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HStAM Bestand 75

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Königreich Westphalen: Zentralbehörden

Laufzeit

(1792-)1806-1814

Siehe

Korrespondierende Archivalien

17 c Hessischer Lehnhof

42 a Direktion des kurfürstlichen Hausschatzes

Bestände der Zentralbehörden des Königreichs Westphalen im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin

Bestandsdaten

Aufsatz

Das Königreich Westphalen wurde durch den Frieden von Tilsit am 7. Juli 1807 aus von Frankreich eroberten und besetzten Gebieten geschaffen, aber erst am 18. August 1807 definierte ein kaiserliches Dekret den Umfang des neuen Staates, zu dem folgende Gebiete und Gebietsteile gehörten: die Braunschweig-Wolfenbüttelischen Staaten, die auf dem linken Ufer der Elbe gelegenen Teile der Altmark und der Provinz Magdeburg, das Gebiet von Halle, das Hildesheimische und die Stadt Goslar, das Land Halberstadt, das Gebiet von Quedlinburg, die Grafschaft Mansfeld, das Eichsfeld nebst Treffurt, Mühlhausen und Nordhausen, die Grafschaft Stolberg-Wernigerode, die Staaten von Hessen-Kassel nebst Rinteln und Schaumburg, jedoch mit Ausnahme des Gebiets von Hanau und Katzenelnbogen am Rhein, das Gebiet von Corvey, Göttingen und Grubenhagen nebst den Zubehörungen von Hohenstein und Elbingerode, das Bistum Osnabrück, das Bistum Paderborn, Minden und Ravensberg und die Grafschaft Rietberg-Kaunitz. Am 28. August 1807 traten die drei als Regenten des Königreichs eingesetzten französischen Staatsräte Joseph Jérôme Siméon, Jaques Claude Beugnot und Jean Baptiste Moïse Jollivet ihr Amt in Kassel, das zur Hauptstadt bestimmt war, an.
Das neue Staatsoberhaupt, König Jérôme, traf am 7. Dezember 1807 in Kassel ein und verkündete sogleich die Verfassung des Königreichs, die sein Bruder, der Kaiser Napoleon, am 15. November 1807 in Fontainebleau erlassen hatte. Damit endete die Regentschaft und eine provisorische Regierung nach den Bestimmungen der Verfassung begann am selben Tag ihre Tätigkeit. Alle sonstigen Behörden der unterschiedlichen Landesteile blieben vorläufig im Amt. Ein Dekret vom 24. Dezember 1807 verfügte die Einteilung des Landes in acht Departements, die sich wiederum in Distrikte teilten. Die Grenzen der Departements und Distrikte richteten sich, soweit sie keine Außengrenzen des Königreiches waren, oftmals nach natürlichen Gegebenheiten, nach Flüssen, Tälern und Bergketten. Nach und nach wurden die einzelnen Bereiche der Staatsverwaltung neu organisiert, so dass am Abend des 29. Februar 1808 alle bisherigen Gerichtshöfe ihre Tätigkeit einstellten und am 1. März die durch Dekret vom 27. Januar 1808 errichteten neuen Tribunale durch die Präfekten und Unterpräfekten eingesetzt wurden und ihre Tätigkeit begannen. Alle noch bestehenden bisherigen Verwaltungsbehörden mit Ausnahme der Accise- und Zolldeputationen sowie der Bergwerksdirektionen wurden zum 1. April 1808 aufgelöst.
Im Jahre 1810 kam es zu größeren Territorialveränderungen. Während zu Jahresanfang Hannover ohne das rechtselbische Lauenburg zu Westphalen kam, mußte Westphalen zum Jahresende alle Gebiete nördlich einer Linie von der Mündung der Lippe bis Lauenburg an Frankreich abtreten. Dazu gehörte auch der größte Teil des Weserdepartements mit den Städten Osnabrück und Minden. Ende Oktober 1813 brach das Königreich zusammen und die Gebiete kehrten an ihre alten Besitzer zurück. In den wieder an das Kurfürstentum Hessen gefallenen Gebiete bestanden die Präfekturen und übrigen westphälischen Verwaltungseinrichtungen mit allen Zuständigkeiten bis zum 31. Dezember 1813 neben den schon wieder entstandenen althessischen Verwaltungsgremien. Faktische Tätigkeit lässt sich noch Anfang 1814 feststellen.
In der in Marburg verwahrten Überlieferung westphälischer Zentralbehörden sind folgende Einrichtungen und Dienststellen des Königreichs Westphalen wie auch kaiserlich französischer Behörden zu finden:
Hofstaat
1.01 Kabinettssekretariat:
Bei dem zum Hofstaat gehörenden Kabinettssekretariat handelte es sich um das persönliche Büro des Königs. Das Gremium bestand aus einem Kabinettssekretär, dem Chef des topographischen Büros, einem Adjunkten sowie zwei ordentlichen Sekretären.
1.02 Intendanz des königlichen Hauses:
Der Intendant des königlichen Hauses zählte zum Hofstaat des Königs. Ihm oblag die oberste Verwaltung aller Krondomänen und -kapitalien, der Schlösser, Gärten und Liegenschaften sowie des dazu gehörenden Mobiliars, die bauliche Unterhaltung und Ausstattung der Schlösser und Gärten sowie der Gesundheitsdienst. Dem Intendanten nachgeordnet waren ein Generalsekretär und der Generaldirektor der Krondomänen und -kapitalien. Seit der Ernennung des Generaldirektomeistrs der Krondomänen v. Coninx zum Intendanten bestand eine auch später fortgesetzte Personalunion beider Einrichtungen, die offenbar zur faktischen Integration der Generaldirektion in die Intendanz führte. Der 'Hof- und Staats-Kalender auf das Jahr 1812' zeigt die Intendanz des königlichen Hauses als eine dem Großzeremonienmeister nachgeordnete Einrichtung.
1.03 Kronschatz:
Bildung, Aufgabe und Dotation des westphälischen Kronschatzes waren durch Artikel 9 der Verfassung des Königreichs Westphalen vom 15. November 1807 festgelegt. Danach wurde zum Unterhalt des Königs und seiner Familie ein besonderer Schatz unter dem Namen Kronschatz errichtet, der über Einkünfte von 5 Millionen Franken verfügte. Der Ertrag der Domanialwaldungen und eines Teils der Domänen waren für den Kronschatz bestimmt. Falls dieser Ertrag nicht ausreichte, sollte der fehlende Rest jährlich durch die Staatskasse in 12 Monatsraten zugeschossen werden. Eine Unterstellung des Kronschatzes unter die Aufsicht des Finanzministers ist nicht ersichtlich. Die Verwaltung des Kronschatzes setzte sich aus einem (General-)Schatzmeister, einem Kassierer und einem Zahlmeister des Kronschatzes zusammen. Der 'Hof- und Staats-Kalender auf das Jahr 1812' zeigt auch den Kronschatz als eine dem Großzeremonienmeister nachgeordnete Einrichtung.
1.04 Orden der westphälischen Krone:
Der am 15. Dezember 1809 gestiftete Orden war zur Belohnung militärischer und ziviler Verdienste bestimmt. Großmeister des Ordens war der König. Daneben sollte der Orden aus maximal zehn Großkommandeuren, 30 Kommandeuren und 300 Rittern bestehen. Ein Großkommandeur war zugleich Großkanzler des Ordens. Er hatte Sitz und Stimme im Großen Rat und übte den Vorsitz im inneren Kanzleirat aus. Zu seinen Aufgaben zählten u.a. die Vorlage von Ordensgesuchen und die Übersendung von Ernennungsdekreten, die Bestückung der Wahlkollegien, die Zulassung von Töchtern der Ordensmitglieder in das 1810 in Kaufungen errichtete Erziehungshaus des Ordens und die Verwaltung der Ordensgüter. Dem Großkanzler unterstanden ein Schatzmeister, der zugleich Generaladministrator war, sowie ein Spezialadministrator der Ordensgüter. Der innere Kanzleirat bestand aus vier vom König ernannten Mitgliedern und befasste sich vor allem mit Rechtsangelegenheiten sowie der Güter- und Vermögensverwaltung.
1.05 Hofbankier:
Der zum Hofstaat zählende Kasseler Bankier Jordis-Brentano wickelte alle Finanzgeschäfte des Königs, seiner Familie und der königlichen Entourage in Privat- und Hofhaltungsangelegenheiten ab.
Auswärtiges
2.01 Ministerium des Staatssekretariats und der äußeren Angelegenheiten:
Der Minister des Staatssekretariats war der Erste Minister, der das Staatssiegel verwahrte, die Aufsicht über die Archive des Staates führte, alle Befehle des Königs gegenzeichnete und bekannt gab, mit den Reichsständen korrespondierte und die täglichen Rechnungsauszüge des Staatsschatzes verwahrte. Daneben verwaltete er alle Bereiche der äußeren Angelegenheiten und Beziehungen zu fremden Staaten, u.a. Einhaltung aller Staats- und Handelsverträge, Korrespondenz mit den westphälischen Gesandten in anderen Staaten und den fremden Gesandten in Westphalen.
Der am 17. November 1807 von Napoleon zum Minister-Staatssekretär ernannte Johannes v. Müller bat schon am 28. Dezember um seine Entlassung, die am 21. Januar 1808 erfolgte. Sein Nachfolger wurde am 26. Februar 1808 Pierre Alexandre Le Camus, Graf v. Fürstenstein.
Justizwesen
3.01 Ministerium der Justiz:
Gemäß Artikel 19 der Verfassung des Königreichs Westphalen vom 7. Dezember 1807 war ein gemeinsames Ministerium für das Justizwesen und die inneren Angelegenheiten gebildet worden, dessen Leitung zunächst provisorisch, dann definitiv dem französischen Staatsrat Siméon anvertraut wurde. Durch königliches Statut vom 23. Dezember 1808 wurden die beiden Ressorts mit Wirkung zum 1. Januar 1809 voneinander getrennt. Das Justizministerium verwaltete die gesamte Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit. Neben der Organisation und Beaufsichtigung der Gerichtshöfe, Tribunale und Friedensgerichte sowie des Notariats- und Hypothekenwesens oblag dem Ministerium die Begutachtung von Gnadensachen, von Fragen der Rechtsauslegung und von Gesetzesvorhaben sowie die Anzeige und Abstellung von Missständen im Justizwesen.
Siméon hatte das Amt des Justizministers vom 7. Dezember 1807 bis zum 12. Oktober 1813 inne. An diesem Tag nahm er seinen Abschied und kehrte nach Frankreich zurück. Sein Nachfolger wurde Gustav Anton v. Wolffradt.
Verwaltung des Inneren
4.01 Ministerium des Innern:
Das Innen- und Justizressort bildeten aufgrund von Artikel 19 der Verfassung des Königreichs Westphalen vom 7. Dezember 1807 zunächst ein gemeinsames Ministerium unter dem provisorisch berufenen französischen Staatsrat Siméon. Durch Statut vom 23. Dezember 1808 wurden mit Wirkung zum 1. Januar 1809 zwei getrennte Ministerien für Justiz und das Innere gebildet. Der Dienstaufsicht des Innenministers unterstanden die Präfekten, Unterpräfekten und Maires sowie das Rechnungswesen der Departements und Gemeinden. Ihm oblagen u.a. die Verwaltung der Gefängnisse und Zuchthäuser, der Hospitäler und Medizinalanstalten, der Baumschulen und Schäfereien, die Festlegung und Aufsicht über Maße und Gewichte, die Beaufsichtigung der öffentlichen Gottesdienste, die Sorge um das öffentliche Unterrichtswesen, die Universitäten, Museen und Theater, die Anfertigung von Bevölkerungstabellen und die allgemeine Landesstatistik sowie das gesamte öffentliche Bauwesen.
Auf den Minister Siméon folgte am 23. Dezember 1808 Gustav Anton v. Wolffradt, der am 12. Oktober 1813 das Justizministerium übernahm, worauf Karl August v. Malchus nachfolgte.
4.02 Generaldirektion des öffentlichen Unterrichts:
Zum Geschäftskreis der Generaldirektion zählten die Leitung und Oberaufsicht über alle Bereiche des öffentlichen Unterrichts, die Organisation der Universitäten, Lyzeen, Sekundär- und Primärschulen und anderer Unterrichtsanstalten, die obere Verwaltung der zu den allgemeinen Studienfonds gehörenden Güter, die Ernennung oder der Vorschlag zu den Ämtern des öffentlichen Unterrichts und zu den Verwalterstellen der dazu gehörenden Fonds, die Vergabe von Stipendien und Freitischen sowohl für die Universitäten wie auch für die Lyzeen sowie die Gewährung von Konskriptionsbefreiungen in ihrem Zuständigkeitsbereich. Generaldirektor war seit dem 21. Januar 1808 Johannes v. Müller, nach dessen Tod am 29. Mai 1809 Justus Christoph (Baron v.) Leist.

