StadtA HG Bestand E 062

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Nachlass Alice Kaluza

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Der Nachlass wurde zwischen 2003 und 2008 von Frau Kaluza dem Stadtarchiv Bad Homburg übergeben. Eine umfangreiche Sammlung von Graphik und Gemälden ging in den Besitz der Stadt Bad Homburg über (Städtische Kunstsammlung).

Geschichte des Bestandsbildners 

Geboren: 23. Dezember 1920 in Frankfurt am Main
Gestorben: 31. Oktober 2017 in Bad Homburg vor der Höhe
Ehrungen: 2007 Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
Tänzerin, Ballettmeisterin und Choreografin

Alice Kaluza, geb. Walther, wuchs in Frankfurt am Main auf und besuchte dort die Volksschule. Der Zugang zu weiterführenden Schulen wurde ihr in der Nazi-Diktatur aus politischen Gründen verwehrt, da die Mutter KPD-Stadtverordnete und der Vater Gewerkschafter waren. Als 14-Jährige begann sie ihre Ausbildung zur Tänzerin an Dr. Hoch’s Konservatorium (später Hochschule für Musik und Darstellende Kunst) in Frankfurt. Mit 17 erhielt sie ihr erstes Engagement als Solotänzerin in Trier. Parallel dazu nahm sie Schauspielunterricht. In Trier, Saarbrücken, Magdeburg und Mönchengladbach tanzte und spielte sie Schauspiel, Oper und Operette.
1947 gründete sie in Frankfurt die „Tanzbühne“ und ging mit diesem Ensemble auf Tournee durch Deutschland und die Schweiz, wirkte zudem als Choreografin und Regisseurin an der Hessischen Landesbühne und im Frankfurter Theater am Zoo. 1954 wurde sie als Ballettmeisterin an die Staatsoper Berlin (DDR) verpflichtet und mit ihrem Zyklus „Mensch in der Zeit“ zu einem Gastspiel an die Staatsoper Bukarest eingeladen. Nach Differenzen mit Kulturfunktionären in Ostberlin kehrte sie noch im gleichen Jahr nach Frankfurt/Main zurück und gründete eine Ausbildungsstätte für Tanz und Schauspiel. Als Regisseurin und Choreografin arbeitete sie außerdem für die Städtischen Bühnen Frankfurt und das Fritz-Rémond-Theater im Zoo.
Als Tänzerin vollzog sie die Abkehr sowohl vom klassischen Ballett als auch vom Ausdruckstanz, wie ihn etwa Mary Wigman und Gret Palucca praktizierten. Kaluza definierte Tanz als intellektuellen Prozess. Jeder Bewegung müsse das Denken vorausgehen. Zum Ende ihrer Karriere als Solotänzerin veröffentlichte sie 1960 in Wien das Manifest des „N.N.-Tanzes“, in dem sie ihr theoretisches Konzept unter anderem so zusammenfasst: „Die Bewegungs- und Schrittformen des neuen Tanzes sind nicht an ein System gebunden. […] Ein wesentliches Moment des neuen Tanzes ist die ‚Nicht-Bewegung’. […] Der Neue Tanz ist unbequeme Konfrontation.“ 2004 aktualisierte sie ihre Thesen; seitdem spricht sie vom „Philosophischen Tanz“: Die geistige Situation prägt den Tanz: Tanz ist zu verstehen als abstrakte Reflexion auf gesellschaftliche Situationen.
Mit ihrer staatlich anerkannten Fachschule für Tanz und Schauspiel, dem „Studio Kaluza“, zog sie 1963 nach Bad Homburg (Hessen). Dort führte sie mit ihren Schülern alljährlich neue Produktionen mit eigenen Choreografien auf. Von ihr verfasste Musicals mit Kindern wie „Zehn kleine Negerlein“ (1971) und „Philifax“ (1973) wurden im Fernsehen (ARD) gesendet, gesellschafts- und zeitkritische Stücke mit der Kammertanzgruppe wie „Hommage an Goya“ (1978), „Banalität des Lebens“ (1992) oder „Le train du temps“ (2001) stießen auf ein begeistertes Presseecho.
Am 30. September 2008 schloss Alice Kaluza, 87 Jahre alt, ihr Tanzstudio. (Quelle: „http://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Kaluza“)

Enthält  v.a.

Der Nachlass umfasst Unterlagen und Dokumente aus ihrem Wirken als Tänzerin, Ballettmeisterin und Choreografin, darunter u.a. Choreografien, bzw. Vorarbeiten zu ihren Tanzproduktionen; Schriftwechsel, Plakate (auch Entwürfe namhafter Künstler), Fotos, Programmhefte, Einladungen, Bücher etc.

Literatur 

KALUZA, Alice: Manifest des N.N.Tanzes. Wien, 1960.
KALUZA, Alice: Über die Bewegung des N.N.-Tanzes. o.O., 1960.
EICHSTÄDT, Silke: Die Tänzerin Alice Kaluza im Vergleich mit Gret Palucca. Zur Entwicklung des Tanzes in West- und Ostdeutschland nach 1945. Magisterarbeit an der Universität Frankfurt 2002
Festschrift: „50 Jahre Studio Kaluza. 40 Jahre in Bad Homburg“. Bad Homburger Forum zur Förderung des zeitgenössischen Tanzes e.V. in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Stadt Bad Homburg v.d.H., Stadtarchiv (Hrsg.), Bad Homburg, 2003
SCHERF, Günther: „Tanz ist unbequeme Konfrontation“ nach 45 Jahren in Bad Homburg schließt Alice Kaluza ihr Tanzstudio“. In: Unser Homburg 51. Jahrgang Heft 10 (2008). S. 3-5
SCHERF, Günther: „Bewegung hat Sinn, und Tanz ist unbequeme Konfrontation“, Frankfurter Rundschau, 4. August 1995
SCHERF, Günther: „Tanz die Wahrheit“, Frankfurter Rundschau vom 10. Februar 2004
SCHERF, Dagmar. „Ich bin Tanz“, Frankfurter Rundschau vom 13. September 2008
JACOB, Michael: „Sie tanzte bei Tag und bei Nacht“, Taunuszeitung vom 1. Oktober 2008
Stadtarchiv Bad Homburg: Mitschnitt eines Gesprächs mit Alice Kaluza, geführt am 30.10., 1.11. und 20.11.2006 in Bad Homburg
BENSE, Max: Entwurf einer Rhein-Landschaft. Berlin, 1962
DI SORA, Micaela: „Tanz im Unterricht der Grundschule – Sinnhaftigkeit und Wirkung der menschlichen Bewegung aus dem Blickwinkel der Bildung und Erziehung“, Hausarbeit für das Lehramt an Grundschulen, Frankfurt a.M.1999
FLECK, Robert: „Avantgarde in Wien“, Wien1982
REICHENBACH, Barbara: „Hermann Heiß: Eine Dokumentation“, Mainz1975

Findmittel 

www.stadtarchiv-bad-homburg.findbuch.net

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang 

471 Verzeichnungseinheiten