StadtA DA Bestand 44/16

  • Zugeordnete Objekte zeigen
  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Gärtnerverein "Feronia"

Laufzeit 

1889, 1930-1939 (2002)

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Hans Sommer übergab das Vereinsschriftgut, das in seiner Obhut den Krieg überstanden hatte, 2002 dem Stadtarchiv. Die Unterlagen, die überwiegend aus den 30er Jahren stammen, zeichnen vor allem ein Bild des Vereinslebens während des Nationalsozialismus. Die Vereinsprotokolle vor 1930 sind vermutlich verloren, so dass für eine Übersicht über die Anfangsjahre des Vereins auf die Darstellung in der Festschrift des Junggärtnervereins "Feronia Darmstadt" zum 30. Stiftungsfest zurückgegriffen werden muss. Aber gerade die Entwicklungen der letzten Jahre des Vereins können mit den Sitzungsprotokollen gut verfolgt werden. Ergänzt werden sie durch Akten mit Vereinskorrespondenz und einer Sammlung von Zeitungsausschnitten, die ebenfalls von Hans Sommer dem Stadtarchiv übergeben wurden. Einige private Unterlagen von Herrn Sommer sind ebenfalls im Bestand enthalten, die Vereinsüberlieferung von "Feronia" überwiegt jedoch. Herr Sommer meldete beispielsweise als Beobachter des "Phänologischen Dienstes des Reichsamtes für Wetterdienst" Standorte und Wachstum von Pflanzen nach Berlin. Die von ihm ausgefüllten Meldebögen liegen dem Bestand bei.

Eine systematische Auswertung des Bestandes ist noch nicht erfolgt. Die abschließende Verzeichnung steht ebenfalls noch an.

Geschichte des Bestandsbildners 

1884 trafen sich in Darmstadt mehrere Gärtnergehilfen, um sich zu einem Verein zusammen zu schließen. Ihr Anliegen war die gegenseitige berufliche Unterstützung und Weiterbildung. Möglicherweise war Feronia, die altrömische Frühlings- und Erdgöttin, die Namensgeberin dieses auf fachlichen Austausch ausgerichteten Darmstädter Vereins, der ab 04. September 1884 so benannt wurde und bis 1939 bestand. Die Idee eines Junggärtnervereins kam gut an und bis zum Jahresende erhöhte sich die Mitgliederzahl von 14 auf 28. Zunächst wurden regelmäßigen Sitzungen fachliche Fragen behandelt und Vorträge gehalten. Ab 1886 begannen die Mitglieder einen regen Austausch mit Nachbarvereinen u.a. in Frankfurt ("Hortulania"), Wiesbaden ("Hedera"), Mainz ("Hortesia"), und Mannheim ("Phönix"). Um das Vereinsleben weiter zu fördern, wurden Feiern veranstaltet, zu denen auch Mitglieder der Nachbarvereine eingeladen wurden. Das erste Fest dieser Art war das 3. Stiftungsfest 1887. Fachaufsätze wurden veröffentlicht, in der Vereinsbibliothek zur Einsichtnahme aufbewahrt und prämiert. Die Bibliothek wurde auch mit Publikationen außerhalb des Vereins gefüllt. Ab 1889 konnte der Verein auch eine eigene Vereinsfahne aufweisen. Mit dieser nahmen sie an den gängigen Veranstaltungen dieser Zeit in Darmstadt teil, beispielsweise dem Sedanstag und den Einzugsfeierlichkeiten des Großherzoglichen Paares 1894.

Die Mitgliederzahl blieb bis in die 1890er Jahre durchschnittlich bei 25, jedoch mit einer hohen Fluktuation. Da dem Verein überwiegend Berufsanfänger angehörten, war die Wahrscheinlichkeit für Stellen- und damit auch Ortswechsel hoch. 20 der 25 Mitglieder tauschten sich vor allem durch den Wegzug von Mitgliedern aus Darmstadt und dem Zuzug neuer Mitglieder, die deren Platz einnahmen, aus. Frauen werden in der Geschichte des Vereins nur als Stifterinnen erwähnt. Sollten Frauen an Vereinsaktivitäten teilgenommen haben, so wurde diese Entwicklung von Seiten des Vereins nicht nach außen kommuniziert.

Die Festschrift des Junggärtnervereins "Feronia Darmstadt" anlässlich seines 30. Stiftungsfestes stellt mit Beginn der 90er Jahre fest, dass das gegenseitige Misstrauen der Mitglieder untereinander wuchs und die harmonische Zusammenarbeit der Anfangsjahre überschattete. Als Grund hierfür werden "sich auch im Berufsleben bemerkbar machende Gegensätze" und die "sogenannte politische Atmosphäre" genannt. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in einem Rückgang von Vereinsaktivitäten wider. So wurden auch weniger Versammlungen durchgeführt (1885: 44, 1893: 40, 1895: 16, 1896: 19). Doch man fand sich noch zu städtischen Feiern und festlichen Anlässen zusammen. So nahm der Verein am 10. November 1898 mit 30 Mann an der Enthüllungsfeier des Denkmals Ludwig IV. auf dem Friedensplatz teil. Es spielt sich eine gewisse Regelmäßigkeit für gesellige Aktivitäten ein. Neben den Besuchen botanischer Einrichtungen außerhalb Darmstadts wurden zwischen 1894 und 1904 vor allem drei Veranstaltungen fester Bestandteil des Vereinsalltags der "Feronia": ein Maskenfest zur Fastnachtszeit, das Stiftungsfest mit anschließendem Tanz im September und eine Weihnachtsfeier.