Bestandsgeschichte

Die westphälischen Registraturen wurden nach dem Zusammenbruch des Königreichs auf die Nachfolgestaaten aufgeteilt. Viele Akten mögen danach fortgeführt worden sein, andere sind mit Sicherheit zugrunde gegangen. Der unteilbare Rest verblieb in Kassel und gelangte im späten 19. Jahrhundert über das Staatsarchiv Marburg in das Geheime Staatsarchiv in Berlin. In Marburg blieben nur die Akten mit hessischem Betreff zurück.
Neben den vermutlich schon Ende des 19. Jahrhunderts formierten und verzeichneten Beständen bzw. Beständegruppen westphälischer Provenienzen ab Bestand 75 verblieb offenbar ein größerer Fonds ungeordneter Nachträge im Umfang von 21,75 m (Hessenmeter), denen einige über Ablieferungsverzeichnisse erschlossene Akzessionen von 1904 angefügt waren. Diese Nachträge wurden vermutlich 1938 vor dem Umzug des Staatsarchivs verpackt, wobei die Aktenschürzen durchweg die Aufschrift '79 a Generalintendant von Hessen' erhielten und nach dem Umzug entsprechend aufgestellt wurden. Erst im Zuge der im Jahre 2004 begonnenen Neuverzeichnung bzw. Überarbeitung der vorliegenden Verzeichnisse der westphälischen Bestände stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Bestand keineswegs um Akten des Generalintendanten von Hessen oder gar des Generalintendanten der kaiserlichen Domänen handelte, sondern um ungeordnete 'Westphälische Nachträge' , Akten und Amtsbücher fast aller westphälischen Behörden, deren Sitz im althessischen Anteil Westphalens lag. Der Bestand 79 a wurde daher aufgelöst und provenienzgerecht auf die Bestände 75 - 78 sowie 265/4 - 265/9 aufgeteilt.

