenthal, Herbert Marcuse und Friedrich Pollock. Verwahrt wird der Bestand im Archiv des Instituts für Sozialforschung.
Der Bestand beinhaltet die Unterlagen zu fünf Forschungsprojekten, die die Mitarbeiter des IfS während ihres Exils in Frankreich, der Schweiz und den USA erarbeitet haben; eine Sonderstellung nimmt dabei die Untersuchung von Erich Fromm ein, die 1929 begonnen und im Exil weitergeführt wurde, allerdings ohne, dass sie dort abgeschlossen wurde. Zwei weitere Studien wurden im Exil bzw. im Nachkriegsdeutschland beendet und publiziert (siehe untenstehende Übersicht). In der Literatur zur Geschichte des Instituts werden weitere Projekte aufgeführt, ob es hierzu eine Überlieferung gibt ist nicht bekannt. Die 'Zeitschrift für Sozialforschung', die bis zum Jahr 1941 herausgegeben wurde, ist in der Bibliothek des Instituts vollständig vorhanden.
Die Geschichte des Instituts im Exil ist gut erforscht. Wegen der polizeilichen Durchsuchung und Schließung des Instituts im Auftrag der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) im Juli 1933 waren die Wissenschaftler gezwungen, Deutschland zu verlassen. Ihre Flucht führte sie über Genf und Paris nach New York, zuletzt nach Los Angeles. In dieser Phase arbeiteten die Wissenschaftler, oftmals in Kooperation mit Sozialwissenschaftlern jeweils vor Ort, weiter. Insbesondere gilt dies für die Zeit in den USA ab dem Jahr 1936. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft kehrten die Wissenschaftler nach und nach, insbesondere auf Einladung der Stadt Frankfurt und der Frankfurter Universität, mit der das Institut bereits vor der Flucht kooperiert hatte, zurück und eröffneten im November 1951 das Institut für Sozialforschung in einem neuen Gebäude auf dem Gelände der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Zurückgekehrt waren Theodor Wiesengrund Adorno, Max Horkheimer und Friedrich Pollock, die in Kooperation mit der Universität sofort die Arbeit in Forschung und Lehre aufnahmen. Hierbei brachten die genannten Wissenschaftler die Unterlagen zu den Exilstudien in das Institut. Das IfS besteht bis heute als eigenständige Einrichtung und es gibt keine über- oder untergeordneten Registraturbildner.
Organisationspläne zum Aufbau des Instituts während der Entstehungszeit der Forschungsprojekte im Exil sind nicht überliefert.
Das im Archiv vorhandene Schriftgut wurde aus den USA nach der Exilzeit (1949 und 1950) mitgebracht und vom Institut komplett übernommen, wobei nicht bekannt ist, ob die Materialien zu den einzelnen Projekten vollständig im Archiv vorhanden sind. Die Registraturverhältnisse während der Zeit im Exil bis zur Übernahme in das Institut sind ebenfalls unbekannt. Auch das Datum der Übernahme ist nicht mehr rekonstruierbar. Insgesamt können durch die Exilierung des IfS und seiner Mitarbeiter in der NS-Zeit keine präzisen Angaben zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Akten des Bestandes gemacht werden. Insgesamt umfasst die Laufzeit des Bestandes die Jahre 1929 bis 1950 und erstreckt sich über vier Regalmeter. Die Akten des Bestandes wurden nach Aktenzeichen und Betreffen gebildet. Diese Einteilung wurde von den Mitarbeiterinnen des Frankfurter Instituts nach der Wiedereröffnung des Instituts 1951 vorgenommen. Hierzu wurde von ihnen ein Aktenplan erstellt. Eine Kopie des Aktenplans wurde dem Bestand (Signatur 74) hinzugefügt. Das Schriftgut wurde von den Mitarbeiterinnen chronologisch nach folgenden Kategorien geordnet: Vorarbeiten, Vorversuche, Erhebungsmaterial, statistische und qualitative Auswertung, Ergebnisse, 'Responses' (Reaktionen auf die Studie und weitere Arbeiten mit der Studie). Über die Ordnung vor 1951 ist nichts bekannt.
Die Bearbeiterin Dr. Christa Sonnenfeld wurde durch den Archivar der Archivzentrums der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Oliver Kleppel, bei der archivischen Erschließung unterstützt. Grundlage für die Bearbeitung ist die seit dem Herbst 2011 bestehende Kooperationsvereinbarung zwischen dem Institut und der Universitätsbibliothek. Bearbeitet wurden die Materialien zwischen Januar und Oktober 2012. Wegen des geringen Materialumfangs aus der Exilphase des Instituts von vier Metern und wegen ihrer hohen inhaltlichen Bedeutung für dessen Geschichte wurde der Bestand vollständig übernommen. Die Vorordnung, in die die Mitarbeiterinnen des IfS das Schriftgut gebracht haben, wurde beibehalten. Bei der Klassifikation wurde für jedes der Forschungsprojekte ein Klassifikationspunkt gebildet, dem das jeweilige Projekt zugeordnet wurde. Vor der Bearbeitung was das Schriftgut in Archivboxen verpackt. Während der Bearbeitung wurden die Unterlagen enteist, in säurefreie Mappen eingeschlagen und in Archivkartons umgepackt. Die Bestandssignatur lautet 'F 1'. Grundlage für die Verzeichnung in 'HADIS' waren die Hessischen Verzeichnungsrichtlinien. Trotz der diversen Umzüge des Bestandes befindet sich das Schriftgut in einem guten Erhaltungszustand. Es wurden bislang keine Restaurierungsarbeiten vorgenommen.
Für die Benutzung des Bestandes gelten in der Regel keine archivischen Schutzfristen. Einzelfälle können eine Prüfung aber erforderlich machen.
Für die Bestellung der Archivalien und die Zitierweise in Veröffentlichungen gilt die Quellenangabe: IfS-Archiv, F 1, Signatur X.
Ergänzende oder parallele Bestände können sich sowohl im Archivzentrum der Universitätsbibliothek Frankfurt (in den Vor- und Nachlässen von Wissenschaftlern) als auch im Universitätsarchiv der Johann Wolfgang von Goethe-Universität Frankfurt befinden. In den USA könnte sich weiteres Schriftgut im Oline-Archiv 'Archive of California' (http://www.oac.cdlib.org/ ) finden, und zwar im Nachlass von Karl A. Wittfogel.
Die Ergebnisse der Forschungsprojekte wurden durch die besonderen Umstände zum Teil erst Jahre später in deutscher Sprache veröffentlicht, so z.B. die Schrift 'Studien zum autoritären Charakter' ('Authoritarian Personality') erst im Jahr 1973. In den USA war dies bereits 1950 geschehen. Weitere Daten zur Veröffentlichung sind in den Serienverzeichnungen vermerkt.

