HHStAW Bestand 40 Nr. U 3

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Kurzregest 

König Otto (I.) nimmt auf Bitte des Grafen Konrad die Kirche ('monasterium'), die dieser zu Ehren des Herrn Jesus Christus (und des heiligen Märtyrers Georg in seiner Burg Limburg erbaut hat), und die Kongregation, die derselbe zum Dienst Gottes und jenes heiligen Märtyrers eingerichtet und mit seinem Eigengut ausgestattet hat ('suoque ditaverat predio'), sowie alle Sachen, die er diesem Stift ('(ad ipsam eccles)iam') übergeben hat, in seinen Schutz. Wer nach dem Tode des Konrad die Burg ('castellum'), in der dieser die Kirche erbaut hat ('construxerat'), als Erbe besitzt, soll als deren Patron und Vogt ('advocatus') gelten, sich aber keine größere Macht ('potestatem') anmaßen und nichts von den durch Graf Konrad geschenkten Eigengütern oder anderen Dingen ('reculis') entfremden. Täte er es doch, so sollen die darin Gott dienenden Brüder zu dem Aussteller oder einem seiner Nachfolger flüchten und mit Hilfe seines Bischofs ('adiutorio episcopi sui') Trost erfahren und in das Kloster zurückkehren, um dort ruhig im Gebet für den König zu leben. Würde aber ein Nachfolger des Ausstellers hiergegen verstoßen wollen, so hat jener Erbe des Grafen Konrad mit Hilfe seines Bischofs das Recht ('potestatem'), dagegen Einspruch zu erheben. Der König verfügt hiermit, daß keiner seiner Nachfolger oder der Erben des Konrad hierin gegen jene Kirche verstoßen und dieselbe nicht jemand zu Lehen oder Eigen ('in beneficium aut in proprium') geben noch etwas davon entfremden darf. - Siegel und Signum des Ausstellers. - Rekognition durch Kanzler Bruno für den Erzkaplan Friedrich.

Datierung 

Mainz, 942 Juni 2

Originaldatierung 

Data 4. non(as) Junii 942, (indictione 15.), regnante Ottone serenissimo rege anno 6. Actum in Moguntia

Vermerke (Urkunde)