Geschichte des Bestandsbildners

Kriegswesen
5.01 Kriegsministerium:
Die Bildung eines Kriegsministeriums erfolgte aufgrund von Artikel 19 der Verfassung des Königreichs Westphalen vom 7. Dezember 1807. Der Kriegsminister war für die Vollziehung aller einschlägigen Gesetze und Befehle des Königs verantwortlich. Ihm oblagen die Aushebung, Inspektion und Organisation der regulären westphälischen Armee, der königlichen Garde und Gendarmerie wie auch der Veteranenverbände, die Verwaltung aller militärischen Einrichtungen wie z.B. der Festungen, Hospitäler und Militärakademien sowie Besoldungs- und Pensionsangelegenheiten und das Kriegsgefangenenwesen.
Am 7. Dezember 1807 wurde der französische Generalgouverneur in Hessen Joseph Lagrange westphälischer Kriegsminister, dem schon nach einer Woche am 14. Dezember 1807 Joseph Morio nachfolgte. Von der Entlassung Morios im August 1808 bis zur Ernennung seines Nachfolgers Jean Baptiste Eblé im Oktober 1808 musste der Finanzminister v. Bülow das Kriegsministerium provisorisch mitversehen. Nach dem Ausscheiden Eblés übernahm am 1. Februar 1810 Philippe François Maurice d'Albignac, Graf v. Ried provisorisch das Amt. Ihm folgte nach einem kurzen Zwischenspiel des Justizministers Siméon im September am 29. September 1810 Valentin Salha, Graf v. Höne, nach, der bis zum Ende des Staates Minister blieb.
5.02 Generalkriegszahlmeister:
Der Generalkriegszahlmeister war Mitglied der Generalintendanz des Staatsschatzes und dort zuständig für die Bestreitung aller für die Aufstellung und Unterhaltung des Militärs erforderlichen Ausgaben.
5.03 Invalidenkasse:
Durch königliches Dekret vom 29. Juni 1808 wurde eine Invalidenkasse zur Bezahlung der Pensionen und Gnadengehälter für die ehemaligen Militärangehörigen errichtet. Die Führung und Verwaltung der Kasse erfolgte unter der Aufsicht des Kriegsministers durch einen fünfköpfigen Hauptverwaltungsrat. Dem Gremium gehörten der Gouverneur der Stadt Kassel, der Kommandant der Militärschule, der Generalrevenueninspektor, der erste Präsident des Appellationsgerichts und ein vom Kriegsminister vorgeschlagener Notar an.
Der Kriegszahlmeister war zugleich auch Schatzmeister der Invalidenkasse. Zu den der Invalidenkasse zugewiesenen Fonds zählten der dem Kriegsminister zugewiesene Etatposten 'Militär-Pensionen', ein zweiprozentiger Abzug von den Aufwendungen für die Verpflegung der westphälischen Armee, die bei Beförderungen von Offizieren und Militärverwaltungsbeamten zu erhebenden Gebühren, der Ertrag der Liegenschaften und anderen Besitzungen der Kasse sowie die militärischen Strafgelder. Aus den genannten Erträgen bestritt die Invalidenkasse die vierteljährlich fälligen Pensionen aller Militärangehörigen und die Gnadengehälter der Invaliden. Der Hauptverwaltungsrat war dem Kriegsminister alle drei Monate rechenschaftspflichtig.
5.04 Spezialkommission für Truppenverpflegung:
Die Spezialkommission war zuständig für die Verpflegung von Rekonvaleszenten im Marburger Schloss.
5.05 Direktion der Pulver- und Salpeterbereitung
Die durch ein Dekret vom 13. Dezember 1810 begründete Direktion führte die Aufsicht über Erzeugung, Behandlung und Handel mit Salpeter und Schießpulver. Seit der Gründung der Generaldirektion der Artillerie und des Geniewesens stand sie unter deren Aufsicht.
5.06 Generaldirektion der Artillerie und des Geniewesens (Direction générale d'artillerie et du génie):
Durch ein königliches Dekret vom 18. Februar 1812 wurden die Artillerie sowie das Kriegs- und Genie-Bauwesen zu einer Generaldirektion vereinigt, die im Hinblick auf die militärischen Arbeiten dem Kriegsminister, im Hinblick auf das Zivilbauwesen hingegen dem Innenminister unterstand. Zu ihrem Geschäftskreis zählten das Kommando über das Artillerie- und Geniekorps, die Ausrüstung der Artillerie, das Festungsbauwesen, der Bau und die Unterhaltung der Wege, Brücken und Kanäle sowie die Errichtung und Unterhaltung aller Militärgebäude.
Finanzwesen
6.01 Finanzministerium:
Das Ministerium für die Finanzen, den Handel und den öffentlichen Schatz wurde aufgrund des Artikels 19 der Verfassung des Königreichs Westphalen vom 7. Dezember 1807 gebildet. Dem Finanzminister oblagen der Vorschlag und die Durchführung aller Gesetze und königlichen Dekrete über die Ausschreibung, Erhebung und Verwaltung der direkten und indirekten Steuern, die Unterbreitung von Personalvorschlägen für die Ernennung aller Finanzbeamten, General- und Spezialerheber, das Kataster- und Münzwesen, die Tilgung der öffentlichen Schulden, die Verwaltung der Posten, Zölle und Lotterien, Domänen und Forsten, Bergwerke und Salinen, zeitweise der Brücken, Straßen und Wasserwege sowie die Förderung von Fabriken, Handel und Handwerk. Darüber hinaus hatte er alljährlich den Generaletat aller Einnahmen und Ausgaben zu formieren.
Der erste Finanzminister war Jollivet, dem im Februar 1808 Beugnot und schon im März Louis Pierre Edouard Bignon nachfolgten. Durch Dekret vom 8. Mai 1808 übernahm Ludwig Friedrich Viktor Hans v. Bülow das Amt bis zum 8. April 1811. Sein Nachfolger wurde Karl August v. Malchus.
6.02 Oberrechnungskammer:
Die aus einem Präsidenten, sechs Oberrechnungsräten, zwölf Referendaren und einem Sekretär bestehende und in zwei Sektionen unterteilte Oberrechnungskammer empfing und überprüfte alle Rechnungen der Verwalter öffentlicher Gelder. In der ersten Sektion wurden u.a. die Rechnungen der General- und Kreiseinnehmer, der Salz-, Berg- und Hüttenwerkskassierer, Domänendirektoren und Gemeindeerheber, in der zweiten Sektion die Rechnungen der Domänen- und Forsterheber, Postdirektoren und -verwalter, des Generalkassierers, -zahlmeisters und -kriegszahlmeisters und der Amortisationskasse geprüft. Bezüglich der Ausübung ihrer Amtsbefugnisse war die Oberrechnungskammer unabhängig von allen anderen Verwaltungsbehörden des Königreichs. Unterließ oder versäumte ein Beamter die Rechnungslegung zum festgesetzten Termin, so konnte die Kammer das gesetzlich festgelegte Strafgeld gegen ihn verhängen. Entscheidungen der Oberrechnungskammer konnten innerhalb von drei Monaten vor dem Staatsrat angefochten werden. Am Jahresende erstattete der Präsident des Gremiums dem König einen Bericht über alle untersuchten Rechnungen, in welchem gegebenenfalls auch Vorschläge zur Verbesserung des Rechnungswesens unterbreitet werden konnten.
