HHStAW Bestand 88 Nr. U 4

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Kurzregest 

König Konrad (I.) bekundet, daß er aus Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus und zu seinem Seelenheil dem Stift ('ad monasteriolum'), das innerhalb der Mauern der Burg Weilburg ('infra muros civitatis Wilinaburg') erbaut und zu Ehren der heiligen Gottesmutter und der heiligen Jungfrau Walpurgis geweiht ist, seinen Hof ('curtem') Nassau ('Nassowa') mit allem Zubehör auf beiden Ufern des Flusses Lahn ('Logene') in den beiden Grafschaften 'Sconenberg' und Marienfels ('Marvels'): Hofstätten ('curtilibus'), Gebäuden, Hörigen beiderlei Geschlechts, bebauten und unbebauten Ländereien, Äckern, Wiesen, Feldern, Wäldern, Weiden, Gewässern und Wasserläufen, Mühlen und allem Sonstigen zu Eigen geschenkt hat, damit die Kleriker und Brüder ('confratres'), die in jenem Stift ('monasterio') Gott und den Heiligen Tag und Nacht dienen, den Hof zu Kleidung und Lebensunterhalt innehaben. - Unterschrift und Sigel des Ausstellers - Rekognition des Kanzlers Salomon in Vertretung des Erzkaplans Piligrim.

Datierung 

Weilburg, 915 August 9

Originaldatierung 

Data 5. idus Augusti 915, indictionum 3, im 4. Jahr König Konrads (I.). - Actum in Wilinaburg

Vermerke (Urkunde)

