HHStAW Bestand 74 Nr. U 929

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Beschreibung: Urkunde

Identifikation (Urkunde)

Datierung 

1492 Juli 12

Originaldatierung 

dusent vierhundert zweyundnuwenzich, des zwoulfften taghs des mantz Julii

Vermerke (Urkunde)

(Voll-) Regest 

Bruder Johann, Abt zu Marienstatt, Cistercienserordens Kölner Diözese, bekundet, daß er persönlich das Nonnenkloster (junffer-) Gnadenthal, gleichen Ordens, Trierer Diözese, auf Befehl des Ordensoberen im Jahr (dusent vierhundert zweyundnuwenzich, des zwoulfften taghs des mantz Julii), visitiert hat und den Personen dieses Klosters zu Ehren Gottes und zur Seligkeit der Seelen folgende Punkte geboten hat: Da dem Dienste Gottes keine Sache vorgehen soll, sollen die Personen dort rechtzeitig die Gezeiten läuten und zwar nicht zu lange. Auf das Läuten der Glocken sollen sie sämtlich zu den Gezeiten in den Chor gehen und dort bis ans Ende bleiben und die Gezeiten sowohl der Stunde (tziit) wie auch die von Unserer Lieben Frau und für die Seelen in göttlicher Andacht langsam mit gebührlichen Pausen in Züchtigkeit halten, ohne daß dabei Worte oder Unzulässiges vorkommen. Von diesen Gezeiten soll keine gesunde Person ohne Erlaubnis der Obersten fernbleiben. Weil Leben und Tod in der Macht der Zunge steht und selten viele Worte ohne Sünde geschehen, sollen die Personen Stille halten auf dem Dormitorium, Remter (refenter), Kreuzgang und im Chor und auch sonst sich geziemend mit Worten halten, insbesondere keine schmählichen, schändlichen, unehrlichen, weltlichen Worte untereinander gebrauchen. Keine soll der andern über sie selbst oder einige ihrer Freunde Punkte oder Sachen vorwerfen oder verweisen, denn jede soll ihr Gebrechen und Übertretung bedenken und sich demütig (in oytmodicheyt) mit Worten und Werken halten. Die Äbtissin (frauwe) und der Kellner sollen für die Kranken mit Feuerung und anderer Notdurft gut sorgen. Die Äbtissin soll alle Fenster und Türen im Kloster, Dormitorium oder in der Kirche so verwahren lassen, daß dadurch keine Unordentlichkeit geschieht. Sobald es Abend wird, sollen die Türen und Pforten an allen Enden des Klosters zugeschlossen werden und bis an den lichten Morgen geschlossen bleiben. Wenn die Komplet aus ist, sollen die Nonnen (sustern) sogleich im Dormitorium in aller Züchtigkeit schlafen gehen, und die Äbtissin soll die Türen des Dormitoriums verwahren, so daß kein Schlüssel zu dieser Tür und zu einer anderen Tür nicht mehr Schlüssel als nach Ordens Weise vorhanden sind. Denn keine Schwester soll abends von dem Dormitorium fortgehen, um mit Priestern oder Junkern zu sitzen und zu trinken. Die Äbtissin soll nicht erlauben, daß diese mit auf dem Dormitorium schlafen oder daß die Nonnen ihnen auf das Gasthaus leuchten, sondern das soll eine weltliche Magd tun, die dazu von der Äbtissin befohlen wird. Wird eine Schwester nachts bei einer weltlichen Person oder beim Verlassen des Dormitoriums angetroffen, so soll die Äbtissin sie so hart nach der Gelegenheit und nach der Ordensweise strafen, daß die anderen davon Furcht bekommen. Keine Schwester soll einen Priester oder Junker oder eine berüchtigte Person grundlos (leychtlich) zu sich ziehen oder in das Kloster laden, weil dadurch böse Gerüchte entstehen. Wenn eine weltliche oder geistliche Person, die zu einer Schwester gehört, kommt, so soll die Äbtissin sie auf die Abtei laden, fröhlich mit ihr sein und sie gut bewirten (tracteren), doch sie nicht in dem Kloster schlafen lassen. Die Schwestern sollen an sämtlichen Liebfrauentagen und an allen hohen Festen des Jahres ihre Beichte sprechen und das heilige Sakrament empfangen. Die Äbtissin soll den Schwestern nicht zu oft Urlaub aus dem Kloster zu deren Freunden oder anderswohin geben, sondern nur aus redlicher Ursache einmal im Jahr auf eine bestimmte Zeit. Wer diese Zeit nicht einhält, soll nach Entscheidung der Äbtissin wie eine ungehorsame Nonne nach Ordens Weise bestraft werden. Bei Strafe des Ordens verbietet der Aussteller, daß eine Nonne Urlaub erhält zu Kindbett, Hochzeit (brulaufft), Kirmessen, Kindtaufe (kynder zu heben) oder zur Wartung von Kindbettfrauen, so nah sie auch verwandt sind, da dies wider den heiligen Orden ist. Wer Urlaub erhält, soll sich geziemend verhalten und die Ordenskleidung mit den Schleiern (weylen) und keine weltliche Kleider inner- und außerhalb des Klosters tragen, insbesondere sich nicht gürten und keine Schnäbel an den Schuhen haben. Sie sollen auch an keine anderen Orten gehen, als wohin sie Urlaub haben, bei Strafe des Ungehorsams. Keine Nonne soll in das Viehhaus oder vor die Pforte ohne Erlaubnis der Äbtissin oder Priorin gehen. Da alle Vollkommenheit im wahren Gehorsam besteht, der dem allmächtigen Gott angenehmer als Opfer ist, so ermahnt der Aussteller die Äbtissin, in allen Punkten nach Vermögen sich gebührlich zu verhalten und ihren geistlichen Töchtern mit Worten und Werken voranzugehen und sie zu versorgen und zu bewachen wie eine treue Mutter. Ebenso sollen die Schwestern die Äbtissin (uwer erwerdige frauwe) in Ehren halten und ihr in allen Sachen, wo es sich für sie gebührt, gehorsam sein, ihr keine kleinen oder großen Worte geben und einträchtig in göttlicher Liebe, schwesterlicher Treue, Liebe (leyffhayt), Reinigkeit des Leibes und Armut des Geistes leben, wodurch sie sämtlich das ewige Leben erwerben können. Ist eine Person in einem dieser Punkte der Äbtissin ungehorsam, so soll sie jene hart nach Ordensweise gebührlich strafen, da sie diese Punkte bei Strafe des Ungehorsams einhalten müssen. Diese Urkunde (carte) soll jährlich alle Quatember verlesen werden, damit sich keine mit Unwissenheit entschuldigt.

Formalbeschreibung 

Ausfertigung Papier mit Spur des aufgedrückten spitzovalen Abtssiegels Unten links gestrichen der gleichzeitige Vermerk, daß Abt Johann von Marienstatt 1496 das Kloster Gnadenthal visitierte, dabei feststellte, daß alle Punkte dieser Urkunde ordentlich gehalten wurden, und den Nonnen (unsen geystlichen douchteren) aufgetragen hat, die Punkte wie bisher zu halten. - Rückvermerk (Anfang 16. Jh.): Forma der carthenn monialium. - - Regest: Struck, Klöster und Stifte der mittleren Lahn III Nr. 1019

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Struck, Kloster Marienstatt, Nr. 1348

Repräsentationen

Aktion Typ Bezeichnung Zugang Info
Detailseite Original Urkunde