HStAM Bestand 340 Crocius

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Nachlass Paul Crocius

Laufzeit 

1588-1607

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Der gebundene Band mit Briefkopien dürfte über den Sohn Johannes Crocius überliefert worden sein. Er trägt die koävale Aufschrift: "Pauli Crocii Schreiben und Consilia Johannes Crocius, so er an verschiedene Graffen und Herrn sowohl in Reformations- als andern Sachen abgehen lassen." In Einzelfällen sind auch Briefe anderer - wie etwa des Marburger Professors Regner Sixtinus oder aber ein Gutachten des Heidelberger Theologen David Pareus - in der Sammlung enthalten. In diesem Falle liegt jedoch ein unmittelbarer inhaltlicher Zusammenhang mit einem Schreiben des Crocius vor.

Geschichte des Bestandsbildners 

Paul Crocius wurde am 27. Juli 1551 in Zwickau als Sohn des Pfarrers Matthias Crocius (1479-1557) geboren. Die Mutter Catharina geb. Henrich verstarb 1579.
Crocius studierte in Leipzig, Wittenberg, Heidelberg, Genf und Basel Theologie. In Basel wurde er am 27. August 1571 zum Dr. theol. promoviert. Er scheint bis 1573/1574 eine Pfarrstelle in Sachsen innegehabt zu haben, dann musste er jedoch das Kurfürstentum verlassen.
1576 avancierte Crocius zum Erzieher der Söhne Johanns VI. von Nassau-Dillenburg. Als Präzeptor der Grafen Wilhelm Ludwig, Johann und Georg sowie deren Vetter Moritz von Oranien begleitete er deren Studien an der Universität Heidelberg. Von hier aus führte die Pregrinatio academica weiter nach Genf und Sedan.
Nach der Rückkehr wurde Crocius Präzeptor der Söhne Graf Ludwigs von Wittgenstein. Nach der Erziehung in Berleburg begleitete er die Söhne zum Studium vornehmlich nach Genf. 1583 bestellte ihn Graf Ludwig von Wittgensten zum Prediger in Laasphe. Nach dem Weggang Olevians an die Hohe Schule Herborn im Jahre darauf wurde Crocius auch zu einem der Inspektoren in der Grafschaft gewählt und gewann damit eine herausragende Stelle in der wittgensteinischen Kirche. Überdies wirkte er als wichtigster kirchlicher Berater Graf Ludwigs von Wittgenstein. Zugleich wurde er vielfach zu Gutachten für andere Grafen und Kirchen innerhalb des Wetterauer Grafenvereins herangezogen. Allerdings lehnte Graf Ludwig das Ansinnen Johann VI. von Nassau, Crocius 1587 nach Olevians Tod an die Hohe Schule Herborn zu ziehen, wegen seiner Bedeutung für die wittgensteinische Kirche ab.
Seit 1583 in der Abgeschiedenheit Laasphes wirkend, behielt Crocius jedoch durch eine umfangreiche Korrespondenz mit zahlreichen kalvinistischen Grafen und Gelehrten einen engen Kontakt zur Societas litteraria calvinistica. Überdies war er dank seiner hohen Reputation 1596 an der Durchsetzung der "zweiten Reformation" in der Grafschaft isenburg beteiligt, 1605 führte er die "zweite Reformation" in der Herrschaft Homburg im Bergischen durch, die zu Wittgenstein gehörte. Mehrfach vertrat er Wittgenstein auf supraterritorialen Synoden innerhalb des Wetterauer Grafenvereins. Im Frühjahr 1604 wurde er von Johann VI. von Nassau-Dillenburg und Ludwig von Wittgenstein zur Vermittlung in einer Streitigkeit zwischen den kurpfälzischen Theologen nach Heidelberg entsandt. Die "zweite Reformation" in Sayn beförderte er durch seine Anwesenheit auf der Altenkirchener Synode im Sommer 1605, an den hessen-kasselischen "Verbesserungspunkten" nahm er schon im Vorfeld regen Anteil.
