HHStAW Bestand 20 Nr. U 8 a

  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Kurzregest 

Dekan Dietrich und das ganze Kapitel des St. Marienstifts zu Diez, denen es obliegt, den Nutzen des Stifts zu besorgen, verordnen, daß alle Kanoniker residieren und präsent sein und keine ohne Erlaubnis des Dekans sich fortbegeben sollen ('evagentur'). Auch sollen sie den Chor besuchen, wenn sie nicht Krankheit oder eine andere triftige Ursache entschuldigt hält. Jeder Kanoniker soll während der Erntezeit drei Wochen und nicht mehr Urlaub ('licentia') haben, die am 26. Juli ('in crastino beati Jacobi apostoli') beginnen und bis zum 14. August ('usque in vigiliam assumptionis beate, virginis Marie') zur Vesper dauern sollen; ebenso im Herbst drei oder vier Wochen, die am 30. September ('in crastino beati Michaelis archangeli') beginnen und bis zum 27. Oktober ('usque in vigiliam beatorum apostolorum Symonis et Jude') zur Vesper dauern. Der Dekan kann jedem Kanoniker auf Wunsch jährlich dreimal 14 Tage ('tres quindenas') Urlaub gewähren, aber nicht auf einmal, sondern getrennt, damit er an den dazwischen liegenden Festen zurückkehrt und dort von einer Vesper bis zur nächsten bleibt. Andernfalls soll er von dem Benefizium des Festes, jedoch nicht von dem Offizium suspendiert sein. Er soll den Chor nicht betreten und sich nicht in den Gottesdienst ('in divinis') des Stifts mischen, wenn er nicht zuvor durch seinen Dekan wieder eingesetzt ist. Diese Restitution soll ihm auf demütige Bitte nicht versagt werden, jedoch gegen angemessene Sühne. Folgende Feste haben die Suspension zur Folge ('per se suspendunt'): Geburt des Herrn, Epyphanias, Ostersonntag, Himmelfahrt, Pfingsten, Geburt Johannes des Täufers, die vier Feste der Jungfrau Maria, Allerheiligen und der Tag der Kirchweihe. Wenn Dekan und Kapitel einem Kanoniker Urlaub bis zu einem bestimmten Tag geben, so suspendiert keins dieser dazwischen etwa einfallenden Feste. Im Notfall kann der Dekan außerdem, falls notwendig, doch nicht häufig, von sich aus die Kanoniker und Vikare auf drei Tage, aber nicht darüber, beurlauben; wer darüber hinaus abwesend ist, soll vom Bezug der Früchte seines Benefiziums suspendiert sein. Von Dekan und Kapitel soll aus den vertrauenswürdigen und umsichtigen ('discretis') Kanonikern jährlich einer bestimmt werden, der alle Tage der abwesenden Kanoniker und Vikare berechnet und aufschreibt und nach der Länge der versäumten Zeit den Bezug der Früchte kürzt. Diese sollen besonders verwahrt werden und je zur Hälfte zum Nutzen des Stifts verwandt und unter die anwesenden Kanoniker verteilt werden. Handelt es sich um Suspensionsfrüchte der Vikare, so soll die Hälfte unter die anwesenden Vikare verteilt und die andere Hälfte zu dem Bauwesen oder der Fabrik des Stifts verwandt werden. Haben die Abwesenden die Früchte bereits empfangen, so sollen von den zum ersten Mal danach angewiesenen Früchten oder dem Wein die Kanoniker den Kanonikern und die Vikare den Vikaren das Unverdiente wiedererstatten und vor dem Kapitel mit dem Kellner ('cellerario') abrechnen. Verweigern sie trotz Befehls des Dekans die Zurückerstattung, so unterliegen sie der Karzerstrafe, bis sie für alles Genüge leisten. Die im Karzer Befindlichen sollen keinen Lärm und Übermut ('clamores, strepitus et insolentias') begehen und nicht mit Würfeln ('ad taxillos') spielen. Die im Karzer Befindlichen können an dem Chor und den Kapitelsverhandlungen teilnehmen, wenn