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HStAM Bestand 29 d

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Zivil-Witwen- und Waisenkommission

Laufzeit

(1824-)1828-1926

Siehe

Korrespondierende Archivalien

Bestände 16, 29 b, 29 f , 86 und 165

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

Die Geschichte des Bestandes im Archiv nachzuvollziehen, gestaltet sich schwierig. Eine eigene
Dienstakte für die Zivil-Witwen- und Waisenkommission bzw. die Zivil-Witwen- und Waisengesellschaft existiert nicht. Erste Teile des Bestands kamen 1888 mit einer Ablieferung der
Zivil-Witwen- und Waisenkommission ins Haus. Die Ablieferung umfasste 524 Aktenstücke. Der Vermerk „Verzeichnis entnommen“ im Akzessionsjournal belegt, dass es zu dieser Abgabe ein Abgabeverzeichnis gegeben hat. Vermutlich handelt es sich hierbei um das im Archiv vorhandene „Repertorium über die bei Kurfürstlicher Civil-Witwen- und Waisenkommission vorhandenen Akten.“ Dieses umfasst jedoch nicht alle an das Archiv abgegebenen Unterlagen, da es bereits 1864 durch den Sekretär Lettré geschlossen wurde. Zudem sind insgesamt nur 158 Akten, allerdings teilweise mit mehreren Fascikeln, in dem Verzeichnis aufgenommen, von denen auch einige mit dem Vermerk „fehlt“ versehen und somit vermutlich nicht abgegeben wurden. Wann die restlichen Akten in das Archiv gelangten, ist unklar. Vermutlich kamen sie mit einer der Ablieferungen der Regierung Kassel ins Haus. Abgabelisten hierzu waren entweder von Anfang an nicht vorhanden oder gingen im Laufe der Zeit verloren. Im Archiv wurde der Bestand grob geordnet und zu Paketen zusammengefasst. Zu einem späteren Zeitpunkt fand eine Verpackung in Archivkartons statt. Hierbei wurde die Nummer des ursprünglichen Pakets aufgenommen.

Geschichte des Bestandsbildners

Die Zivil-Witwen- und Waisengesellschaft wurde mit Verordnung vom 29. März 1827 gegründet. In ihr sollten alle öffentlichen, zivilen Diener, die über mehr als 200 Taler ordentliches Einkommen verfügten und vom Landesherrn, einem Ministerium oder einer oberen Behörde auf Lebenszeit ernannt wurden, eintreten, sofern sie nicht bereits zu einer anderen öffentlichen Witwenanstalt beigetreten bzw. zum Beitritt verpflichtet waren. Der Familienstand der Beamten spielte hierbei keine Rolle. Ärzte, Tierärzte und Lehrer, die öffentlich angestellt waren, jedoch keine 200 Taler ordentliches Einkommen besaßen, konnten bis zu ihrem 45. Lebensjahr bei der Kommission, die mit der Leitung der Gesellschaft betraut war, den Beitritt beantragen. Hierfür waren jedoch die Zahlung eines Einkaufsgeldes und ein ärztliches Gesundheitszeugnis, ebenso wie ein Taufschein für sich und die etwaige Ehefrau und eine Offenlegung des Einkommens nötig.
Zur Leitung der Geschäfte wurde eine zweiköpfige Kommission bestellt. Diese unterstand der
Oberaufsicht des Ministeriums des Innern. Neben der Kommission bestand ein Ausschuss aus 12 in
Kassel lebenden Mitgliedern der Gesellschaft, der in wichtigen Fragen, vor allem wenn es um die
Änderung gesetzlicher Bestimmungen für die Gesellschaft ging, angehört werden musste. Ferner
wurden für die vier Provinzhauptstädte jeweils ein Rechnungsführer und ein Kontrolleur eingesetzt.
Bei Bedarf konnten diese durch Kontrolleure und Rechnungsführer in den Kreishauptstädten ergänzt werden.
Mit der Zeit wurde der Zuständigkeitsbereich der Gesellschaft, etwa durch die Zusammenlegung mit anderen Kassen, wie der Witwenkasse der Residenzpolizei, immer weiter ausgedehnt.
Die Finanzierung der Gesellschaft war zunächst durch Mitgliedsbeiträge und das gewinnbringende Anlegen der Überschüsse durch die Kommission vorgesehen. Seit 1840 konnten auch die nicht anderweitig benötigten Depositen, die unbekannten oder ihrem Wohnort nach unbekannten Personen gehörten und seit über zehn Jahren bei den Depositenkassen aufbewahrt wurden, für die Finanzierung zeitweise zinsfrei genutzt werden. 1856 wurden die Statuten der Zivil-Witwen- und Waisengesellschaft geringfügig verändert.
Größere Umwälzungen traten jedoch erst mit dem Ende des kurhessischen Staates ein. Während am Anfang noch die Hoffnung bestand, die Gesellschaft in ihrer bisherigen Form weiterführen zu
können, wurde schnell deutlich, dass dies unter den veränderten politischen und verwaltungstechnischen Bedingungen nicht möglich sein würde. Im September 1867 wurden neue
Eintritte in die Gesellschaft untersagt. Parallel dazu war es unverheirateten Mitgliedern nun erlaubt,
die Gesellschaft zu verlassen. 1868 wurde das Vermögen der Gesellschaft größtenteils zur
Staatskasse eingezogen. Die Beiträge waren jetzt ebenfalls an diese zu entrichten, die Pensionen wurden aus ihr bezahlt. 1882 wurde für ganz Preußen eine Hinterbliebenenversorgung per Gesetz
festgeschrieben. Mitgliedern in den Landeswitwenanstalten wurde der Austritt aus ihren jeweiligen
Organisationen und der Eintritt in das neu geschaffene System gestattet. Auch die Zivil-Witwen- und Waisenkommission war hiervon betroffen. Mit dem Verlust der Mitglieder ging ein zunehmender Verlust von Personal und Kompetenzen einher. Dennoch bestanden die Gesellschaft und die sie leitende Kommission weiter fort und lässt sich auch 1930 noch nachweisen.

Enthält

Sachakten zu Mitgliedern, Kapitalverwaltung, Rechnungen

Literatur

Dieckhoff, Ute: Zwischen Almosen und Versicherung – Untersuchungen zur Geschichte der
Witwenversorgung (1500-1900), Darmstadt 2017 (= Quellen und Studien zur Hessischen Kirchengeschichte, Band 27)

Wunder, Bernd: Pfarrwitwenkassen und Beamtenwitwen-Anstalten vom 16.-19. Jahrhundert – Die
Entstehung der staatlichen Hinterbliebenenversorgung in Deutschland, in: Zeitschrift für Historische Forschung, Band 12, Heft 4 (1985), S. 429-498.

Findmittel

Arcinsys-Datenbank

1,25 MM unerschlossen

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang

4,00 MM

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Letzte Aktualisierung: 07.11.2019