Nachdem gegen Ende des Jahres 1605 ein Versuch der nassauischen Grafen Johann VII. und Georg fehlschlug, ihn neuerlich nach Nassau zu holen, entschied er sich im Frühjahr 1607 schließlich doch zu einem Weggang von Laasphe. Im Juli desselben Jahres wechselte er wohl aus finanziellen Gründen als Pfarrer nach Langenschwalbach (heute: Bad Schwalbach), wo er in der früheren Grafschaft Katzenelnbogen zugleich das Amt des Superintendenten übernahm. Dem neuen Wirkungsorte blieb er jedoch nur kurz erhalten, verstarb er doch bereits wenige Wochen nach seinem Umzug am 5. September 1607.
Crocius kirchenhistorische Bedeutung liegt vor allem in der praktischen Wirkung innerhalb Wittgensteins und der Wetterauer Grafschaften; seinen wissenschaftlichen Ruhm erwarb er sich durch die Übersetzung des Märtyrerbuches Jean Crespins aus dem Französischen. Die Anfänge der Übersetzung gehen bereits in die Mitte der 90er Jahre zurück. Es konnte schließlich erst 1606 in Hanau bei Wilhelm Antonius erscheinen, nachdem sich der ursprüngliche bei Christoph Corvin in Herborn beabsichtigte Druck nicht bewerkstelligen ließ. Die Nachdrucke Hanau 1607, Bremen 1682 und 1722 sowie ein Teilabdruck Zürich 1664 weisen auf die außerordentlich nachhaltige Wirkung des Werkes hin. Nachweislich war es auch noch im frühen 19. Jahrhundert in Benutzung, wie handschriftliche Nachträge in ein in der Zentralbibliothek Zürich befindliches Exemplar für 1820/21 es belegen (Zentralbibliothek Zürich DrMs 2). Neben dem "Martyr-Buch" hat Crocius auch andere Publikationen vorbereitet, ohne dass diese zu Ende kamen bzw. gedruckt wurden.
Paul Crocius war seit 1583/84 verheiratet mit Sara, der Tochter des kölnischen Berginspektors Martin Rodich. Seine Frau überlebte ihn um fast vier Jahrzehnte, verstarb sie doch erst 1643 in Kassel. Der erste Sohn aus der Ehe, Johannes Crocius (1590-1659), wirkte als Professor der Theologie in Marburg, der zweite Sohn Ludwig (1596-1655) als Professor der Theologie am Bremer Gymnasium Illustre. Die Tochter heiratete im März 1604 einen Pfarrer.

Enthält 

Abschriftliche Briefsammlung des Paul Crocius (1551-1607), Theologe aus Zwickau, Pfarrer zu Laasphe und Schwalbach.

Der Beginn der Brief- und Gutachtensammlung, die ca. 250 Stücke umfasst, reicht bis in das Jahr 1587 zurück. Zuerst sind die Kopien nicht nach chronologischer Ordnung niedergelegt, die aber später mit kleinen Ausnahmen eingehalten wurde. Die Schreiben sind zumindest in Laasphe verfasst und nicht immer datiert. Die zeitliche Erstreckung reicht bis in die Schwalbacher Zeit hinein, wobei der letzte Brief aus dem späten August 1607 datiert ist. Als Abschluss ist von anderer Hand ein schematischer Lebensabriss des nassauischen und pfälzischen Beamten Otto von Grünrade eingefügt, mit dem Crocius auch mehrfach korrespondierte.
Womöglich sollte die Zusammenstellung der Briefe als Vorlage für ihre Edition dienen. Soweit erkennbar, ist dies jedoch nicht zustande gekommen.

Findmittel 

Arcinsys-Datenank

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang 

0,08 MM

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Letzte Aktualisierung: 10.11.2020