HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 2116

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1710 Dezember 12

Originaldatierung 

So geschehen Fulda am 12ten Decembris anno 1710

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Es wird bekundet, dass der Geheimrat und Obermarschall, Freiherr Heinrich von der Tann, an Adalbert [von Schleifras], Abt von Fulda, das Gericht Neukirchen mit allem Zubehör, allen Rechten und Einkünften verkauft hat. Das Gut hat Heinrich bisher vom Kloster Fulda als Mannlehen innegehabt. Der Verkaufspreis beträgt 47000 Gulden Frankfurter Währung, jeder Gulden zu 30 Albus. Heinrich hat dem Kloster den Empfang von zunächst 31500 Gulden quittiert, die ihm das Kloster laut der Originalurkunde als Kaufpreis schuldig war. Die übrigen 15500 Gulden sind vor der Übergabe des Kaufbriefs fällig geworden; sie sind Heinrich in einer Summe bar übergeben worden. Heinrich hat auch den Empfang dieser Summe quittiert. Wegen der jährlich zu leistenden Abgaben (pensiones), die aus den 31500 Gulden resultieren, hat man sich verständigt, dass Heinrich dafür jährlich 1000 Gulden bezahlen, mit der Zahlung jedoch erst in zwei Jahren beginnen muss; darüber ist durch den Verkäufer eine entsprechende Verpflichtungsurkunde (obligation) ausgefertigt worden. Noch ausstehende Zinsen und Einkünfte sind Heinrich bis zum Abschluss des Verkaufs vorbehalten worden. Das Kloster hat im Gegenzug versprochen, die freie Religionsausübung im Gericht Neukirchen gemäß der Reichskonstitutionen und Friedensschlüsse zu gewährleisten und auch alle anderen Privilegien und Rechte zu schützen. Heinrich hat für sich und seine Erben versprochen, künftig auf alle Ansprüche an dem verkauften Gut zu verzichten (in specie der exceptioni metus fraudulentae persuasionis, rei non sic sed aliter gestae, restitutionis in integrum, laesionis etiam enormis) und hat gegenüber dem Kloster Währschaft geleistet. Ankündigung der Unterfertigung. Siegelankündigung. Die Urkunde wurde in zweifacher Form ausgefertigt. Handlungsort: Fulda. (siehe Abbildungen: 1. Seite, 2. Seite, 3. und 4. Seite, 5. Seite, 6. und 7. Seite, 8. und 9. Seite, 10. und 11. Seite, 12. und 13. Seite, 14. und 15. Seite, 16. Seite, 17. und 18. Seite, 19. und 20. Seite, 21. und 22. Seite, 23. und 24. Seite, 25. und 26. Seite, 27. und 28. Seite, 29. und 30. Seite, 31. und 32. Seite, 33. und 34. Seite, 35. und 36. Seite, 37. und 38. Seite, 39. und 40. Seite, 41. Seite, 42. Seite, Rückseite, Siegel: 1. Lacksiegel, 2. Lacksiegel, 3. Lacksiegel, 4. Lacksiegel, Papiersiegel, 5. Lacksiegel, 6. Lacksiegel)

Unterschriften 

([Urkunde 1]: Adalbert abbt manu propria, Henrich f[rei]h[er]r von der Thann manu propria. [Urkunde 2]: Henrich f[rei]h[er]r von der Thann manu propria. [Urkunde 3]: Henrich f[rei]h[er]r von der Thann manu propria. [Urkunde 4]: Adalbert abbten manu propria. [Urkunde 5]: Ioannes Carolus Schaiblin imperiali auctoritate notarius publicus iuratus in fidem praemissorum manu propria)

Siegler 

[Urkunde 1]: Abt Adalbert, Heinrich von der Tann. [Urkunde 2]: Heinrich von der Tann. [Urkunde 3]: Heinrich von der Tann. [Urkunde 4]: Abt Adalbert. [Urkunde 5]: Notar Johann Karl Schaiblin

Formalbeschreibung 

Ausfertigung, Papierlibell, sechs aufgedrückte Lacksiegel, ein aufgedrücktes Papiersiegel

Weitere Überlieferung 

[Urkunde 1]: StaM, 100: Urkundenabschriften, 17: Fulda 4, Nr. 148; [Urkunde 2]: StaM, 100: Urkundenabschriften, 17: Fulda 3, Nr. 137; [Urkunde 3]: StaM, 100: Urkundenabschriften, 17: Fulda 3, Nr. 7; [Urkunde 5]: StaM, 100: Urkundenabschriften, 17: Fulda 3, Nr. 11

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

[Urkunde 1]: Ein Albus (= Weißpfennig) bezeichnet eine seit dem 14. Jahrhundert gebräuchliche Silberscheidemünze, die bis ins 19. Jhd. vor allem im Rheinland, später auch in Hessen geprägt wurde. Ein Albus galt in Hessen neun Pfennige.