Enthält

Der Bestand setzt sich aus fünf Forschungsprojekten zusammen:
1. Erich Fromm, Max Horkheimer, Leo Löwenthal, Herbert Marcuse u.a. 'Studien über Autorität und Familie' (darin: Erich Fromm: 'Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reichs'), 1929-1943 (Kennwort: 'Autoriät und Familie'). Dieses Projekt war in Deutschland begonnen worden. Neben Texten finden sich hier Untersuchungsplanung, Erhebungsmaterialien, Auswertungen sowie ein Vorschlag für eine weiterführende Untersuchung. Die 'Studien über Autorität und Familie' wurden im Jahr 1936 in Paris veröffentlicht.
2. Max Horkheimer, 'Umfrage zu Erfahrungen mit dem Nazi-Antisemitismus', 1943 bis 1945 (Kennwort: 'Preisausschreiben'). Die Sammlung enthält 115 originale Leserzuschriften mit Erfahrungsberichten. Später wurden beigefügt: Aufruf Horkheimers zur Teilnahme an der Umfrage und seine Zwischenbilanz im der Wochenzeitschrift 'Aufbau', Zeitungsexemplare von 1952 sowie drei CDs der Zuschriften. Die Ergebnisse wurden 1944 publiziert.
3. Theodor Wiesengrund Adorno, Arkadeij Gurland, Max Horkheimer, Leo Löwenthal, Massing, Paul, Pollock, Friedrich u.a., 'Studies in Antisemitism', 1953-1944 (Kennwort: 'Antisemitismus-Projekt'). Hier finden sich Texte, Untersuchungsplanung, Zwischenberichte, sowie Bilder zum 'Thematischen Apperzeptionstest' TAT) mit Fotonegativen. Die Ergebnisse wurden 1944 publiziert.
4.Theodor Wiesengrund Adorno, Arkadeij Gurland, Paul Massing, Marie Joahoda u.a., 'Antisemitism among American Labor during the World War II' (Kennwort: 'Labor-Project'), 1944-1945. Hier besteht das Material vor allem aus Korrespondenz, Untersuchungsplanung, Interviewprotokollen, Auswertungen sowie Entwürfe zum Endbericht. Das unveröffentlichte Manuskript (auf Durchschlagpapier) befindet sich in der Institutsbibliothek.
5. Theodor Wiesengrund Adorno, Bruno Bettelheim, Max Horkheimer, Friedrich Pollock u.a., 'Zur Prädisposition für demagogische Beeinflussung', 1945-1950 (Kennwort: 'Studies in Prejudice'). Darin findet sich auch Adornos Studie 'Authoritarian Personality'. Die Materialien bestehen vor allem aus Texten bzw. Textentwürfen, Interviewprotokollen sowie dem Endbericht, Teil I und II. Das Projekt wurde in Deutschland 1950 abgeschlossen und in deutscher Sprache im Jahr 1953 publiziert.

Literatur

Ziege, Eva-Maria, Antisemitismus und Gesellschaftstheorie. Die Frankfurter Schule im amerikanischen Exil, Frankfurt 2009

Wiggershaus, Rolf, Die Frankfurter Schule. Geschichte, theoretische Entwicklung, politische Bedeutung, München 1986

Demirovic, Alex, Der nonkonformistische Intellektuelle. Die Entwicklung der Kritischen Theorie zur Frankfurter Schule, Frankfurt 1999

Weitere Angaben (Bestand)

Bearbeiter

C.S.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Eine Kopie des Aktenplans wurde dem Bestand unter der Nummer 74 beigelegt