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UBA Ffm Bestand Na 16

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Nachlass Robert Ernst

Laufzeit

ca. 1920 - 1980

Bestandsdaten

Aufsatz

Das vorliegende Findbuch erschließt den Nachlass des deutsch-elsässischen Volkstumspolitikers Friedrich Robert Ernst. Der Nachlass wird im Archivzentrum der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main als Bestand Na 16 verwahrt. Seine Laufzeit erstreckt sich von 1921 bis 1979 und umfasst 1.015 Verzeichniseinheiten. Friedrich Robert Ernst wurde am 4. Februar 1897 im elsässischen Hürtigheim als Sohn des Pfarrers August Ernst (1868-1958) geboren. Nach dem Schulbesuch in Straßburg meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger und wurde in Ypern und Verdun eingesetzt. Bei Kriegsende und der Rückgewinnung des Elsass durch Frankreich verließen bis Anfang 1922 ca. 140.000 Deutsche das Land; dazu zählte auch die Familie Ernst. Nach dem Umzug studierte Robert Ernst Jura in Heidelberg sowie Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen und schloss das Studium mit Promotion ab. Seit 1922 lebte und arbeitete Ernst in Berlin, wo er 1923 die 'Alt-Elsass-Lothringische Vereinigung' mit gründete. Ab 1924 war er beim 'Hilfsbund der vertriebenen Elsass-Lothringer', der Anfang 1922 22.000 Mitglieder hatte, und beim 'Verband der Elsass-Lothringischen Studienbünde' beschäftigt. Mit dem ersten Heft der 'Heimatstimmen Elsass-Lothringen' 1923 begann Robert Ernsts Tätigkeit als Herausgeber, der weitere Zeitschriften folgten. Als Verbandsfunktionär wurde er Vorsitzender des Dachverbandes 'Deutscher Schutzbund für die Grenz- und Auslandsdeutschen', der am 29. Mai 1919 gegründet worden war und er nahm 1924 an der Heppenheimer Tagung der 'Deutschen Mittelstelle für Volks- und Kulturbodenforschung' teil. Robert Ernst schied nun aus dem Angestelltenverhältnis der Verbände aus und arbeitete fortan freiberuflich. Die Mittel für seine Arbeit erhielt er unter anderem aus einem als 'Deutsche Stiftung' verschleierten Fonds des Auswärtigen Amtes; Emil von Rintelen war hier sein mehrjähriger Ansprechpartner. Über seine Aktivitäten in den Fokus der Franzosen geraten, wurde er während des Autonomistenprozesses in Colmar in Abwesenheit zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Damit wurde auch verhindert, dass er noch ins Elsass einreisen konnte. Robert Ernst trat 1933 in die NSDAP ein und war als Schutzbundvorsitzender zusammen mit dem Vorsitzenden des 'Vereins für das Deutschtum im Ausland', dem österreichischen Nationalisten Hans Steinacher aktiv an der Gleichschaltung der Verbände beteiligt, deren 'Säuberung' und vollzogene Gleichschaltung sie am 21. Juni 1933 dem württembergischen Ministerpräsidenten Christian Mergenthaler meldeten. Steinacher und Ernst arbeiteten auch weiterhin im 'Volksdeutschen Rat' in leitender Funktion weiter, wo Robert Ernst mehrfach als Redner bei von der NSDAP organisierten Massenkundgebungen fungierte. Ernst nahm als Major der Luftwaffe 1939 am Überfall auf Polen teil und bei seinem Eintritt in die SS am 1. August 1940 erhielt er den Rang eines SS-Standartenführers. Nach der Besetzung des Elsass 1940 wurde Ernst Kreisleiter der NSDAP und Adjutant des Gauleiters Robert Wagner. Am 28. Juni 1940 übernahm