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HHStAW Bestand 360/312

Beschreibung

Serie

Bezeichnung

Stadt- und Gemeindearchive

Identifikation (kurz)

Titel

Lorch

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

Zugänge 68/1918 und 33/2000
Das Hessische Hauptstaatsarchiv bewahrt Archivalien von über 500 Städten und Gemeinden seines Sprengels auf. Der überwiegende Teil des Bestandes wurde in den Jahren 1934-1937 übernommen. Eine Verfügung des Regierungspräsidenten in Wiesbaden vom 10.8.1934 bestimmte, dass hauptsächlich Amtsbücher, die vor der Einführung der Stockbücher im Herzogtum Nassau, also vor 1851, entstanden waren, durch Aufbewahrung im zuständigen Staatsarchiv vor Verlust geschützt werden sollten.
Das Stadtarchiv Lorch zeichnete sich einmal durch eine besonders reiche Überlieferung aus. Ein im Jahre 1877 von den Idsteiner Archivaren Dr. Goetze und Dr. Meyer aufgestelltes Repertorium (HStAW, B 257) führt 82 Titel von Archivalien an, die fast ausnahmslos aus dem 15. bis 18. Jahrhundert stammen. Ähnlich umfangreich ist die Bestandsübersicht, die F.W.E. Roth 1885 in der 'Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst' (Jg. 4, S. 411 f.) veröffentlicht hat und die auf einen Besuch der Rheingauer Gemeinde- und Pfarrarchive im Jahre 1879 zurückgeht. Beide Verzeichnisse stützen sich ihrerseits auf Vorarbeiten des Rentners A. Keuchen, der, obwohl wissenschaftlicher Laie, einen beachtenswerten Beitrag zur Erforschung und Dokumentation der Lorcher Stadtgeschichte geleistet hat. Die in seinem Nachlass befindlichen, seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entstandenen Aufzeichnungen zur politischen und kulturellen Entwicklung der Stadt (HStAW 1022), insbesondere ein umfangreicher Regestenband (ebd. Nr. 3), dürften auch für eine künftige Stadtgeschichtsschreibung nicht ohne Interesse sein. Keuchen war es auch, auf dessen Initiative die früher in der Kirche aufbewahrten Archivalien - laut Roth hatten sie dort in einem Raum neben der Orgelbühne gelagert - ihren neuen Aufbewahrungsplatz im Rathaus erhielten.
Trotz dieses regen archivarischen Interesses ist heute von dieser älteren Überlieferung nur mehr ein kleiner Rest vorhanden. Immerhin befinden sich unter den erhaltenen Dokumenten so wertvolle Stücke wie das 'Kopiar der Kirche zu Lorch' (Nr. 1) und das 'Stadtbuch von Lorch' (Nr. 2). Dagegen fehlen sämtliche zum ursprünglichen Bestand gehörenden Pergamenturkunden. Sie können heute lediglich durch die Kurzregesten in dem erwähnten Repertorium, in dem Keuchen'schen Regestenband und in F.W.E. Roths 'Pontes rerum Nassoicarum' (I, 1, Wiesbaden 1880, S. 377-397) erschlossen werden. Die in dem jetzigen Bestand vorhandenen Urkunden stammen aus anderen Überlieferungen. In ihrer Mehrzahl gehörten sie ursprünglich zum Archiv des Klosters St. Jakobsberg bei Mainz (Nr. 5, 7-25). Andere Stücke gehen auf die Pfarrkirche von Marienrachdorf (Nr. 1) und Dahlheim (Nr. 3, 6) zurück. Unbekannt ist die Provenienz eines Reliquienzettels einer Michaelskapelle (Nr. 2), während der unter Nr. 4 verzeichnete Ablassbrief wohl aus Lorch stammt.
Wie diese Urkunden und Dokumente in den Besitz des Lorcher Stadtarchivs gelangt sind, lässt sich nicht exakt ermitteln. Vermutlich muss auch hier vor allem an Keuchen gedacht werden. Einen gewissen Anhaltspunkt gibt die unter Nr. 25 angeführte Urkunde vom 11.11.1547. Sie ist wie alle übrigen Urkunden weder in dem Repertorium von 1877 noch in Roths 'Fontes rerum Nassoicarum' erwähnt. Wohl aber findet sie sich in dem Keuchen'schen Regestenband (Nr. 371), und zwar mit dem Vermerk: 'in unserem Besitz'. Da die damals im Stadtarchiv Lorch aufbewahrten Urkunden sonst stets als 'Lorcher Urkunden' gekennzeichnet sind, muss also angenommen werden, dass sich die genannte Urkunde im Privatbesitz Keuchens befunden hat und dass sie von dort an das Archivs übergegangen ist. Ob allerdings auch die übrigen Jakobsberger Urkunden den gleichen Weg genommen haben, kann allenfalls vermutet werden. Möglicherweise gehörten sie auch zu der Sammlung des Pfarrers Anton Karl Pfaff, die den Grundstock des jetzigen Heimatmuseums bildet. Pfarrer Pfaff, 1872 in Lorch geboren und 1908-1914 Pfarrvikar in Prath-Dahlheim, ist neben Keuchen die zweite für die Lorcher Heimatforschung wichtige Persönlichkeit. Dass sich seine Sammlertätigkeit auch auf Urkunden erstreckte, ist sehr wahrscheinlich. Zumindest gäbe es sonst keine hinreichende Erklärung dafür, weshalb gerade die beiden Dahlheimer Urkunden den Weg nach Lorch gefunden haben. Näheren Aufschluss über den Lorcher Urkundenbestand könnte vielleicht das 'Keuchen'sche Verzeichnis geben, das verschiedentlich genannt wird, doch scheint dieses Verzeichnis verschollen zu sein.
Sind also bei den älteren Lorcher Archivalien erhebliche Verluste eingetreten, so ist auch die Aktenüberlieferung des 19. u. 20. Jahrhunderts keineswegs lückenlos. Einen verhältnismäßig intakten Bestand stellen die Gemeinde- und Stadtrechnungen dar, die von 1813 an bis auf eine Ausnahme in fortlaufender Serie erhalten sind. Als größere Überlieferungsgruppe ist aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ferner das Feldgrundsteuerkataster zu nennen. Dagegen liegen die Protokolle des Gemeinderats, bzw. Magistrats erst seit 1851 vor. Auch dann kann freilich noch nicht von einer geschlossenen Aktenüberlieferung gesprochen werden. Eine solche, die verschiedenen Bereiche der gemeindlichen Selbstverwaltung umfassende Gesamtüberlieferung, beginnt erst mit der um 1880 einsetzenden 'blauen Registratur'.
Die Archivalien lagern zum größten Teil als Depositum der Stadt Lorch im Hessischen Hauptstaatsarchiv. Die Übernahme ist unter der Zug.-Nr. 68/18 am 15.3.1968 erfolgt. Eine Ausnahme bilden lediglich das 'Kopiar der Kirche zu Lorch' (Nr.1) und das 'Stadtbuch von Lorch' (Nr. 2), die beide bereits 1916 an das Staatsarchiv gelangt sind (vgl. den Hinterlegungsschein vom 21.8.1916; HStAW 404, Nr. 1000, fol. 144). Daneben enthält das Repertorium jedoch auch einige Archvalien, die weiterhin in Lorch aufbewahrt werden. Es handelt sich dabei um die Nummern 400 bis 408 (Stand 1968).