Formalbeschreibung 

Kopie, Pergament zweifelhafter Geltung Anfang 12. Jh. mit verblaßter Schrift und vier größeren Textlücken, modern auf Papier aufgezogen. - Rückvermerk (14. Jh.): 'Quod monasterium sancti Georgii, quod Cunradus comes instituit et dotavit in castro - nomen castri est laceratum - de assensu Ottonis regis sit liberum et quod heredes dicti comitis solum ius patronatus et advocacie in dicto monasterio retineant'. - - Druck: Günther, Cod. dipl. Rheno-Mosellanus I Nr. 12 (zu 941 Juni 10); Mrhein. UB. I Nr. 176 (zu 940 Juni 10); MG DO I Nr. 47 - Regest: Böhmer RI Nr. 101 (zu 940 Juni 10); Stumpf Nr. 104; Böhmer-Ottenthal RI II Nr. 105. - Zur Echtheit: Das Fehlen des Chrismons und Rekognitionszeichens des Kanzlers, die Ungeschicklichkeit der verlängerten Schrift in der ersten Zeile und ihr Fehlen in der Rekognition, dazu noch der Mangel eines durchgedrückten Siegels zeigen zur Genüge, daß die V. keine Ausfertigung darstellt, wie Günther glaubte und Böhmer sowie Stumpf noch erklären. Schon Beyer im Mrhein. UB. hat sie daher als Kopie bezeichnet. Sowohl Sickel bei seiner Edition in den MG DO I wie auch Ottenthal in den RI II stellten sie an das Ende des 10. Jh. Dieser Zeitansatz widerspricht jedoch dem Schriftbefund. Der Schreiber wendet zwar die Schriftzüge des 10. Jh., die seiner Vorlage, an. Die Unbeholfenheit und Ungleichheit der Schrift weist jedoch (auch wenn wir die Ungeübtheit mancher Schreiber der ottonischen Zeit in Rechnung stellen) schon auf die Nachahmung durch einen Schreiber späterer Zeit hin. Zwei Buchstaben lassen sogar eine nähere Datierung zu: das unziale d und das gewundene s (d. h. die gestreckte, offene Form des runden s). Bei Otto I. begegnet das unziale d, soviel ich sehe, in Urkunden nur ganz vereinzelt (nach den Kaiserurkunden in Abbildung häufiger lediglich in einem undatierten Brief Lief. III Tafel 29). Es wird erst zu Anfang des 12. Jh. in Kaiserurkunden neben dem vertikalen Minuskel-d gebräuchlich. In unserer Urkunde findet es sich Zeile 2 in 'domini', Zeile 4 in 'discessum', Zeile 5 in 'quod', Zeile 6 in 'ad' und in 'redeant', Zeile 7 in 'illud', Zeile 10 in 'ad', ferner als Mischform Zeile 3 in 'deo'. Ebenso auffällig ist das Vorkommen des gewundenen s, das in ottonischen Urkunden meines Wissens nur in dem Wort 'Signum' der Signumzeile erscheint und auch dort höchst selten ist. Unsere Urkunde hat es jedoch mitten im Text bei 'si' (Zeile 8) und im Wortslaut bei 'postulans' (Zeile 2) und bei 'fratres' (Zeile 6). Außerdem zeigen sich - besonders am Schluß der Urkunde - Mischformen, wo sogar in der Wortmitte das lange s in ein gewundenes übergeht, z. B. besonders in 'potestatem' (Zeile 8), in 'monasterio' (Zeile 9) und in 'firmavimus' (Zeile 11). Der Text gehört wegen dieser beiden Schriftformen eher in das beginnende 12. als das 11. Jh. und könnte sehr wohl unter dem machtgewaltigen Erzbischof Adalbert von Mainz geschrieben sein, der dem Limburger Stift seinen Schutz so energisch angedeihen ließ. Denn auch bei ihm bemerken wir den eingestreuten Gebrauch des unzialen d und des gewundenen s. Wir wissen, daß Erzbischof Adalbert 1129 bei seiner Entscheidung des Streites zwischen dem Stift und den Hörigen in dessen Propsteibezirk auf die Besitzverhältnisse unter dem Stiftsgründer, dem Grafen Konrad, zurückgriff (vgl. Nr. 12). Dürfen wir danach schon vermuten, daß der Erzbischof sich die Urkunden vorlegen ließ, die das Stift aus konradinischer Zeit besaß, so wird dies durch eine textliche Entlehnung in seiner Urkunde von 1124 (Nr. 11) zur Gewißheit. Darin heißt es: Würde jemand das Stift in dem Besitz stören, den ihnen der Erzbischof in dieser Urkunde bestätigt, so sollen die Brüder bei ihm oder seinen Nachfolgern Zuflucht suchen. Diese Verfügung: 'Fratres tunc inibi deo famulantes ad nos seu ad quemcumque successorum nostrorum, qui tunc temporis huius sancte sedis provisor extiterit, confugiant', steht offensichtlich in textlicher Abhängigkeit zu dem Passus in unserer Urkunde von 942: 'Confugiant fratres tunc inibi deo famulantes ad nos seu ad quemcunque