sie nicht exkommuniziert sind. Will ein Kanoniker um Urlaub bitten, den der Dekan von sich aus geben kann, oder wünscht der wegen Abwesenheit Suspendierte wiedereingesetzt zu werden und kann den Dekan nicht sprechen, so hat der Rangnächste ('potior') oder der vom Dekan mit der Stellvertretung Beauftragte Vollmacht, zu beurlauben, wieder einzusetzen und für drei Tage einen Aderlaß zu gestatten ('tractum sanguinis indulgendi'). Die ohne Urlaub Abwesenden sollen die Verteilungen, die vielleicht über das Korpus der Pfründe hinaus erfolgen, welche aus 12 Malter Korn, 16 Malter Hafer und dem Wein besteht, der aus den Zehnten des Stifts aufkommt, keineswegs fordern, falls sie nicht durch Krankheit oder in Geschäften des Grafen von Diez und seiner Gemahlin auf deren Bitten mit Wissen und Willen des Dekans verhindert oder aus anderen triftigen Gründen entschuldigt sind. Wenn die Früchte eines in Expektanz befindlichen Kanonikers beginnen, so soll er sich in eigner Person dem Kapitel vorstellen, wenn er nicht mit schwerer Krankheit beladen oder durch feindliche Gefangenschaft ferngehalten ist. Ein Kanoniker, der zu seiner Vervollkommnung ('propter suum profectum') und zum Nutzen des Kapitels sich zum Studium fortbegeben will, soll von Dekan und Kapitel so beurlaubt werden, daß er sich auf zwei Jahre zum Studium generale begibt. Unterläßt er die geplante Reise binnen sechs Wochen vom Tage, wo er die Erlaubnis erlangt hat, so kann er im ganzen folgenden Jahr diesen Urlaub nicht erbitten. Benötigt ein Kanoniker oder Vikar einen oder mehrere Prokuratoren, so sollen der oder die aus Kanonikern oder Vikaren des Stifts bestellt werden. Fremde Personen zu nehmen, soll ungültig sein ('irritum erit et inane'). Zu Testamentaren darf man eine auswärtige neben einer oder zwei Stiftspersonen erwählen. Kein Kanoniker soll Lanzen- oder Turnierspiele ('ludos hastiludii vel torneamenti') ausüben oder Führer in einem Turnier, zu Deutsch ('teutonica lingua') 'kypere' genannt, sein oder bewaffnet an einem Kriegszug ('expetitione') seiner oder fremder Freunde teilnehmen, es sei denn, daß er es für das Stift tun muß. Andernfalls soll er ein ganzes Jahr von den Einkünften seiner Pfründe suspendiert sein. Die Kanoniker mit Priesterpfründen haben, gleich ob anwesend oder wegen Urlaubs abwesend, den priesterlichen Wochendienst ('ebdomadam') im Chor mit Messen und andern Obliegenheiten zu besorgen, wobei keine Entschuldigung gelten soll. Doch haben auch die Diakone und Subdiakone unter den Kanonikern ihren kirchlichen Pflichten ('debitis officiis') nachzukommen, und die Vikare sind verpflichtet, ihren Wochendienst im Chor mit dem Meßamt und anderem wie die Kanoniker nach der Ordnung zu leisten. Kein Kanoniker oder Vikar soll in der Kirche ('in atrio ecclesie') ohne geistliches Gewand ('veste religionis') erscheinen, wenn die Glocke der Vesper oder anderer Horen geschlagen hat. Er soll auch nicht mit unschicklicher Kopfbedeckung ('indecenter mitratus') einhergehen, sondern sich dann so schnell wie möglich zurückziehen. Andernfalls kann ihn der Dekan mit Karzer bestrafen. Austeilungen sollen nur zur Advents- und Fastenzeit anteilmäßig unter die Anwesenden erfolgen. Eine Präsenz von den Anniversarien soll denen nicht gegeben werden, die bis zum Schluß der 3. Lektion bei der Vigil der Seelen und bis zum Ende der Epistel bei der Messe fehlen. Versäumen sie eine dieser Horen und die andere nicht, so sollen sie die Hälfte