[Urkunde 2]: Heinrich von der Tann bekundet nachträglich, dass der Verkauf des Mannlehens im Gericht Neukirchen in der Urkunde vom gleichen Tag im Widerspruch zu den Vereinbarungen des Vergleichs von 1687 Mai 9 [vgl. Nr. 1999] steht, der damals zwischen dem Kloster Fulda und den von der Tann abgeschlossen wurde. Heinrich betont, dass es besser gewesen wäre, die Frage des Mannlehens gesondert zu behandeln, damit das abgeschlossene Kaufgeschäft darunter nicht leidet. Heinrich versichert, dass dadurch weder die Wahrhaftigkeit des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts beeinträchtigt noch ein Vorrecht für das Kloster entstanden ist, was er als Verkäufer durch diesen Nebenschein nochmals bekräftigt. Handlungsort: Fulda. (So geschehen Fuldta den 12ten Xbris 1710). (siehe Abbildungen: 6. und 7. Seite, 8. und 9. Seite; Siegel: 3. Lacksiegel)

[Urkunde 3]: Heinrich Freiherr von der Tann, Reichshofrat, fuldischer Geheimrat und Obermarschall, bekundet, dass er dem Kloster Fulda das 1710 Dezember 12 verkaufte Gericht Neukirchen, das er bisher vom Kloster als Mannlehen innehatte, mit allen Rechten und Einkünften überlassen hat. Weil er selbst daran gehindert ist, das Kloster in diesen Besitz einzuweisen, bevollmächtigt er dazu den Rat der Ganerben von der Tann und Amtmann, Johann Martin Ries, und den Verwalter Johann Heinrich Stang. Die Bevollmächtigten müssen sich an dem vom Kloster bestimmten Tag in Neukirchen einfinden, die Geistlichen, Schuldiener und alle Einwohner und Untertanen zu diesem Termin zusammenrufen und ihnen den bevorstehenden Besitzwechsel bekannt geben. Daraufhin sollen die genannten Personen von ihnen aus dem Treueverhältnis und den Verpflichtungen, die sie den von der Tann schulden, entlassen und dem Kloster verpflichtet werden. Heinrich verspricht, dass sich die Bevollmächtigten für ihre Dienste schadlos halten können. Ankündigung der Unterfertigung. Siegelankündigung. Handlungsort: Fulda. (So geschehen Fuldta den 15ten Decembris 1710). (siehe Abbildungen: 8. und 9. Seite, 10. und 11. Seite, 12. und 13. Seite; Siegel: 4. Lacksiegel)

[Urkunde 4]: Adalbert [von Schleifras], Abt von Fulda, bekundet, dass ihm [Heinrich von der Tann], Geheimrat und Obermarschall von Fulda, das Gericht Neukirchen, das dieser vom Kloster bisher als Lehen innehatte, verkauft hat. Mit der Inbesitznahme, der Entgegennahme der Huldigung der Untertanen und der Vorstellung des neuen fuldischen Beamten bevollmächtigt der Abt den Geheimrat Kaspar Ludwig Thorwesten. Der Bevollmächtigte erhält hierzu alle erforderlichen Rechte und Freiheiten. Ankündigung der Unterfertigung. Ankündigung des Sekretsiegels Abt Adalberts. Ausstellungsort: Fulda. (Fulda den 15ten Xbris 1710). (siehe Abbildungen: 12. und 13. Seite, 14. und 15. Seite; Siegel: Papiersiegel)