successorum nostrorum, qui tunc temporis regni gubernacula tenuerit'. Somit ist es gesichert, daß Erzbischof Adalbert diese Urkunde von 942 gekannt hat. Da wir die Herstellung unserer Vorlage im 12. Jh. wahrscheinlich machten, erhebt sich die Frage, ob die Urkunde von Erzbischof Adalbert gefälscht sein könnte. Im Lichte dieser Fragestellung gewinnt das weitere Schicksal der Urkunde erhöhte Bedeutung. Denn wir bemerken, daß die Urkunde keinen dauernden Bestandteil des Stiftsarchivs gebildet hat. Zu Mechtels Zeit um 1600 lag sie sicher nicht im Stiftsarchiv. Nirgends wird sie von ihm erwähnt, während er die übrigen ältesten Urkunden sämtlich in seine Introductio aufgenommen hat. Günther veröffentlichte sie 1822 aus dem kurtrierischen Archiv, wo sie seiner Aussage nach bisher aufbewahrt gewesen war (Günther I Nr. 12 Anm. 4); erst 1842 wurde sie vom Staatsarchiv Koblenz an Nassau abgegeben und mit den Limburger Stiftsarchivalien vereinigt. Wie gelangte sie aber in den Besitz des Erzbischofs? Daß sie der Landesherr des Stifts und der Stadt Limburg in seinem Archiv aufbewahrte, läßt sich zwar begreifen, ist aber keineswegs etwas ganz Natürliches. Der Rückvermerk verrät uns, wie es dazu kam. Er entstammt der Kanzlei Erzbischof Baldewins von Trier, die bei ihrer tiefgreifenden administrativen Betätigung auch bei der Registrierung der Urkunden Vorbildliches leistete (Richter, Die Kurtrierische Kanzlei 6 ff., 53 ff). Die gleiche Hand schrieb auch die Rückvermerke auf den Urkunden über die Belehnung des Gerlach, Herrn von Limburg, durch den Erzbischof mit Vogteigütern des Stifts von 1322 August 17 (Nr. 136) und von 1334 Februar 10 (Nr. 211, zwei Exemplare), ferner die Urkunde von 1341 Februar 23 (W 115,41, Gerlach von Limburg für Erzbischof Baldewin), 1343 April 1 (W 115,45, Kloster Andernach für Erzbischof Baldewin betreffend einen Hof zu Brechen bei Limburg) und als jüngste die Urkunde von 1344 Oktober 9 (W 115,41, Gerlach von Limburg für Erzbischof Baldewin). Auf diesen hochbedeutenden Kirchenfürsten geht ja die Eingliederung von Limburg in das Trierer Territorium zurück. Er tat den entscheidenden Schritt, als er dem Gerlach von Limburg am 24. Mai 1344 die Hälfte der Herrschaft Limburg wiederkäuflich abkaufte (vgl. Struck, Georgenstift 61 f.). Höchstwahrscheinlich hat er also um dieselbe Zeit die Urkunde des Stifts von 942 eingezogen. Es ist gewiß möglich, daß Baldewin die Urkunde allein aus dem Grunde an sich nahm, weil er seine geistlichen Befugnisse auf das stärkste ausbaute und ein so weitgehendes Privileg (wie dies auch in dem Rückvermerk zum Ausdruck kam) nicht in den Händen des Stifts belassen wollte. Aber hätte er wirklich so hart vorgehen können, wenn das Stift selber von der Echtheit überzeugt war? Und wäre er so vorgegangen, wenn ihm die Urkunde nicht Verdacht erregt hätte? Die Entscheidung darüber, ob sich dieser Fälschungsverdacht sozusagen bis zur Anklageerhebung verdichten läßt, wird allerdings allein von der Sache her getroffen werden dürfen. Und von dorther müßte auch das Fälschungsmotiv plausibel gemacht werden. Bereits Ottenthal meinte: 'Da die Kopie eine Kanzleihand nachahmt, die Bestimmungen wegen der eventuellen Übergriffe des Vogtes und Königs in den späteren Bestätigungen fehlen (eine unklare Bemerkung, da von solchen Bestätigungen nichts bekannt ist), so ist eine Interpolation dieser Verordnungen (Rechtsweg gegen den König auch inhaltlich bedenklich) wahrscheinlich'. Durch seinen irrigen Zeitansatz verbaute er sich jedoch die Möglichkeit einer Deutung. Daß Erzbischof Adalbert nicht etwa die ottonische Schutzurkunde für Limburg völlig erfunden hat, muß dabei von vornherein betont werden. Zur Begründung dieser Feststellung wird die Tatsache, daß die Schrift eine alte Vorlage nachahmt (besonders in dem Aufsatz des c, dem tiefen Abstrich des h-Bogens, dem Kürzungszeichen und der et-Kürzung), für sich freilich noch nicht viel hergeben. Anders aber das Diktat. Im Anfang und Schlußteil ist ein Formular verwandt, das einwandfrei zum Stil ottonischer Urkunden, insbesondere zum Magdeburger