6.03 Öffentlicher Schatz, Generaldirektion des Königlichen Schatzes, Generalintendanz des Staatsschatzes:
Durch königliches Dekret vom 14. Dezember 1807 wurde die Organisation des Öffentlichen Schatzes verfügt, der der Aufsicht des Finanzministers unterstand. Das Gremium bestand zunächst aus drei Verwaltern, einem Generalkassierer und einem Generalzahlmeister. Die eingehenden Gelder wurden in einer Kasse mit drei verschiedenen Schlössern deponiert. Am 17. November 1808 wurde eine Generaldirektion des Königlichen Schatzes unter einem Staatsrat als Generaldirektor eingerichtet, dem hinfort die drei Administratoren, der Generalkassierer, der Generalzahlmeister sowie zwei Kassenkontrolleure und drei Inspektoren untergeordnet waren. Ein Administrator führte die Aufsicht über die Einnahmen, der zweite über die Ausgaben und der dritte über die Erhebung des Debits der Rechnungsbeamten. Die alltäglich zu erstellenden Situationsetats der Kassen wurden dem Generaldirektor und über diesen dem Finanzminister zugestellt. Die Distriktseinnehmer und alle Rechnungsführer, deren Fonds unmittelbar dem königlichen Schatz zugute kamen, hatten dem Generaldirektor allwöchentlich Situationsetats ihrer Kassen einzusenden. Letzterer wiederum hatte dem Finanzminister, sooft dieser es verlangte, über den Zustand der öffentlichen Kassen und ihrer Einkünfte Bericht zu erstatten und einmal pro Monat über die Geschäftsführung aller Rechnungsführer und den Zustand ihrer Kassen Rechenschaft abzulegen.
Die Generalintendanz des Staatsschatzes wurde durch ein königliches Dekret vom 11. November 1811 errichtet. Sie vereinigte in sich die Befugnisse und Geschäfte der Generaldirektion des Staatsschatzes und der Amortisationskasse sowie die Liquidation und Eintragung der öffentlichen Schuld. Der Generalintendant arbeitete in seinem Geschäftsbereich unmittelbar mit dem König zusammen. Alle drei Monate sandte er ein Verzeichnis seiner Transaktionen an den Finanzminister, dem er auch alle Etats und Belege zukommen ließ, die letzterer von ihm anforderte. Dem Generalintendanten unterstanden drei Administratoren für die Einnahmen, Ausgaben und das Rechnungswesen, zwei Generalzahlmeister, ein Inspektor des Schatzes, ein Generalkassierer, die Liquidationskommission und Spezialkommissare zur Tilgung der Staatsschuld. Die dem Finanzminister unterstehenden, mit der Erhebung der Staatseinkünfte betrauten Beamten wurden in Bezug auf die Rechnungen, die sie über die an den Staatsschatz abzuliefernden Beträge zu führen hatten, vom Generalintendanten instruiert. Alle Staatseinkünfte wie auch die Depositen- und Kautionsgelder flossen in die Kassen des Schatzes. Der Generalintendant hatte darüber hinaus auch alle Debets der Rechnungsbeamten und Schuldner des Schatzes eintreiben zu lassen. Er stellte die Rechnungen der Generaleinnehmer, Zahlmeister, Unternehmer, Lieferanten und anderer Personen fest, die vom Staatsschatz zum öffentlichen Dienst bestimmte Gelder erhalten hatten, visierte die ministeriellen Anweisungen und verordnete gemäß den königlichen Dekreten und Entscheidungen alle zur Bestreitung der Ausgaben notwendigen Geldumsetzungen und Verhandlungen.
6.04 Generalkasse des Staatsschatzes:
Die Generalkasse unterstand der Generaldirektion des Staatsschatzes, dann der Generalintendanz des Staatsschatzes. Sie war das Zentrum aller Einnahmen und Ausgaben des Staates. Alle Zahlungsanweisungen der Ministerien gingen, versehen mit dem Genehmigungsvermerk des Generalintendanten des Staatsschatzes an den Generalzahlmeister zurück und wurden, soweit es Auszahlungen in Kassel betraf, mit dessen Zahlungsanordnung versehen durch den Kassierer der täglichen Ausgaben direkt bezahlt. Vgl. 6.05.
6.05 Generalzahlmeister der verschiedenen Ausgaben:
Der Generalzahlmeister der verschiedenen Ausgaben unterstand dem Generalintendanten des Staatsschatzes und hatte alle Staatsausgaben mit Ausnahme der Aufwendungen für das Militärwesen zu bestreiten.
6.06 Amortisationskasse:
Die durch das Gesetz vom 14. Juli 1808 über die Tilgung der öffentlichen Schuld des Königreichs Westphalen gebildete, vom Finanzministerium zu beaufsichtigende Amortisationskasse stand unter der Direktion eines Staatsrats. Diesem wiederum waren ein Generalschatzmeister und ein Kontrolleur unterstellt, welche die der Kasse überwiesenen Fonds zu erheben und aus deren Ertrag die Nationalschuld zu bezahlen hatten. Jährlich sollte der Kasse die Summe von vier Millionen Francs zur Tilgung von Zinsen und immerwährenden Renten sowie zur sukzessiven Kapitalabtragung ausgesetzt werden. Dieser Betrag sollte u.a. aus einer von allen Einwohnern des Königreichs nach Klassen zu erhebenden Personalsteuer aufgebracht werden. Außerdem hatte der Direktor der geistlichen Güterverwaltung über einen Zeitraum von zehn Jahren jährlich 500.000 Franken an die Amortisationskasse zu überweisen. Die der Kasse zugewiesenen Fonds durften nicht mit den übrigen Revenuen des Staates vermischt werden. Bezüglich der Personalsteuererhebung waren die General-, Domänen- und Kantonserheber nur dem Staatsrat unterstellt. Der Direktor der Amortisationskasse hatte dem Finanzminister monatlich einen Extrakt über den Zustand der Kasse vorzulegen. Am 21. November 1811 wurde die Amortisationskasse mit der Generaldirektion des Königlichen Schatzes zu einer Behörde unter dem Titel Generalintendanz des öffentlichen Schatzes zusammengefasst. Die Reichsschuldentilgungskasse ist identisch mit der Amortisationskasse.