[Urkunde 5]: Johann Karl Schaiblin, kaiserlicher Notar, bekundet, dass er mit den Zeugen am oben genannten Ort und Datum anwesend gewesen ist, alles gesehen, gehört und aufgezeichnet hat und darüber mit eigener Hand das vorliegende Instrument ausgefertigt und unterschrieben sowie sein Siegel daran gehängt und nochmals mit seinem Notarszeichen bekräftigt hat. Johann Schaiblin bekundet, dass vor ihm der fuldische Hofrat Kaspar Ludwig Thorwesten, der vom Kloster für die Inbesitznahme in Neukirchen als Kommissar abgeordnet wurde, in Anwesenheit der Zeugen Johann (Hanß) Heinrich Lindemann und Johann Schmidt, beide Gerichtsschöffen aus Burghaun, erschienen ist. Die Genannten haben dem Notar im Pfarrhaus von Neukirchen in der oberen Eckstube das folgende schriftliche Ersuchen (schedulam requisitionis) ausgehändigt. Zunächst ist eine durch Kaspar Thorwesten unterschriebene und besiegelte Urkunde von 1710 Dezember 16 (So geschehen Neukirchen den 16ten 10bris) vorgelegt worden, die den Verkauf des Gerichts und Mannlehens Neukirchen durch Heinrich von der Tann an Abt Adalbert [von Schleifras] schildert. Des weiteren ist mitgeteilt worden, dass Heinrich von der Tann den ganerblichen tannischen Rat und Amtmann Johann Martin Ries, und den Verwalter Johann Heinrich Stang als seine Bevollmächtigten zur Übergabe des Besitzes und zur Abnahme der Erbhuldigung bestimmt hat. Kaspar Thorwesten hat bestimmt, dass die Besitzübergabe vor dem Notar und den Zeugen stattfindet. Er hat den Notar gebeten, alle Vorgänge wahrheitsgemäß aufzunehmen, ihm darüber ein Instrument auszustellen und die dafür fällige Gebühr zu berechnen. Er hat Notar und Zeugen für diesen Vorgang auf das Kloster verpflichtet. Danach ist dem Notar die Vollmacht des Abtes für die Besitzergreifung Neukirchens durch Kaspar Ludwig Thorwesten vorgelegt worden (Fulda den 15ten 10bris 1710). Als der Notar begonnen hatte, fortzufahren, hat Josias Werner, hessen-kasselischer Rentmeister in Holzheim, der sein Erscheinen zuvor dem Notar angekündigt hatte, im Namen seiner Herrschaft gegen die Besitzergreifung (actum homagium) des Klosters in Neukirchen protestiert, da Hessen-Kassel von alters her die Schutz- und Schirmgerechtigkeit über Neukirchen ausübte. Daher ist ohne Zustimmung Hessen-Kassels die Huldigung der Untertanen nicht möglich. Josias Werner hat daher die Anwesenheit eines hessen-kasselischen Kommissars bei der Huldigung verlangt. Der fuldische und der tannische Kommissar haben entgegnet, das zunächst die Schirmgerechtigkeit (ius protectionis) nachgewiesen werden muss. Bei der letzten durch Heinrich von der Tann vorgenommenen Huldigung ist kein Kommissar aus Hessen-Kassel anwesend gewesen oder hat protestiert. Der Protest ist daher abgewiesen und mit der Huldigung fortgefahren worden. Daraufhin hat der Rentmeister erneut mit dem Zusatz protestiert, dass es den Untertanen verboten ist, dem Kloster zu huldigen. Sollten diese zur Huldigung gezwungen werden, würde seine Herrschaft Gewalt anwenden. Gegen dieses Verbot haben wiederum die beiden anderen Kommissare protestiert und sich gegen jedes Herrschaftsrecht Hessen-Kassels in Neukirchen verwahrt. Sie haben betont, dass das Kloster ungeachtet der angedrohten Strafen die Huldigung der Untertanen durchführen wird. Daraufhin hat der hessen-kasselische Kommissar die Versammlung unter Protest wieder verlassen. Danach ist der Pfarrer von Neukirchen, Johann Christoph Schubart, dazu geholt worden. Johann Martin Ries hat ihm die Umstände des Verkaufs des Gerichts Neukirchen an das Kloster vorgetragen. Er ist aus der Pflicht gegenüber der tannischen Herrschaft entbunden und aufgefordert worden, dem Kloster zu huldigen. Der fuldische Kommissar hat dem Pfarrer die freie Religionsausübung und alle Privilegien garantiert. Anschließend hat der Notar dem Pfarrer die Bevollmächtigungsurkunde Heinrichs von der Tann für den ganerblichen tannischen Rat und Amtmann, Johann Martin Ries, und den Verwalter Johann Heinrich Stang vorgelesen. Danach