Diktat paßt und vielleicht dem von September 940 bis 947 begegnenden Notar Brun B zuzuschreiben ist, wie dies schon in der Edition der Urkunde in MG DOI und von E. E. Stengel, Diplomatik der deutschen Immunitätsprivilegien vom 9. bis zum Ende des 11. Jh. (1910), 149 Anm. 4 erklärt wird. Für die Korroborationsformel ist die Übereinstimmung etwa mit MG DOI Nr. 36, 41 und 49 so weitgehend, daß an der Kanzleimäßigkeit und damit an einer echten Vorlage nicht gezweifelt werden kann. Folglich kann es sich nur um eine Verfälschung, eine Interpolation, handeln. Daß sich das p in dieser Urkunde und dem Limburger Privileg von 940 (Nr. 2) so sehr gleichen (der Bogen ist oben offen und beginnt über der Zeile), möchte ich als einen Zufall ansehen, da diese Buchstabenform damals in der Kanzlei auch sonst noch vorkommt. Stengel hat bei seiner genauen Durchmusterung aller deutschen Urkunden des 9.-11. Jh., in denen Königsschutz verliehen wird, darauf hingewiesen (a. a. O. S. 152), daß in der Limburger Urkunde zum ersten Mal der möglichen Übergriffe des Vogtes gedacht und für diesen Fall den Brüdern die Berufung an den König freigestellt wird. Noch auffälliger erschien es auch schon Stengel (a. a. O. S. 153), daß man hierbei die Mithilfe des Bischofs vorsah. Wir dürfen, den Gedanken Ottenthals aufnehmend, hinzufügen, daß besonders das Recht des Bischofs, bei einer Rechtsverletzung durch den König zusammen mit dem Vogt Einspruch zu erheben, ganz ungewöhnlich ist. Diese komplizierte Gewaltenkontrolle hat in der Zeit keine Parallele. Betrachten wir nun den Teil der Urkunde näher, in dem diese Bestimmungen enthalten sind, so fällt auf, daß sie garnicht eigentlich eine Dispositio darstellen, sondern noch der Narratio angehören. Sie sind nämlich insgesamt abhängig von deren Eingangsworten: 'qualiter quidam vir fidelis ac dilectus comes Cuonradus nomine (venit ad celsitudinem nostrae serenitati)s, postulans, ut'. Es fehlt also die übliche Wiederholung der Petitio durch eine eigene Erklärung des Königs. Erst die Sanktionsformel enthält eine syntaktisch von der Narratio unabhängige Verfügung. Wie nahe liegt es da, diesen Konstruktionsfehler durch die Verfälschung der originalen Urkunde zu erklären! In der Sanctio allein, wird man sagen, ist uns von der textlichen Aussage des ottonischen Schutzprivilegs ein Stück erhalten, das als echt gelten darf, während die Narratio von 'eo videlicet tenore' an zur Interpolation benutzt wurde. Die erbliche Verbindung der Vogtei mit dem Besitz der Burg Limburg wird allerdings bereits im Original gestanden haben (vgl. über ähnliche Bestimmungen bei anderen Hausstiftungen G. Waitz, Deutsche Verfassungsgesch. VII, 1876 S. 329 Anm. 4). Erzbischof Adalbert hatte unter dem Schlagwort der 'libertas Moguntina' in zielbewußter Territorialpolitik seine Stellung als oberster Schutzvogt von Klöstern und Stiften ausgebaut (K. H. Schmitt, Erzbischof Adalbert I. von Mainz als Kirchenfürst, 1920 S. 17 ff. und 77; H. Grüneisen, Die Klostervogteipolitik der Erzbischöfe von Mainz bis ins 13 Jh., Diss. Marburg 1942, Masch., Teil III; H. Büttner, Das Erzstift Mainz und die Klosterreform im 11. Jh., in: Arch. f. mrhein. Kirchengesch. 1, 1949 S. 30 ff.). H. Grüneisen spricht (a. a. O. S. 105) davon, daß Erzbischof Adalbert einen Weg, den Vogt aus seinem Machtbereich zu verdrängen, darin erkannte, 'daß er die Funktionen des Vogts bei Güterübertragungen mit übernahm'. Die Urkunde Adalberts von 1124, in der sich das Zitat aus unserer Urkunde von 942 findet, ist dafür ebenfalls ein Beleg. Denn der Erzbischof bestätigt darin die Schenkung der Pfalzgräfin von 1097, indem er die Güterübertragung neu vornimmt. Eines Vogtes geschieht dabei ebensowenig Erwähnung wie in der Urkunde von 1129, durch die der Erzbischof den Streit des Stifts mit dessen Hintersassen ('familia') schlichtet. Um sich zu diesen Eingriffen in den Bereich des Triere...

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Struck, Chorherrenstift St. Georg Limburg, Nr. 3

Repräsentationen

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