der Präsenz erhalten. Ebenso ist es mit den Präsenzen der Feste zu halten: Wer in der ersten Vesper fehlt, erhält ein Drittel der Präsenz nicht. Ähnliches gilt für die Metten und Messen. Wer zum Kanoniker aufgenommen wird, soll vor dem Bezug der Pfründe 1 Malter Weizen oder dessen Wert den Kanonikern anweisen. Die Ordnung mit den Priestern, Diakonen und Subdiakonen soll so beachtet werden, wie das Stift privilegiert ist. Keinem soll eine Pfarrei des Stifts übertragen werden, der nicht ihr Mitkanoniker ist. Wer nicht Kapitelsbruder ist, soll keine volle, sondern nur eine halbe Präsenz erhalten. Für keinen sollen die großen Vigilien gesungen werden außer für Kanoniker oder für die, bei denen es das Kapitel beschließt. Keiner soll sich unterstehen, neue Historien oder etwas Ungewöhnliches zu singen ohne Einwilligung des Kapitels. Sie bestimmen als Tag des Generalkapitels für die Kanoniker den ersten Dienstag ('proxima tertia feria') nach dem Sonntag Invokavit, damit jeder von ihnen jährlich 2 Treuhänder bestellt, die erforderlichenfalls das zu dessen Seelenheil Nötige anordnen. Wer dies verweigert, soll bis zur Erfüllung suspendiert sein. Erlangt ein Kanoniker Reiseurlaub zum Studium, so soll er vor dem Aufbruch seine Treuhänder bestellen. Andernfalls wird er auch mit der vorgenannten Strafe belegt. Wer zum Kanoniker aufgenommen wird, soll das erste Jahr hindurch den Scholaren in der Schule vorsingen ('precinat'). Kein Kanoniker soll die Einkünfte seiner Pfründe ganz oder teilweise verpfänden ohne Wissen und Willen des Dekans und Kapitels. Andernfalls soll er suspendiert sein, bis er von Dekan und Kapitel Verzeihung erlangt hat. Wenn der Kellner ganz oder teilweise die Reichung einer Pfründe und Präsenz an einen Kanoniker zu den festgesetzten Zeiten vernachlässigt oder versäumt, so soll der Kellner in seiner Pfründe suspendiert sein, bis er Schaden und Zins ('interesse') ersetzt, nachdem er vorher dreimal in dreimal vierzehn Tagen ('infra tres quindenas') vor dem Dekan gemahnt ist, wenn nicht ein triftiger Grund ihn entschuldigt. Entfernt er sich leichtfertig vom Stift, so unterliegt er der größeren Karzerstrafe. Bleibt er halsstarrig, so soll er vom Gottesdienst ausgeschlossen werden, bis er dem Dekan, Kapitel und jenein Kanoniker volles Genüge leistet. Alles, was oben über die Kanoniker bestimmt ist, soll ebenso für die Prälaten gelten. Die Aussteller bestätigen diese Statuten mit ihrem Eid, und ebenso sollen es ihre Nachfolger tun. - Es siegeln Graf Gottfried von Diez, da diese Verordnungen ('constitutiones') Leben und Ehre der Kleriker rechtmäßig ('rite') und vernünftig regeln und von den + Eltern des Grafen aus besonderer Gunst gegen das Stift, das sie begründeten ('fundaverunt de novo') und bewidmeten, bestätigt sind ('confirmatas'), sowie Dekan und Kapitel mit dem Siegel des Stifts.

Datierung 

1308 November 9

Originaldatierung 

D. et actum 1308, in die beati Theodori martyris

Vermerke (Urkunde)

Formalbeschreibung 

Kopie, Papier (16. Jh.) W 20,8 auf Blatt 1-5r eines Heftes, wo eine Kopie der Urkunde von 1294 (nach Mai 5) und 1295 März 22 (Nr. 331 und 334) folgt. - Kopie, Papier (18. Jh., fehlerhaft von voriger Kopie) W 20,8a und W 20, Kopiar III

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Struck, Chorherrenstift Diez, Nr. 340

Repräsentationen

Aktion Typ Bezeichnung Zugang Info
Detailseite Original Urkunde
Detailseite Sicherungsfilm konvertierter Rollfilm (1993)