hat der Pfarrer dem fuldischen Kommissar das Handgelöbnis geleistet, den Besitzwechsel anerkannt und dem Kloster Gehorsam versprochen. Im Anschluß haben sich die Kommissare gegen 14 Uhr vom Pfarrhaus ins Wirtshaus, genannt der alte Benckgraben, begeben, um dort die Huldigung der Untertanen zu vollziehen. Zunächst haben sie die Einwohner der Orte Odensachsen und Hermannspiegel (Hermenspiegel) sowie die Inhaber der Höfe in Siegwinden zu sich gerufen. Amtmann Ries hat ihnen den Besitzwechsel und die Vollmachten der anderen Kommissare erläutert; danach hat er sie aus dem Treueverhältnis gegenüber Heinrich von der Tann entlassen. Der fuldische Kommissar hat ihnen versichert, dass ihre Rechte bestehen bleiben. Der Notar hat den Anwesenden zunächst die Vollmacht für den tannischen, dann die für den fuldischen Kommissar vorgelesen und die beiden Urkunden gezeigt. Anschließend hat er ihnen den Text des Huldigungseids vorgelesen. Die Untertanen haben mit erhobenen Fingern das Handgelöbnis und den nachfolgend wiedergegebenen Huldigungseid geleistet: Ihr sollt mit Handgelöbnis die Treue versprechen und mit erhobenen Fingern einen Eid auf Gott und sein heiliges Wort schwören, dass ihr Adalbert [von Schleifras], Abt von Fulda, unserem Fürsten und Herrn, treu, gehorsam und dienstbereit seid, Schaden vom Kloster abwendet und das Kloster nach eurem besten Vermögen fördert; Gebote und Verbote des Abtes sollt ihr gehorsam befolgen und ihnen nicht zuwiderhandeln; wenn der Abt sterben sollte, sollt ihr nur dem Dekan und dem Konvent von Fulda dienen, bis ein neuer Abt gewählt und euch bekannt gegeben worden ist; ihr sollt euch als treue Untertanen gegenüber dem Erbherrn und Landesfürsten verhalten. Es folgt eine namentliche Auflistung der Untertanen aus Odensachsen, Hermannspiegel und von den Höfen in Siegwinden, die den Eid geleistet haben. Danach sind vor dem fuldischen Kommissar die Einwohner von Mauers, Meisenbach und Müsenbach erschienen und haben in derselben Weise den Huldigungseid abgelegt. Es folgt eine namentliche Auflistung der Untertanen aus den genannten Orten. Die Einwohner des Orts Neukirchen sind anschließend aufgefordert worden, zur Eidesleistung ins Wirtshaus zu kommen. Die Einwohner haben zunächst sechs namentlich genannte Abgeordnete gesandt. Sie haben ausgesagt, dass ihnen der Rentmeister von Holzheim als Vertreter der hessen-kasselischen Herrschaft die Eidleistung gegenüber dem Kloster Fulda bei Verlust ihres Hab und Guts verboten habe. Sie dürfen solange keinen Eid leisten, bis Hessen-Kassel sein Einverständnis hierzu gegeben hat; erst in Anwesenheit deren Kommissars dürfen sie huldigen. Der tannische Kommissar hat daraufhin der ganzen Neukirchener Gemeinde befohlen, zu erscheinen, was auch geschehen ist. Johann Martin Ries hat vor ihnen das verkaufte Gericht Neukirchen erneut an den fuldischen Kommissar übergeben. Er hat alle Neukirchener aus ihren Pflichten entlassen und unter die Herrschaft Fuldas befohlen. Auch nach erneuter Aufforderung haben die Neukirchener unter Verweis auf die ausgesprochenen Drohungen den Huldigungseid verweigert und vorgeschlagen, diesen in Anwesenheit eines hessen-kasselischen Kommissars später zu leisten. Die Kommissare haben sie daraufhin gefragt, ob bei der letzten Eidleistung gegenüber Heinrich von der Tann ein Abgesandter von Hessen-Kassel anwesend gewesen ist, was die Neukirchener verneinten. Auf die Frage, warum dann ein hessen-kasselischer Kommissar anwesend ist, haben sie geantwortet, dass Hessen-Kassel und Fulda dies zunächst untereinander klären und ihnen einstweilen die Huldigung erlassen werden soll. Sie haben nochmals betont, dass sie Angst hätten, ihre auf hessen-kasselischem Gebiet liegenden Güter zu verlieren und Gewalttätigkeiten ausgeliefert zu sein. Die Untertanen sind nochmals gefragt worden, ob sie dem Kloster dienen wollen, wie sie zuvor Heinrich von der Tann gedient haben. Darauf haben sie geantwortet, dass ihnen ihre Dienstpflichten sehr wohl bewußt