HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 1895

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1666 Januar 21

Originaldatierung 

So geben und geschehen Würzburg den 21ten Ianuarii anno 1666

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Es wird bekundet, dass zwischen Johann Philipp [von Schönborn], Erzbischof von Mainz sowie Bischof von Würzburg und Worms, sowie den Zentgerichten von Hilders und Auersberg einerseits und den Ganerben des Dorfs Wüstensachsen und Joachim von Gravenegg, Abt von Fulda, als Lehnsherren des Dorfs, vertreten durch den bevollmächtigten Rat, Johann Ludwig Johannis, Doktor beider Rechte, andererseits, wegen der Gerichtsbarkeit und der damit verbundenen Prüfung (cognition), Zeugenverhöre und Bestandsaufnahme (inventur) der Zentgerichte Hilders und Auersberg über das Dorf Wüstensachsen mehrfach Streitigkeiten entstanden sind. Zur gütlichen Beilegung der Streitigkeiten ist eine Zusammenkunft in Würzburg angesetzt worden, an dem Bevollmächtigte der Streitparteien sowie Vormünder (beyständt) teilgenommen haben. Nach eingehender Beratung ist dem Erzbischof von Mainz und dem Abt von Fulda der folgende Vergleich zur Ratifizierung vorgelegt worden. 1. Bislang hat das Stift Würzburg den Ganerben von Wüstensachsen keine Vogteirechte zugestanden, sondern nur das Recht, Lehnschaft und Einkünfte von den dortigen Untertanen zu fordern; nunmehr hat das Stift Würzburg den Ganerben auch die Vogteirechte zuerkannt; die vor den Ganerben oder deren Bediensteten vorgebrachten Rechtsfälle dürfen nun von ihnen entschieden werden. 2. Die vier hohen Rügen und alle Rechtsfälle, die vom Nachrichter mit Strafen an Leib und Leben und Hand und Hals gerichtet werden, werden zukünftig vor den Zentgerichten Hilders oder Auersbach verhandelt. Straftäter sind an die beiden Zentgerichte auszuliefern; die Gefangennahme und Auslieferung der Straftäter übernehmen die Ganerben; wenn die Ganerben die Auslieferung verzögern oder verweigern, dürfen die Zentgerichte die Straftäter selbst abholen. 3. Das Stift Würzburg beansprucht die ausschließliche Bestrafung von Ehebruch durch die beiden Zentgerichte. Es ist in dem Vergleich nun geregelt worden, dass einfacher Ehebruch (adulterium simplex) zwischen einem verheirateten Mann und einer ledigen Frau oder einer verheirateten Frau und einem ledigen Mann von den Ganerben als Vogteiherren bestraft wird; auf Bitte des Fuldaer Bevollmächtigten bedarf die Regelung des letzteren Falles - der Ehebruch zwischen einer verheirateten Frau und einem ledigen Mann - noch der ausdrücklichen Zustimmung des Abtes von Fulda. Ehebruch zwischen Verheirateten (adulterium duplex), einfacher Ehebruch, der bereits bestraft worden ist und nochmals begangen wurde und einfacher Ehebruch, der mit Blutschande einhergeht, werden nur vor den Zentgerichten verhandelt. 4. Bei Rechtsfällen, die nach vorheriger Ankündigung (declaration) vor dem Zentgericht Hilders verhandelt werden, steht den Bediensteten des Zentgerichts die Prüfung, Nachforschung (inquisition) und das Zeugenverhör zu; vom Zentgericht dürfen Untersuchungen vor Ort durchgeführt werden; benötigte Zeugen können ohne Einspruchsmöglichkeit der Ganerben oder ihrer Bediensteten vorgeladen werden. 5. Wenn bei einem vor dem Zentgericht verhandelten Verbrechen eine Bestandsaufnahme notwendig ist, kann diese zusammen mit den Bediensteten der Vogtei vorgenommen werden. Die Einkünfte und Rechte der Ganerben und Vogteiherren bleiben davon aber unberührt. Bei allen übrigen von der Vogtei verhandelten Rechtsfällen steht die Bestandsaufnahme nur den Ganerben und ihren Bediensteten zu. Die bei Strafverfahren entstehenden Kosten werden, wie es zuvor üblich war und in der Zentordnung beschrieben ist, gehandhabt: nach erfolgter Auslieferung [eines Straftäters] haben die Zentleute aus Wüstensachsen die Kosten nicht zu tragen. 6. Das Stift Würzburg und die Zentgerichte Hilders oder Auersberg verzichten auf Eingriffe in die Vogteigerichtsbarkeit der Ganerben. Die Ganerben verzichten darauf, zukünftig die vor dem Zentgericht verhandelten Rechtsfälle zu behindern. Alle Streitigkeiten sind mit diesem Vergleich beigelegt; alle diesbezüglich anhängigen Prozesse werden aufgehoben. Ankündigung von Unterfertigung und Besiegelung. Der Vergleich ist von den Bevollmächtigten und den Vormündern der anwesenden Streitparteien unterfertig und besiegelt worden. Es sind drei gleich lautende Urkunden ausgefertigt worden; jede Streitpartei hat ein Exemplar erhalten. Ausstellungs- und Handlungsort: Würzburg. (siehe Abbildungen: Seite 1, Seite 2 und 3, Seite 4 und 5, Seite 6, Rückseite; Siegel: Lacksiegel 1, Lacksiegel 2, Lacksiegel 3, Lacksiegel 4, Lacksiegel 5, Lacksiegel 6, Lacksiegel 7)

Unterschriften 

(Georg von Bechtelsheim [Bechtolsheim] manu propria

Iohann Ludwig Iohannis / Doktor manu propria

Wolffgang Rottenberg Doktor manu propria

Philipp Adam Wit [?] von Saltz/burgk vor mich im namen / undt volmacht meines mit vor/mundts Wilhelm Rutolph von / Ebersberg genandt von Weyersch [Weyhers] manu propria

Tobias Reibeltz Doktor / manu propria

Georg Antoni Ziegler / wegen der fürstlich / würzburgischen universi/tet

Georg Antoni Ziegeler bevoll/mächtigter ihrer hochadelichen / gestrengen ir Georg Iohanni von / Hechenbach [?] etcetera undt / ihrer hochadelichen tugentiung/frau Mariae Gertraudt von / und zu Erthalin)

Siegler 

[Johann] Georg [II.] von Bechtolsheim, Johann Ludwig Johannis, Wolfgang Rottenberg, Philipp Adam Wit [?] von Salzburg, Tobias Reibeltz, Georg Anton Ziegler, Georg Anton Ziegler

Formalbeschreibung 

Ausfertigung, Papier, sieben aufgedrückte Lacksiegel

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Die vier hohen Rügen bezeichnen die vier schweren Kapitalverbrechen Mord, Raub, Brandstiftung und Notzucht.

Georg Anton Ziegler siegelt zwei Mal [für die Würzburger Universität und als Bevollmächtigter].

Repräsentationen

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