er das Amt des Stadtkommissars in Straßburg, deren Oberbürgermeister (Oberstadtkommissar) er vom März 1941 bis November 1944 war. Trotz dieser Ämter schrieb er weiter Zeitschriftenbeiträge und betrauerte in der Zeitschrift 'Westland' den Zuzug von Ostjuden und Polen in der Zwischenkriegszeit ins Elsass, verbunden mit der Erwartung, dass sich das nun ändern werde. Nach der Vertreibung der Universität Straßburgs nach Clermont-Ferrand wurde mit Ernsts Unterstützung die Reichsuniversität Straßburg gegründet; er wurde daraufhin Ehrensenator der Universität. Am Ende des Zweiten Weltkrieges geriet Robert Ernst in französische Gefangenschaft, die ihn als französischen Staatsbürger wegen Landesverrats zugunsten der Deutschen anklagen wollten. Über Jahre versuchte Ernst mit der Argumentation, er sei deutscher Staatsbürger, diese Anklage zu widerlegen. Er wurde 1946 im Prozess gegen den dann hingerichteten ehemaligen Gauleiter Robert Wagner als Zeuge vorgeführt. Der deutsche Bundespräsident Theodor Heuss (FDP) wandte sich am 10. November 1953 in einem privaten Schreiben an den Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer, um diesen, der auch Robert Ernsts Vater August persönlich kannte, einzunehmen mit der Bitte, sich in Paris für ihn zu verwenden. Gleichzeitig ging der Bundestagsabgeordnete Hermann Ehlers (CDU) mit der Forderung nach Freilassung direkt an die Öffentlichkeit. Am 20. Januar 1954 wurde Ernst erstmals aus der französischen Untersuchungshaft entlassen nur um dann erneut inhaftiert zu werden. Im Militärprozess in Metz 1955 wurde Ernst zu acht Jahren Zwangsarbeit, zur Herausgabe seines Vermögens und zu einem 20 jährigen Aufenthaltsverbot verurteilt und nach Verkündung des Urteils nach Deutschland abgeschoben. Noch während der Haftzeit erschien sein Buch 'Rechenschaftsbericht eines Elsässers'. In den Folgejahren war Robert Ernst in Kreisen seiner alten Kameraden besonders aus der NS-Zeit und bei den Mitgliedern der verschiedenen Verbände wohl gelitten und es wurde ihm manches Amt angedient, dass er aber unter Verweis auf seine gesundheitliche Verfassung und seine prominente Rolle während des Dritten Reiches zum Besten der Verbände ablehnte. Sein Wohnort wechselte anfangs zwischen Stuttgart und Berlin, später zog er nach Rimsting am Chiemsee um. Trotz seiner Zurückhaltung arbeitete er an der Umwandlung des 'Bundes der Elsaß-Lothringer im Reich' in die 'Gesellschaft der Freunde und Förderer der Erwin von Steinbach-Stiftung' und als Vorstandsmitglied der 'Erwin von Steinbach-Stiftung' mit. In allen Jahren nach 1955 war Robert Ernst die Person im Hintergrund, ohne dessen Stellungnahme nichts in den verschiedenen Gruppierungen, Bünden, Gesellschaften und Stiftungen unternommen wurde. Robert Ernst starb am 14. April 1980 in Rimsting. Einen Überblick über Robert Ernsts Leben bietet ein ausführlicher, gut recherchierter Artikel bei Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Ernst_%28Politiker%29; abgerufen am 04.04.2011), dessen Aussagen durch das verzeichnete Archivmaterial Bestätigung findet und deren Angaben für die biographischen Informationen in der Masse hier übernommen wurden. Der Bestand wurde offenbar nach dem Tod Ernsts von seiner Familie an die 'Erwin von Steinbach-Stiftung' übergeben, die ihn ihrerseits als