seien, sie aber große Angst um ihr Hab und Gut hätten. Daher haben sie nochmals um Aufschub der Eidleistung gebeten. Den Untertanen ist daraufhin nochmals erklärt worden, dass sie dem Besitznachfolger Heinrichs von der Tann in gleicher Weise die Huldigung schulden, nicht jedoch den anmaßenden Befehlen aus Hessen-Kassel, dem in diesem Gebiet kein Herrschaftsrecht zusteht. Wenn sie jedoch ihrer Eidespflicht nicht nachkommen, sei dies als ein Meineid aufzufassen, womit sie sich auf ewig gegen Gott versündigten. Die Kommissare haben nochmals betont, dass den Neukirchenern weder durch den Besitzwechsel noch durch die Eidleistung die freie Religionsausübung oder ihre sonstigen Rechte beschnitten werden. Als Kompromiss hat man angeboten, dass wenigstens ein Teil der Gemeinde die Huldigung leisten soll. Daraufhin haben sich jedoch zwei der Rädelsführer [!] nach draußen begeben und sind mit dem Rentmeister von Holzheim wieder hereingekommen. Dieser hat den Neukirchenern nochmals bei Verlust ihres Hab und Guts und bei Verlust von Leib und Leben die Huldigung gegenüber Fulda verboten. Die beiden anderen Kommissare haben dagegen wiederum protestiert und gesagt, dass sie nicht glauben können, dass die hessen-kasselische Herrschaft sich anmaßt, auf fremdem Territorium etwas zu befehlen oder zu verbieten. Nachdem man den Rentmeister aufgefordert hat, sich zu legitimieren, hat dieser sich auf einen schriftlichen Befehl mit einem Zusatz bezogen. Der Zusatz lautet: Da man von fuldischer Seite versucht, die Freiheit Neukirchens zu beseitigen (erschnappen), muss sein Herr als Schutzherr vorher wissen, wie und in welcher Gestalt man die Huldigung von fuldischer Seite aus durchführen will. Dieser Formulierung ist man seitens des Klosters entgegengetreten, ebenso hat man sich die rechtliche Ahndung des durch den Rentmeister Gesagten vorbehalten. Der Rentmeister hingegen ist, ohne den Befehl vorzulegen, davon gegangen. Daraufhin hat der tannische Kommissar dem fuldischen Kommissar die Neukirchener Gemeinde nochmals übergeben. Dieser hat die Übergabe akzeptiert und den durch den Rentmeister verstörten Neukirchenern zunächst eine dreistündige Pause zugestanden. Darauf haben sich die Kommissare ins Pfarrhaus begeben, um dort zu Mittag zu essen. Um halb vier Uhr sind sie in die Kirche gegangen; dort hat der tannische dem fuldischen Kommissar die Kirche mit allen Rechten übergeben und ihm vor Notar und Zeugen den Kirchenschlüssel überreicht. Im Anschluß hat er die Orgel spielen und die Glocken läuten lassen. Als der fuldische Kommissar beim Hinausgehen aus der Kirche dem Schulmeister den Schlüssel wieder geben wollte, hat dieser die Annahme verweigert, da er den Rentmeister von Holzheim im Ort gesehen hatte. Der Schulmeister hat gesagt, dass er hessischer Lehnsmann ist und daher den Schlüssel nicht annehmen kann. Beide Kommissare haben die Rechtmäßigkeit der Übergabe der Kirche betont und ihn zur Annahme des Schlüssels unter Androhung der Entlassung aus dem Dienst gedrängt. Der Schulmeister hat sich jedoch weiter geweigert, auch weil ihm der Rentmeister einen besseren Dienst in Hessen angeboten hat. Als der fuldische Kommissar zum Ende der Besitzergreifung die Kirche zugeschlossen hat, wollte der Schulmeister in der Kirche verbleiben, ist jedoch an den Armen hinausgezerrt worden, worauf die Kirche dann vom Kommissar zugeschlossen worden ist. Der Schlüssel ist anschließend Pfarrer Johann Christoph Schubart im Pfarrhaus übergeben worden. Danach haben sich die Kommissare unter die Gerichtslinde auf dem Gerichtsplatz oberhalb des Dorfes begeben. Dort hat der tannische dem fuldischen Kommissar alle Gerichtsrechte übertragen. Der fuldische Kommissar hat diese Rechte vor dem Notar und den Zeugen angenommen. Es folgt eine Beschreibung der weiteren Vorgänge (Inbesitznahme und Huldigung).

[Zu Urkunde 5]: Die von Kaspar Ludwig Thorwesten 1710 Dezember 16 ausgestellte Urkunde ist nicht erhalten.

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