HHStAW Bestand ... Serie

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Beschreibung: Bestand-Serie

Identifikation (kurz)

Titel 

Internierungs- und Arbeitslager

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Die in den Abteilungen 521 bis 525 geordneten Akten umfassen die Überlieferung der nach dem 2. Weltkrieg in Hessen eingerichteten Internierungs- und Arbeitslager. Diese bestanden 1946 bis 1950.
Das Hauptstaatsarchiv hat die Akten geschlossen von dem Hessischen Minister für politische Befreiung, dem die Verwaltung der Lager unterstellt war, übernommen, nachdem sie in Darmstadt, dem Sitz des Landesamts für Arbeitslager und dem Ort des größten Internierungslagers, zusammengezogen worden waren. Sie wurden möglichst provenienzmäßig geordnet und aufgestellt.

Geschichte des Bestandsbildners 

Nach der Besetzung Deutschlands Ende des 2. Weltkrieges hatten zunächst die Alliierten außer den großen Gefangenenlagern, in welchen die deutschen Soldaten auf ihre Entlassung warteten, Internierungslager für Zivilisten eingerichtet. Diese Maßnahme hatte anfangs rein militärische Gründe. Es sollten nämlich alle die Kräfte ausgeschaltet werden, die den Besatzungstruppen hätten gefährlich werden können.
Daneben gab es sogleich auch Tendenzen, die auf die völlige Ausrottung des Nationalsozialismus gerichtet waren. Aus der Zusammensetzung der Lagerinsassen war das zu erkennen: Neben den zahlreichen und großen Gefangenenlagern wurde ein besonderes Lager für Stabsoffiziere und Generäle in Neustadt (Kreis Marburg) eingerichtet. Die Prominenz aus Staats- und Parteikreisen wurde jedoch auf die Internierungslager aufgeteilt. Aber nicht nur die Spitzen der staatlichen Verwaltung und des Parteiapparates wurden auf diese Weise festgesetzt, sondern die Nationalsozialisten überhaupt, soweit sie durch ihre Funktionen oder ihren Rang Einfluss in der Öffentlichkeit hatten. Es wurden so genannte automatische Haftklassen gebildet, zu denen in weiten Maßen Beamte und Amtsträger der NSDAP gezählt wurden. Von den jüngeren Beamten wurden z.B. diejenigen in Haft genommen, die nach den strengen national-sozialistischen Richtlinien ernannt oder befördert worden waren, weil sie im Verdacht standen, überzeugte und aktive Parteimitglieder gewesen zu sein. Zur automatischen Haftklasse gehörten u.a. auch alle Männer, die sich freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatten, und alle SS-Männer, die aus den ehemals besetzten deutschen Kriegsgebieten stammten und bei der Waffen-SS gedient hatten. Von den Parteirängen inhaftierte man nicht nur solche Nationalsozialisten, die sich besonders auffällig gezeigt hatten, sondern ohne nähere Untersuchung oder Verhöre alle Ortsgruppenleiter und die darüber stehenden Dienstträger. Von den Offizieren wurden ebenso die Stabsoffiziere vom Obersten an aufwärts interniert. Dazu kamen die vielen Männer und Frauen aus Partei und Staat, die Opfer von Denunziationen wurden. Die Lager standen für längere Zeit unter militärischer Bewachung und Verwaltung.
Erst am 1.11.1946 kamen die Internierungslager in deutsche Hand. Dazu war es notwendig, dass eine besondere Verwaltung eingerichtet wurde: Das Landesamt für Internierungs- und Arbeitslager (Abt. 521). Unter den Internierungslagern in Hessen gewann das Lager Darmstadt, dessen Vorgänger das amerikanische Camp 91 war, zentrale Bedeutung (Abt. 522). Während die Zuständigkeit der anderen Lager regional bestimmt war, diente Darmstadt zeitweilig als eine Art Sammellager; denn von hier wurden die Internierten häufig in ihre Heimatlager verlegt, oder sie kamen vor ihrer Entlassung aus einem anderen Lager nach Darmstadt. Von Darmstadt aus wurde u.a. auch ein Austausch mit der englischen Besatzungszone durchgeführt; dagegen vermied man es, Internierte in die französische Besatzungszone oder in die russische Besatzungszone zu überführen. In vielen Fällen dauerte die Internierung mehrere Jahre, bis es zu einer so genannten Spruchkammerverhandlung kam, die entweder vor der Lager-Spruchkammer in Darmstadt oder vor der zuständigen Heimat-Spruchkammer stattfand. Dabei wurde entweder auf einfache Entlassung des Internierten erkannt, sofern die politische Unbedenklichkeit nachgewiesen wurde, oder es wurden Sühnemaßnahmen in Form von Geldstrafen, Vermögenseinziehungen, Arbeitsbeschränkungen oder Arbeitslager-Haft festgesetzt. Zur Ableistung der auf Arbeitslager lautenden Strafen waren die Internierungslager mit Arbeitslagern verbunden. Bei Verdacht auf kriminelle Taten kamen Internierte vor ordentliche Gerichte. Die amerikanische Besatzung behielt sich die Zuständigkeit für einen Teil der Internierten vor. Deshalb gab es neben dem Internierungslager Darmstadt ein amerikanisches Restlager, in dem z.B. die oben erwähnten Waffen-SS-Männer aus den ehemals deutschen Kriegsgebieten untergebracht waren.
Für die in den deutschen Lagern Internierten war die amerikanische Zuständigkeit nicht gänzlich erloschen: Es durfte nämlich kein Internierter ohne die amerikanische Zustimmung aus dem Lager entlassen werden. Auch wenn ein günstiges Spruchkammerurteil, der sog. Spruchkammerbescheid, vorlag, behielten sich die Amerikaner eine Überprüfung vor und befanden danach über Entlassung oder weitere Internierung. Unter der deutschen Verwaltung traten naturgemäß die Gesichtspunkte der Ausschaltung ehemaliger Soldaten und aller jener Kräfte, die zu einem Widerstand gegen die Besatzungstruppen fähig gewesen wären, zurück gegenüber der Notwendigkeit der allgemeinen politischen Sicherung und der Ausrottung des Nationalsozialismus. Daneben spielten in den Lagern die politische Umerziehung, die politische Weiterbildung und die geistige Betreuung der Internierten überhaupt eine erhebliche Rolle.
Im Laufe des Jahres 1950 wurden die Lager aufgelöst, zuletzt das Lager Darmstadt, das in den letzten Monaten seines Bestehens zum Durchgangslager für die letzten Internierten der US-Zone geworden war.

Findmittel 

Findbuch von F. Geisthardt, 1972

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