Depositum der Stiftung an die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt weitergab. Das Schriftgut besteht aus den Korrespondenzen, die Ernst führte und deren Anlagen. Der geringste Teil stammt aus der Vorkriegszeit, breit setzen die Briefwechsel nach seiner Haftentlassung ab 1955 ein und werden relativ dicht bis kurz vor seinem Tod 1980 weitergeführt. Zu beobachten ist, dass manche Jahre ausgedünnt erscheinen; es muss hier eine Vorauswahl nach unbekannten Kriterien stattgefunden haben. Da Robert Ernst häufig über Verklammerungen Vorgänge zusammengefasst hat, blieben diese zum besseren Verständnis des Netzwerkes bei der Verzeichnung entsprechend bestehen. Deshalb sind Briefe aus verschiedenen Jahren als Anlage unter einer Signatur vereint. Häufig haben Korrespondenzpartner Robert Ernst ein Zeitungsartikel, Druckwerk, Manuskript o.ä. zugeschickt, die am Ende des Findbuchs aufgeführt sind, sofern sie keinem Brief mehr zugeordnet waren. Der Inhalt der Korrespondenzen dreht sich im Groben um neun Themen: a) Die Revitalisierung der Verbände und deren Überführung ins Gefüge der Bundesrepublik Deutschland b) Gründung der 'Erwin von Steinbach-Stiftung' c) Die Eingliederung des 'Bundes der Elsaß-Lothringer im Reich' in seinen Untergruppen in die 'Gesellschaft der Freunde und Förderer der Erwin von Steinbach-Stiftung' d) Vorbereitung und Vergabe des 'Erwin von Steinbach-Preises' an geeignete Persönlichkeiten e) Wahrung der elsässisch-lothringischen deutschen Kultur und Tradition f) Unterstützung der Autonomiebestrebungen im Elsass und in Lothringen nach dem Zweiten Weltkrieg g) Verhinderung kritischer wissenschaftlicher Ausarbeitungen zum Thema Elsass-Lothringen zwischen 1871 und 1945 h) Verdeckte finanzielle Versorgung des autonomistischen Politikers und Journalisten Paul Schall durch ein sogenanntes 'Dokumentationskonto' i) Pflege des aufgebauten Netzwerkes Der Bestand belief sich vor der Verzeichnung auf einen laufenden Meter Archivmaterial; es wurden nur Triplikate kassiert. Dadurch blieb der Bestand im Umfang größtenteils bestehen. Das Archivgut ist vollständig entmetallisiert. Die Archivalien sind folgendermaßen verpackt: Kasten 1 Sig. 1 - 191 Kasten 2 Sig. 192 - 380 Kasten 3 Sig. 381 - 723 Kasten 4 Sig. 724 - 976 Kasten 5 Sig. 977 - 1003 Kasten 6 Sig. 1004 - 1007 Kasten 7 Sig. 1008 - 1014 Kasten 8 Sig. 1015 Abhängig von ihrem Entstehungszeitpunkt unterliegen die Archivalien unterschiedlichen Sperrfristen. Personenbezogene Akten sind bis zum Ablauf der gesetzlichen Schutzfristen gesperrt, dies ist bei den jeweils betroffenen Verzeichnungseinheiten einzeln vermerkt. Der Bestand ist nach der Bestellnummer AZ Ffm Na 16, 1 - 1.015 zu zitieren.
Björn Wissenbach

Bestandsgeschichte

Robert Ernst (1897-1980), Staatsrechtler, war von 1940 bis 1944 Oberbürgermeister (Oberstadtkommissar) von Straßburg und Generalreferent beim Chef der deutschen Zivilverwaltung. Der Nachlass ist Teil des Depositums der Erwin von Steinbach Stiftung.

Enthält

Manuskripte, Briefe, Rundbriefe, die Zeitschrift 'Der Westen', Rezensionen, Unterlagen der Steinbach-Stiftung, Biographien, Fotos, Korrespondenz mit den Anhängern der so genannten 'Heimatfront' von Elsass-Lothringen

Findmittel

verzeichnet

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang

1 m