Enthält

Akten und wenige Amtsbücher westphälischer Zentralbehörden, auch der Weserdivision, die eine mittlere Departement übergreifende Einrichtung der Bergverwaltung war. Es handelt sich, von Ausnahmen abgesehen, nur um die Teile der westphälischen Überlieferung, die einen örtlichen Bezug zu Hessen haben. Zum Bestand gehören weiterhin einige Akten kaiserlich französischer Behörden, insbesondere aus verschiedenen Ebenen der Verwaltung der an Kaiser Napoleon gefallenen Domänen.

Literatur

Almanach Royal de Westphalie pour l'an ..., Kassel 1810-1813 bzw. Königlich Westphälischer Hof- und Staatskalender auf das Jahr 1812, Kassel 1812

Bulletin des Lois du Royaume de Westphalie (Gesetz-Bülletin des Königsreichs Westphalen), Kassel 1808-1813

Berding, Helmut: Napoleonische Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westfalen (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 7), Göttingen 1973 ·

Berding, Helmut: Napoleonische Herrschaft zwischen Okkupation und Staatsneubildung. Die Regentschaft in Kassel, in: Staat, Gesellschaft, Wissenschaft. Beiträge zur modernen hessischen Geschichte, hrsg. v. Winfried Speitkamp (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 55), Marburg 1994, S. 7-21 ·

Goecke, R.: Das Königreich Westphalen. Sieben Jahre französische Fremdherrschaft im Herzen Deutschlands 1807-1813, vollendet und hrsg. von Th. Ilgen, Düsseldorf 1888 ·