Formalbeschreibung 

Nicht beglaubigte Kopie 18. Jh.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Struck, St. Walpurgisstift Weilburg, Nr. 1049. - Kopie, Pergament (Mitte 12. Jh.) im Wormser Kartular, Niedersächsische Landesbibliothek Hannover Ms. XVIII,1020, Blatt 48r- v Nr. 87 (C). - Kopie, Papier (18. Jh., von dem Nassau-Dillenburger Archivar Martini aus dem Erstdruck). -- Druck: Origines Guelficae IV,275 (aus C) = Kremer, Or. II,56 Nr. 35 = Böhmer, Acta Conradi 28 Nr. 26; MG DK I Nr. 26 (aus C). -- Deutsche Übersetzung: Matzat, Die ältesten Nachrichten über Weilburg 5 f. -- Regest: Böhmer-Mühlbacher, RI I Nr. 2096. Zur Echtheitsfrage: G. Freiherr Schenk zu Schweinsberg, Genealogische Studien zur Reichsgeschichte. IV. Die Abstammung des Hauses Nassau, in: Archiv für hessische Geschichte N. F. 6 (1909), 472 f. erblickt in der Urkunde eine Wormser Fälschung. Er folgert dies zunächst aus der Tatsache, daß die späteren Wormser Rechte zu Nassau anscheinend allein auf eine Schenkung von 1034 (darüber unten: Zur Sache) zurückgehen, vor allem aber aus der Tatsache, daß in unserer Urkunde die Lage Nassaus nur mit den Namen der Grafschaftsmalstätten, ohne Gaubezeichnung und unter Verschweigung der Personen der Grafen, bestimmt wird. Diese Beobachtungen haben jedoch keinen Beweiswert. Der Schenkung von 915 kann durchaus 1034 eine neue gefolgt sein; es kann sich dabei sogar um das gleiche Objekt handeln (vgl. unten: Zur Sache). Die Eintragung der Urkunde von 915 in das Wormser Kartular muß nach 1155 erfolgt sein, da die erste Hand als letztes eine Urkunde von 1155 eintrug und unsere Urkunde von einer zweiten Hand abgeschrieben ist. Sie scheint also eingetragen worden zu sein, als das Wormser Domkapitel mit den Grafen von Nassau in heftigem Streit um seinen Nassauer Besitz lag. Soweit es die Urkunden darüber erkennen lassen, leitete das Domkapitel seine Rechte jedoch lediglich aus der Urkunde von 1034 her (vgl. Mrh. UB I Nr. 605, dazu II Nr. 667). Ein Fälschungsgrund läßt sich also nicht nachweisen. Vor allem liegt aber auch in der Form keine Ursache zur Bestreitung der Echtheit vor. Auch in zwei anderen der wenigen Urkunden König Konrads I. wird nur der Gau, nicht der dort zuständige Graf bei einer Ortsangabe genannt (DK I Nr. 2 und 7), und in einer Urkunde, die wie unsere Urkunde Diktat von SA aufweist, fehlen Gau und Graf zur Bestimmung einer Schenkung (DK I Nr. 25). Die Nennung der Grafschaftsmalstätten statt der Gaunamen ist zwar ungewöhnlich, stellt aber eine Abweichung dar, die eher zugunsten der Echtheit spricht. Sie mag verursacht sein durch die Tatsache, daß Burg und Ort, auf beiden Lahnufern gelegen, nicht klar nach ihrer Gauzugehörigkeit, sondern nur nach ihrer Dingpflicht zu bestimmen waren; bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, daß die Urkunde von 1034 Nassau dem Lahngau zurechnet. Entfallen somit alle Gründe, die Urkunde für ?sehr verdächtig' zu halten, so ist es von entscheidender Bedeutung, daß sie ein einwandfreies Diktat aufweist. Die gleiche Promulgationsformel findet sich etwa auch in DK I Nr. 25, 27 und 28. Dieselbe Formel der Korroboration nebst Unterschrifts- und Siegel-Ankündigung kehrt in Nr. 27, 28 und 32 wieder. Die beiden anderen Urkunden König Konrads I., die dem Wormser Domkapitel allein zur Verfügung standen, weisen dagegen an diesen Stellen abweichende Formulare auf. Damit ist die Echtheit der Urkunde erwiesen. Daß der Schluß des Eschatokolls allem in der an Worms übergegangenen Urkunde von 914 April 24 mit den Worten: 'Proinde ergo iussimus hoc fieri preceptum, per quod volumus' beginnt, ist demgegenüber ohne Bedeutung, da auch die anderen Urkunden des Königs verwandte Formulierungen aufweisen. Wir müssen daher P. Wagner zustimmen, der an der Echtheit unserer Urkunde durchaus festhielt (Untersuchungen zur älteren Geschichte Nassaus und des nassauischen Grafenhauses, in: Nass. Annalen 46,1925, 116 Anm. 18). Zur Sache: Bischof Azecho von Worms (1025-1044) bekundet am 17. Juni (15. 'kalendas Julii') 1034, im 10. Königs- und 8. Kaiserjahr Konrads II., daß er zum Gedächtnis und Seelenheil Kaiser Konrads II., dessen Gemahlin, der Kaiserin Gisela, und dessen Sohns, des Königs Heinrich (III.), sowie seiner eigenen Vorgänger, auch des Domstifts Worms ('fratrum meorum beato Petro famulantium') und seiner selbst zu dem Altar, den er zu Ehren der Märtyrer Hippolytus und Nicomedis gestiftet hat, sein Gut ('praedium') zu Nassau ('Nasouva'), das er mit eigener Arbeit erworben hat, im Lahngau ('in pago Loganehe') in der Grafschaft der Grafen Wigger und Arnold gelegen, nämlich 40 Hufen mit allem Zubehör an bebauten und unbebauten Ländereien usw. geschenkt hat, damit der Kustos des Domstifts es in Verwaltung ('in procuratione') hat und jährlich für den Kaiser Konrad zum Fest des heiligen Hippolytus und für die Kaiserin Gisela zum Fest des heiligen Bonifatius zu deren Lebzeiten, danach aber an deren Todestag und für ihn wie im Leben so nach dem Tode am 17. Juni (15. 'kalendas Julii') den die Messe feiernden Domherren ('fratribus') das herkömmliche Servitium leistet und 100 Armen eine Gabe reicht. Auch soll den Domherren am Anfang jedes Monats aus diesem Gut das gebräuchliche Servitium gegeben werden (Druck: Schannat II,51 Nr. 55 ('ex Archiv. Eccl. Cathed. Worm.' = Kremer, Or. II,109 ff. Nr. 73. Die Echtheit ist dadurch erwiesen, daß sich Servitien des Domkapitels auf Grund dieser Schenkung aus einem alten Martyrologium belegen lassen, vgl. G. Freiherr Schenk zu Schweinsberg, in: Archiv für hessische Geschichte N. F. 6,1909, 472 Anm. 16). Nach der Größe des von Azecho dem Domstift übereigneten Gutes zu schließen, möchte man annehmen, daß es mit dem 915 dem Stift Weilburg geschenkten Königsgut identisch ist (so auch Schliephake I,183, aber mit falschem Datum: 27. Juni). Zwar wird 993 April 24 das Stift mit allem Zubehör dem Domstift Worms geschenkt (Nr. 1050). Doch wäre es nicht auffallend, wenn der König diesen Außenposten von dem Stift gelöst hätte; von ihm könnte dann der Propst das Gut zurückerworben haben; darauf deutet hin, daß der Bischof seine Schenkung dem Gedächtnis der kaiserlichen Familie widmet. Wenn eine zwischen 1273 und 1523 entstandene gereimte Wormser Bischofschronik behauptet, daß Azecho ein Graf von Nassau war (vgl. Gensicke in: Nass. Annalen 65, 1954, 73 f.), so liegt dem vermutlich nichts als eine falsche Ausdeutung dieser Urkunde zugrunde (so auch schon H. Breßlau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II., I. Band, 1879, 96 Anm. 2)

Repräsentationen

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