Geschichte des Bestandsbildners

Zugehörigkeit von Lorch:
Bis 1770 Rheingau (Kurmainz);
1770-1802/03 Amtskellerei Rüdesheim (Kurmainz);
1802/03-06 Amtskellerei Rüdesheim (Nassau-Usingen);
ab 1806 Amt Rüdesheim (Herzogtum Nassau);
ab 1867 Rheingaukreis (Preußen);
ab 1945 Rheingaukreis (Hessen);
ab 1977 Rheingau-Taunus-Kreis (Hessen).
Die Stadt Lorch besitzt seit 1885 Stadtrechte.

Enthält

64 Urkunden 13.-16. Jh.
Gemeinderechnungen 18.-20. Jh., Amtsbücher 15.-20. Jh. (darunter ein Stadtbuch 15.-18. Jh., ein Kopiar der Kirche von Lorch 15.-16. Jh. u. zwei Gerichtsbücher 17.-18. Jh.) und Akten überwiegend 18.-20. Jh., darunter Einwohnerlisten (ab Mitte 18. Jh.), Abgaben- u. Steuerwesen (ab 17. Jh., u. a. Zinsregister des Klosters St. Jakob u. der Kartause in Mainz, des Stiftes Bingen u. adliger Grundherren).

Findmittel

Findbuch für Teil 1 von Winfried Schüler, 1968

Akten: Online-Datenbank (Arcinsys)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang

35 m

Bearbeiter

W. Schüler, 1968

Blum

Deskriptoren

Lorch