Kleinschmidt, Arthur: Geschichte des Königreichs Westphalen, Gotha 1893 ·

Kohl, Wilhelm und Richtering, Helmut Richtering (Bearb.): Das Staatsarchiv Münster und seine Bestände. I, Behörden der Übergangszeit 1802-1816, Münster 1964, S. 129ff. ·

Lünsmann, F: Die Armee des Königreichs Westfalen 1807-1813, Berlin 1935 ·

Muras, Udo: Reaktionen auf die napoleonische Herrschaft im Werra-Departement des Königreichs Westfalen 1807-1813, Marburg 1992 (Magisterarbeit) ·

Rob, Klaus (Bearb.): Regierungsakten des Königreichs Westphalen 1807-1813 (Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten, 2), München 1992 ·

Sauer, J.: Finanzgeschäfte der Landgrafen von Hessen-Kassel. Ein Beitrag zur Geschichte des kurhessischen Haus- und Staatsschatzes und zur Entwicklungsgeschichte des Hauses Rothschild, Fulda 1930 ·

Tulard, J.: Der 'Domaine extraordinaire' als Finanzierungsinstrument napoleonischer Expansion, in: H. Berding (Hrsg.), Napoleonische Herrschaft und Modernisierung, in: Geschichte und Gesellschaft 6, 1980, S. 490-499 ·

Weidemann, Johannes: Neubau eines Staates. Staats- und verwaltungsrechtliche Untersuchung des Königreichs Westphalen (Schriften der Akademie für Deutsches Recht), Leipzig 1936 ·

Weinrich, Friedrich: August von Trott. Westfälischer Unterpräfekt in Eschwege 1808-1809, in: Das Werraland 8 (1956), S. 46f.

Kaiserlich französische Einrichtungen
8.01 Generaldirektion der kaiserlichen Domänen
Der Generaldirektion der kaiserlichen Domänen oblag die Verwaltung der gemäß den Bestimmungen des Berliner Vertrags vom 28. April 1808 dem Kaiser der Franzosen für seine Dotationen zugeteilten Güter, und zwar sowohl der schon an private Besitzer vergebenen wie auch der noch dem Kaiser gehörenden Domänen. Die bis dahin gemeinsame französisch-westphälische Administration wurde am 17. Mai 1808 in eine reguläre französische Verwaltungsbehörde im Königreich Westphalen umgewandelt. An ihrer Spitze standen ein Generaldirektor und ein Generaleinnehmer, die beide vom Generalintendanten der Großen Armee ernannt wurden und unmittelbar seinen Befehlen unterstanden. Für das Fulda- und Werradepartement wurde eine Domänendirektion in Kassel eingerichtet, die Abgaben eintrieb, Naturalien versteigerte und die Pachten erneuerte.
8.02 Inspektion der außerordentlichen kaiserlichen Domänen:
Bei dieser Behörde handelte es sich vermutlich um eine Unterabteilung der sog. 'Domaine extraordinaire de la couronne', eines Eckpfeilers im Finanzierungsgebäude des Kaiserreichs. Der Schatz wurde gespeist durch Kriegskontributionen und Güterkonfiskationen in den eroberten Gebieten. Der Inspektor der außerordentlichen kaiserlichen Domänen arbeitete eng zusammen mit dem Direktor der kaiserlichen Domänen im Fulda- und Werradepartement (s. Bestand 76 l).
8.03 Dotationsdirektion:
Die Dotationsdirektion ist vermutlich mit der Generaldirektion der kaiserlichen Domänen identisch oder eine 1810/11 entstandene neue Behörde, die sowohl die Generaldirektion wie auch die Kaiserliche Domänendirektion für das Fulda- und Werradepartement ersetzte. Es finden sich neben der Behördentitulatur 'Administration des Dotations de 4e et 5e Classe en Westphalie', Stempel mit der Inschrift 'Direction des Dotations Impériales. Société de Westphalie' auch die Bezeichnungen des Direktors als 'Direktor und Administrator der kaiserlichen Domänen' und 'Direktor der Regie kaiserlich französischer Domänen'
8.04 Administration générale du pays conquis entre l'Elbe et le Rhin:
Nach dem Sieg über Preußen und der Ausdehnung des französischen Herrschaftsbereichs auf den gesamten Norden Deutschlands setzte Napoleon Ende Oktober 1806 eine Generalverwaltung für die eroberten Gebiete zwischen Rhein und Elbe ein. An der Spitze dieses Besatzungs- und Kontributionsregimes standen ein Generalgouverneur und ein Intendant.

