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AdJb Bestand N 109

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Steinhöfel, Heinrich (1913-1973)

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

Der Nachlass wurde thematisch vorgeordnet an das Archiv der deutschen Jugendbewegung übergeben. Die Unterlagen waren nach den Sachgruppen "Politik", "DDR" und "Jugendbewegung" sortiert, zum Teil fanden sich auch genauere Beschreibungen und Spezifikationen.

Der größte Teil des Nachlasses bestand aus Zeitschriften, Büchern und Broschüren. Solche mit Bezug zur deutschen Jugendbewegung wurden in die Bibliothek des Archivs übernommen, bei der Erschließung wurde ein Verzeichnis der vorgefundenen Schriften angelegt.

Die übernommenen Archivalien betreffen vorwiegend die Zeit von 1945 bis 1973: Dazu zählen Notiz- und Fahrtenbücher, Korrespondenzen sowie Materialsammlungen zum bündischen Leben in der Nachkriegszeit. Die Unterlagen reichen teilweise bis in die Zeit des Nationalsozialismus, ältere Schriftstücke sind eher selten.

Ein Teil des Nachlasses kann bestimmten Vorprovenienzen zugeordnet werden: Hervorzuheben sind die Unterlagen, die Heinrich Steinhöfel von Werner "Hein" Sieg übernommen hat, darunter auch persönliches wie Siegs Fahrtenbücher aus den frühen 1930er-Jahren.

Geschichte des Bestandsbildners

Der Bestandsbildner (1913-1973) wurde unter dem Namen Heinrich Petersen geboren, sein Fahrtenname war das aus den beiden Vorsilben gebildete "Heinpe". Zu einem unbekannten Zeitpunkt nahm er den Namen Heinrich Steinhöfel an. Er lebte und wirkte vorwiegend in Kiel.

Er war Mitglied der "Deutschen Jungenschaft vom 1. November 1929" (dj.1.11), die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus verboten bzw. in die Hitlerjugend überführt wurde. Steinhöfel selbst berichtete später von gewaltsamen Zusammenstößen mit der Hitlerjugend sowie von illegalen Fahrten zwischen 1933 und 1939 (AdJb N 109 Nr. 55). Nach dem Schema von Detlev Peukert kann er sicher als Nonkonformist, vielleicht auch als Verweigerer im Nationalsozialismus eingeschätzt werden. Nichtsdestotrotz beteiligte er sich als Soldat am Zweiten Weltkrieg und wurde 1944 schwer verwundet.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitete er als Handelsvertreter und knüpfte an das frühere bündische Leben an: Zunächst war er Angehöriger des "Landeskreises Nord der Deutschen Jungenschaft" (1947-1949), den er allerdings nach einem Skandal um die angebliche oder tatsächliche Homosexualität eines anderen Gruppenmitglieds verließ. In den 1950er Jahren engagierte er sich in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Westdeutschland und beteiligte sich später auch am Aufbau der "Bündischen Provinz Kiel" und des "Kartells Deutscher Jungenschaften". In den 1960er Jahren schloß er sich der "Deutschen Waldjugend" an.

Steinhöfel hatte u. a. Kontakt zu Walter "Tejo" Scherf und Arno Klönne, insgesamt war er sehr gut vernetzt. In seinem Nachlass fanden sich zahlreiche Bücher, Broschüren und Zeitschriften mit Bezug zu Jugend im Allgemeinen und zur deutschen Jugendbewegung im Besonderen. In den frühen 1950er Jahren ist ein großes Interesse an den Entwicklungen in der DDR festzustellen, später verfolgte er die sozialen Bewegungen um und nach 1968 sehr genau. Bemerkenswert ist auch seine Tätigkeit als Autor und Herausgeber, etwa der Zeitschrift "Bündische Provinz". Eine größere Bekanntheit erlangte er durch das Sammeln und Verfassen bündischer Lieder, die u. a. in der Liedersammlung "Der Turm" veröffentlicht wurden.

Literatur

Michael Herms: Hinter den Linien. Westarbeit der FDJ 1945–1956, Berlin 2001.

Meike Sophia Baader / Alfons Kenkmann (Hg.): Jugend im Kalten Krieg. Zwischen Vereinnahmung, Interessenvertretung und Eigensinn, Göttingen 2021.

Wilfried Breyvogel: Jugendliche Widerstandsformen – Vom organisierten Widerstand zur jugendlichen Alltagsopposition, in: Peter Steinbach / Johannes Tuchel (Hg.): Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Bonn 1994.

Bettina Joergens: Männlichkeiten. Deutsche Jungenschaft, CVJM und Naturfreundejugend in Minden, 1945–1955, Potsdam 2005.

Findmittel

Online-Datenbank ArcInSys

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang

21 Archivkartons

Bearbeiter

Florian Metzger