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HStAM Bestand 26 a

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Obere Medizinalbehörden

Laufzeit

(1616-) 1706-1868 (-1885)

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Der Mischbestand umfasst bei vier aufeinander folgenden Behörden entstandene Dokumente. Landgraf Moritz der Gelehrte erließ 1616 die erste hessische Medizinalordnung, die zur Gründung des Collegium Medicum (1616-1816) führte.
Das Collegium war eine medizinische Aufsichtsbehörde in Kassel. Seine Mitglieder überwachten die Zulassung und Ausbildung des medizinischen Personals (Ärzte, Chirurgen, Apotheker, Hebamme). Es bestrafte Laien, die unberechtigt medizinische Behandlungen ausführten, und auch Verstöße des lizensierten Personals gegen die Medizinalordnung. Auch beobachtete und bekämpfte es Seuchen. 1767 und 1778 erließ die Landgrafschaft jeweils reformierte Medizinalordnungen, welche die beruflichen Pflichten noch detaillierter regelten. An Aufgaben kamen bis 1816 noch die Stellung von gerichtsmedizinischen Gutachten, Leichenschauen und die Organisation des Lazarettwesens hinzu. Außerdem beteiligte und organisierte das Collegium Medicum die Pockenimpfung ab mindestens 1802.
Im Königreich Westphalen blieb es als Oberbehörde weiterbestehen und war dementspechend von 1808-1813 kurzfristig für ein größeres Territorium zuständig.
Nachfolgebehörde war das Obersanitätskollegium (1816-1821). Durch die Namensänderung kam es jedoch nicht zu Veränderungen innerhalb der Behörde, der Aufgabenkreis blieb der gleiche und auch die personelle Kontinuität wurde gewahrt. Ab 1767 wurde eine neue Behördenstruktur im Medizinalwesen geschaffen: dem Collegium Medicum untergeordnete und mit ähnlichen Funktionen versehene Mittelbehörden waren die Medizinaldeputationen. Diese gab es zunächst in Marburg und Rinteln, ab 1797 in Hanau und ab 1817 in Fulda. Auf der untersten Stufe existierten zahlreiche 'Physikate'.
Mit dem Organisationsedikt von 1821 (§ 69) wurde als 'obere ratende und aufsehende Behörde für die Angelegenheiten der Gesundheitspflege' das Obermedizinalkollegium zu Kassel geschaffen. Seine Funktionen ähnelten jenen der Vorgängerbehörden, weiteten sich aber noch aus.
Weiterhin sollte dieses Kollegium die Disziplin über das ganze zu seinem Wirkungskreis gehörige Personal ausüben. Doch jetzt wurde ein regelmäßiges Berichtswesen für die Ärzte, Chirurgen und Tierärzte eingeführt, um den Zustand des Medizinalwesens besser kontrollieren zu können. Regelmäßige Berichte enthielten ebenso Informationen über die getätigten medizinischen Leistungen und auftretende Krankheiten bei Menschen oder Tiere wie über die jeweilige Witterung. Die Struktur der nachgeordneten Behörden wurde leicht verändert. In der Hauptstadt jeder Provinz (Kassel, Marburg, Hanau, Fulda) wurde ein Medizinalverein (bzw. ab 1827 wieder Medizinaldeputation) gebildet, der neben der Erteilung von Gutachten und gerichtsärztlichen Befundscheinen auch die Prüfung von Lehrlingen der Wundheilkunst, Hebammen und Provisoren der Apotheken durchführen sowie Streitigkeiten zwischen ärztlichen Personen schlichten sollte. Für die Provinz Niederhessen nahm in Personalunion das Obermedizinalkollegium Kassel diese Aufgaben wahr. Außerdem hatte es die Aufsicht über die vier Landkrankenhäuser in den Provinzen. Auf unterster Verwaltungsebene waren die Stadt- und Kreisphysiker sowie das übrige Gesundheitspersonal (Amtswundärzte, Hebammen, ausübende Ärzte und Wundärzte sowie Kreistierärzte) tätig. Als Grundlage diente die letzte hessische Medizinalordnung von 1830. Ab 1834 stand dem Obermedizinalkollgium bei eventuellen Unstimmigkeiten bei einer Rekrutierung die letzte Entscheidung zu.
Das kurhessische Obermedizinalkollegium hieß nach der Annektion Kurhessens zunächst 'Königliches (preußisches) Obermedizinalkollegium', ehe es 1869 in eines der in Preußen üblichen Provinzialmedizinalkollegien umgewandelt wurde.
Die personelle Kontinuität blieb gewahrt, doch hatten die Medizinalkollegien im preußischen System deutlich weniger Befugnisse und Aufgaben. Sie galten als wissenschaftlich-technische beratende Behörden. Dies bedeutete faktisch, dass die Rechtsmedizin als einziges Arbeitsgebiet blieb. Das Provinzialmedizinalkollegium revidierte medizinische und psychologische Gutachten von nachgeordneten Ärzten bei Strafverfahren und erstellte selbst Obergutachten in Revisionsverfahren an den Landgerichten. Die sanitätspolizeiliche und personelle Aufsicht im Medizinalwesen ging an andere Behörden, vor allem die Regierungen, über. Mit der Gründung der Gerichtsärztlichen Ausschüsse wurden die Provinzialmedizinalkollegien in Preußen 1922 generell abgeschafft.

Enthält

Akten des Collegium Medicum/Obersanitätskollegiums (1616-1821), des Obermedizinalkollegiums (1821-1869) und des Provinzialmedizinalkollegiums (1869-1922): Geschäftsregister der Medizinalbeamten, Berichte, Gutachten, Prüfungsregister, Apotheker, Anstellung des Medizinalpersonals, Krankenhäuser, Aufsicht über die Ärzte, Verfügungen, Gestattungen zur Praxisausübung, Baderwesen, Hebammenwesen, Tierärzte. Akten des Preußischen Medizinalkollegiums: Verwaltung und Personal, Allgemeine Medizinalangelegenheiten; Gerichtliche Arzneikunde

Findmittel

Arcinsys-Datenbank (Nr. 1-1237)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang

26,08 MM (davon 0,08 MM unverz.)

Referent

Herr Dr. Murk

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

letzte Aktualisierung: 13.07.2021