Findmittel

Arcinsys-Datenbank

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang

47,33 MM

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

6.07 Generalschuldenliquidationskommission:
Durch Gesetz vom 14. Juli 1808 wurde eine Einrichtung zur Tilgung der öffentlichen Schuld des Königreichs errichtet, die vom Generaldirektor der Amortisationskasse als Generalliquidator geleitet wurde. Seine Hauptaufgabe war die Liquidation aller Hypothekenschulden, seien sie auf Domänen oder Kassen der verschiedenen Landesteile des Königreichs verschrieben. Das Dekret vom 22. November 1811, das auch die Amortisationskasse mit der Generaldirektion des Königlichen Schatzes zur Generalintendanz des Staatsschatzes vereinigte, wies diese Aufgabe einer innerhalb der Generalintendanz gebildeten Liquidationskommission unter dem Vorsitz des Generalintendanten zu. Die Spezialschuldenliquidationskommissionen arbeiteten unter seiner Leitung weiter.
6.08 Spezialschuldenliquidationskommissionen:
Die von den Gemeinden der Vorgängerstaaten des Königreichs Westphalen zur Bestreitung der Kriegslasten aufgenommenen Schulden wurden nicht als öffentliche oder Staatsschulden anerkannt, sondern durch ein königliches Dekret vom 2. Mai 1808 zu Arrondissements- bzw. Gemeindeschulden deklariert. Für jede vormalige Provinz des Königreichs wurden zwei besondere Liquidatoren bestellt; der eine sollte möglichst aus den Mitgliedern der vormaligen landständischen Korporation, der zweite aus den Bediensteten der mit diesen Angelegenheiten vormals befassten Verwaltungsbehörde ausgewählt werden. Gemeinsam mit den Präfekten hatten sie genaue Erkundigungen über die Beschaffenheit der Schulden einzuziehen, die Tilgungsfonds zu ermitteln, den Zustand der Kassen zu untersuchen und dem Generalliquidator alle diesbezüglichen Informationen zuzuleiten. Über den Fortgang ihrer Arbeiten waren sie dem Finanzminister vierzehntäglich rechenschaftspflichtig.
6.09 Hessische Kriegskasse:
Aus der Kriegskasse verlieh der Landgraf von Hessen-Kassel, einer der größten Gläubiger Europas, die aus den mit England geschlossenen Subsidienverträgen erzielten Erlöse an verschiedene hessische und außerhessische Korporationen und Privatpersonen, vor allem aber auch an deutsche und außerdeutsche Fürsten und Herren. Die Kapitalien und Originalobligationen konnten nach der Okkupation des Kurfürstentums 1806 vor dem Zugriff der französischen Besatzer gerettet werden. Franzosen wie auch westphälische Behörden fahndeten gleichwohl intensiv nach dem Verbleib der Gelder und Schuldverschreibungen, um sie mit Beschlag belegen bzw. eintreiben zu können. Im Frühjahr 1808 konfiszierte Napoleon unter Berufung auf das Eroberungsrecht die Außenstände des exilierten Kurfürsten zugunsten des 'Domaine extraordinaire de la couronne', seines wichtigsten Kriegsfinanzierungsinstruments. Seinem in Kassel regierenden Bruder verblieben lediglich die Außenstände westphälischer Untertanen.
6.10 Generaldirektion der Domänen:
Die Generaldirektion der Domänen ging aus der am 29. März 1808 gegründeten Generalverwaltung der Domänen, Gewässer und Forsten hervor. Am 15. März 1810 wurde die Verwaltung der Staatsdomänen von der der Forsten und Gewässer getrennt. Die Behörde war mit der Verwaltung der Einkünfte derjenigen Güter beauftragt, die gemäß den Bestimmungen des Berliner Vertrags vom 28. April 1808 dem König von Westphalen zugeteilt worden waren. Darüber hinaus hatte sie seit dem 1. Dezember 1810 die mit den Staatsdomänen vereinigten Güter der Stifter, Klöster und anderer aufgehobener Stiftungen zu erhalten und zu verwalten. Die Generaldirektion ordnete und beaufsichtigte den Verkauf von Domänengütern und die Ablösung der dem Staat zukommenden Renten und Grundabgaben. Auch die Verwaltung der Güter der aufgehobenen Gilden und Zünfte fiel in ihren Zuständigkeitsbereich.
6.11 Generaldirektion der direkten Steuern:
Die dem Finanzministerium unterstehende, aus einem Direktor und vier Inspektoren bestehende Generaldirektion wurde ebenso wie entsprechende Departementaldirektionen durch ein königliches Dekret vom 29. März 1808 errichtet. Der Behörde oblagen Anlage, Repartition und Erhebung der direkten Steuern sowie die Bescheidung aller einschlägigen Gesuche. Zu ihren Hauptaufgaben zählten die Sammlung und Umarbeitung aller Kataster und die Anfertigung neuer Steuerrollen. Am 16. April 1811 wurde die Generaldirektion wieder aufgehoben und in ein Büro des Finanzministeriums umgewandelt.
6.12 Generalverwaltung der indirekten Steuern:
Die durch Dekret vom 5. Dezember 1808 gebildete Generalverwaltung unterstand dem Finanzministerium. Ein Direktor und mehrere Inspektoren hatten für die Feststellung und Erhebung der indirekten Steuern, d.h. der Verbrauchssteuern, des Salzregals und der Stempelgefälle, zu sorgen.
6.13 Generaladministration der Berg-, Hütten- und Salzwerke:
Die durch ein königliches Dekret vom 27. Januar 1809 gebildete Behörde unterstand dem Finanzministerium. Sie überwachte die Verwaltung der königlichen Berg-, Hütten- und Salzwerke und in Ausübung des Berg- und Salzregals auch die in Privatbesitz befindlichen Werke. Das Gremium bestand aus einem Generaldirektor, vier Generalinspektoren und einem Kontrolleur des Rechnungswesens. Der Generaldirektor kontrollierte die Geschäftsführung der Berghauptleute, die alle drei Monate Bericht zu erstatten hatten. Einmal pro Jahr wurden die Berghauptleute nach Kassel berufen, um unter dem Vorsitz des Generaldirektors über die Haushaltspläne sowie über alle in das Ressort einschlagenden Angelegenheiten zu beraten. Ein Generalinspektor nahm die Aufgaben eines Generalsekretärs der Administration wahr, während die übrigen mit Vorträgen, Spezialuntersuchungen und Inspektionsreisen betraut waren. Im Oberbergamt besaßen sie nur eine konsultative Stimme.
Als mittlere Stufe waren zwischen die Generaldirektion und die Bergarrondissements (Bergämter) noch die Bergdivisionen (Berghauptmannschaften) geschaltet. Es gab im Königreich drei Bergdivisionen: Elbedivision, Harzdivision und Weserdivision (siehe 6.18).
6.14 Generalverwaltung der Wege, Brücken und öffentlichen Gebäude:
Die Generalverwaltung wurde am 1. August 1809 als Zentralinstanz zur Administration des Bauwesens errichtet. Der Generaldirektor leitete zugleich auch die Generaladministration der Berg-, Hütten- und Salzwerke. Ihm oblagen die Inspektion und Aufsicht über alle Gegenstände der Bauverwaltung. Die Minister, in deren Wirkungskreis die jeweiligen Bauvorhaben fielen, ließen dem Generaldirektor die entsprechenden Anweisungen zukommen. In Kassel wurde ein aus dem Generaldirektor, einem Generalinspektor, einem Oberbaurat, zwei Baumeistern, einem Sekretär und zwei Bauinspektoren bestehender Oberbau- oder Generalrat errichtet. Das Gremium hatte Vorschläge und Pläne zu den verschiedenen Bauvorhaben zu unterbreiten, und zwar sowohl in technischer Hinsicht wie auch bezüglich des Rechnungswesens, und ein Votum in allen das Bauwesen betreffenden Verwaltungsstreitsachen abzugeben. Zur Herstellung und Unterhaltung der Brücken, Häfen und Schleusen wurden zwei Strombaumeister in Magdeburg und Minden bestellt. Darüber hinaus war in jedem Departement ein Departementsbaumeister, in jedem Distrikt ein Distriktsbaumeister angestellt. Per Dekret vom 16. April 1811 wurde die Generalverwaltung wieder von der mit ihr personell verbundenen Verwaltung der Berg- und Hüttenwerke getrennt und bildete fortan eine Abteilung des Innenministeriums.
Nach der Bildung der Generaldirektion der Artillerie und des Geniewesens am 18. Februar 1812 und dem Übergang der Zuständigkeit für Wege, Brücken und Kanäle auf diese, blieben der Generalverwaltung nur noch die öffentlichen Gebäude. Die Behördenbezeichnung wurde entsprechend auf Generaladministration der öffentlichen Gebäude reduziert.
Vor der Errichtung der Generalverwaltung der Wege, Brücken und öffentlichen Gebäude hatte hinsichtlich der Verwaltung der Straßen, Brücken und Wege die kurhessische Oberwegekommission als westphälische Behörde fortbestanden, beschränkte sich in ihrer geographischen Zuständigkeit aber vermutlich auf das althessische Gebiet.
6.15 Generalverwaltung der fahrenden und reitenden Posten:
Durch ein königliches Dekret vom 11. Februar 1808 wurde in Kassel eine dem Finanzministerium unterstellte Generalverwaltung der Posten eingerichtet, die aus einem Generaldirektor, drei Inspektoren, einem Generalsekretär und einem Generalkassierer bestand. Dem Generaldirektor oblag die Verwaltung des gesamten Postwesens sowohl innerhalb des Königreichs wie auch gegenüber dem Ausland. Der Generaldirektion unterstanden Kreispostdirektoren, denen wiederum mehrere Postämter, Postexpeditionen und Posthaltereien zugeordnet waren.
6.16 Generalverwaltung der Forsten und Gewässer:
Die zum Finanzressort gehörende, ursprünglich mit der Domänenverwaltung verbundene Administration der Forsten und Gewässer wurde durch ein königliches Dekret vom 15. März 1810 verselbständigt. Dem Generaldirektor unterstanden fünf Generalinspektoren, sechs für bestimmte Distrikte zuständige Konservationen, die wiederum in verschiedene Forstinspektionen unterteilt waren, sowie die Forstschule.
6.17 Generaldirektion der geistlichen Güter (Direction générale des économats):
Die Generaldirektion der geistlichen Güter wurde durch ein Dekret vom 5. Februar 1808 errichtet zur Überwachung der Güterverwaltung der geistlichen Stifter, Klöster usw., die u.a. ein Zehntel ihrer Einkünfte an die Amortisationskasse zu liefern hatten. Durch Personalunion des Generaldirektors Staatsrat v. Coninx mit der Generaldirektion der Krondomänen und Kapitalien innerhalb der Intendanz des Königlichen Hauses verbunden, kam es offenbar schon früh auch zu einer organisatorischen Verbindung, die sich in den verwendeten Titulaturen 'Generaldirektor der Kapitalien und der geistlichen Güter', Generaldirektor der Krondomänen und der geistlichen Güter oder auch 'Generaldirektion der Krondomänen, der Kapitalien und der geistlichen Güter' niederschlugen. Das Dekret vom 1. Dezember 1810 hob alle unter der Aufsicht der Generaldirektion stehenden Einrichtungen mit Ausnahme der dem öffentlichen Unterricht gewidmeten Stiftungen und des Stifts Wallenstein auf. Ihre Besitzungen wurden mit den Staatsdomänen vereinigt. Das Edikt vom 5. Februar 1808 und damit die Generaldirektion der geistlichen Güter wurde aufgehoben.
Die verbleibende Generaldirektion der Domänen (und Kapitalien) der Krone ging in der Folge in der Intendanz des Königlichen Hauses auf, bediente sich aber noch am 1. Mai 1811 eines Siegels mit der Inschrift: Direction générale des Domaines de la Couronne et des Economats und der Umschrift : Royaume de Westphalie. (Siehe 1.02)
6.18 Berghauptmann der Weserdivision
Bei der Organisation der Berg-, Hütten- und Salzverwaltung durch ein königliches Dekret vom 27. Januar 1809 wurden unterhalb der Generaldirektion für ganz Westphalen als Mittelstufe drei Bergdivisionen mit regionaler Zuständigkeit unter Berghauptleuten eingerichtet. Sitz der Harzdivision war Clausthal und Rothenburg (Saale) Sitz der Elbedivision, während die Weserdivision zunächst ihren Sitz in Richelsdorf hatte und ihn später nach Karlshafen verlegte. Die Weserdivision umfasste alle Gebiete westlich der Weser und der Werra einschließlich der Schmalkaldener Kantone bis zu den jeweiligen Landesgrenzen.
Staatsrat
7.01 Staatsauditeur, Sektion der Finanzen:
Der nur mit beratenden Funktionen ausgestattete Staatsrat des Königreichs Westphalen war in drei Sektionen unterteilt. Gemäß Artikel 22 der westphälischen Verfassung hatte die Finanzsektion alle einschlägigen Gesetze zu entwerfen. Diese sollten anschließend der entsprechenden Sektion der Reichsstände zur Diskussion und gemeinsamen Beratung zugeleitet werden. Änderungs- und Ergänzungswünsche der Stände sollten abschließend noch einmal im Staatsrat unter dem Vorsitz des Königs beraten werden. Innerhalb des Staatsrat bestanden über die Sektionen hinaus die Bittschriftenkommission und seit dem 4. September 1811 die Kommission der Adelstitel. Darüber hinaus fungierte der Staatsrat als Kassationshof des Königreiches.