Die Anzahl der fachlichen Versammlungen sank jedoch weiter und es wurde sogar angedacht, sich mit dem Gärtnerverein "Anemone" zusammen zu schließen. Eine Lösung bat die Gründung der Ortsgruppe des Verbandes Deutscher Privatgärtner in Darmstadt, welcher der Verein geschlossen beitrat und sich in "Ortsgruppe Feronia des Deutschen Privatgärtner-Vereins" umbenannte.

Das 30. Stiftungsfest, das am 17. August im Hugenschütz-Felsenkeller gefeiert werden sollte, musste durch den Ausbruch des Krieges entfallen. Man hatte sich eigentlich vorgenommen, auch während des Krieges regelmäßige Versammlungen abzuhalten, war jedoch nicht in der Lage, das auch durchzuführen. Viele Vereinsmitglieder wurden zum Wehrdienst eingezogen und mussten Darmstadt Richtung Front verlassen. Die erste Sitzung nach Kriegsende fand 1919 statt, 1920 wurde die Verbindung zum Privatgärtner-Verein aufgelöst und der Verein führte nun wieder den Namen "Feronia". Vermutlich als Folge der Erfahrungen aus der Kriegszeit hielt man zunächst nur gesellige Zusammentreffen ab. Ab 1920 begannen die Mitglieder dann wieder, auch fachliche Vorträge zu organisieren. Mit der Inflation erlitten die Vereinstreffen schon bald darauf einen erneuten Einbruch. Erst 1924 konnte mit dem 40. Stiftungsfest ein Anstieg der Vereinstätigkeit gefeiert werden. In den Folgejahren besuchten die Mitglieder gemeinsam Gartenbauaustellungen und hielt auch wieder vermehrt Vorträge. Die Aktivitäten nahmen bis 1933 stetig zu. Fachliche Beiträge wurden jetzt auch von außen an den Verein herangetragen, beispielsweise durch den Oberbauinspektor Pfeiffer oder den Gartenbauinspektor Dermer.

In einer Vereinssitzung vom 11. März 1933 hatte der 1. Vorsitzende noch "in dringenden Worten [darum gebeten,] die Neutralität des Vereins zu wahren und keine Politik in den Verein zu tragen, was von den Anwesenden freudig begrüßt wurde". Doch Zuspruch erhielt er nicht von allen Vereinsmitgliedern. Das Versammlungsprotokoll vom 25. März 1933 berichtet von Kritik am Verhalten des Vereins "bei der letzten nationalen Feier, insbesondere wegen Nichtbeteiligung am Fackelzug". Zwar "erhob sich ein lebhafter Widerspruch, der schließlich in eine äußerst erregte Debatte ausartete", doch die neutrale Position des Vereins ließ sich nur mit Mühe halten. 1933 erfolgte der Anschluss an den Verein der Arbeitsgemeinschaft deutscher Junggärtner. Am 27. Mai 1933 wurden drei Vorstandsmitglieder während einer Vorstandssitzung dazu aufgefordert, wegen "politischer Unzuverlässigkeit" aus dem Vorstand auszuscheiden. Die für die Neubesetzung der Ämter vorbestimmten Kandidaten wurden festgelegt und ohne Wahl der Mitglieder am 10. Juni 1933 vom Geschäftsführer des Amtes für Agrarpolik der NSDAP und dem Diplom-Gartenbauinspektor Dermer verpflichtet. Die Abstimmung der Mitglieder über die neu eingesetzten Personen war eine rein formale Angelegenheit. Die Festschrift von 1934 schwärmte von der Gleichschaltung des Vereins während einer festlichen Veranstaltung. Mit der Gleichschaltung endete die politische Neutralität des Vereins. über steigende Mitglieder- und Veranstaltungszahlen. Das Jahresprotokoll des Vereins berichtet jedoch, dass den 61 Mitgliedern aus dem Vorjahr nun 65 Mitglieder entgegen stehen. Auch 1934 veränderte sich die Mitgliederzahl nur unwesentlich. Zwar traten 9 Personen dem Verein bei, es gab jedoch auch 5 Austritte.1935 sank die Mitgliederzahl auf 60.

Politisch durfte sich der Verein nicht betätigen, sondern war auf die berufliche Weiterbildung der Mitglieder ausgerichtet. Zeit zum Feiern fand sich daneben auch weiterhin. Insbesondere das 50. Stiftungsfest wurde 1934 über mehrere Tage hinweg gefeiert.

Die letzte ordentliche Monatsversammlung fand laut Protokoll und Anwesenheitsbuch am 17. Juni 1939 statt. 13 Mitglieder hatten sich hierfür zusammengefunden. Am 22. Juli sollte die nächste Zusammenkunft stattfinden, doch weist das Anwesenheitsbuch keine Eintragungen auf, obwohl bereits eine Nummerierung aufgeschrieben wurden. Die Sitzung wurde aufgrund der geringen Teilnehmendenzahl abgeblasen. Dass keine Protokolle der letzten Monatsversammlung am 19. August 1939 und der letzten Vorstandssitzung am 28. Oktober 1939 mehr geführt wurden, zeigt, dass eine praktische Vereinstätigkeit nicht mehr vorhanden war. Mitglieder waren zum Kriegsdienst eingezogen worden und weitere Einberufungen wurden erwartet. Man beschloss, für die Dauer des Krieges keine Versammlungen mehr abzuhalten. Der ehemalige Schriftführer des Vereins, Hans Sommer, berichtet auch von einer zunehmenden "Lockerung des vereinsmäßigen Zusammenhalts der Berufskollegen", als die städtischen Gärtner an andere städtische Ämter, die durch den Kriegsdienst an Personalmangel litten, "ausgeliehen" wurden.

Nach dem zweiten Weltkrieg gab es keinen Versuch mehr, den Verein wiederaufleben zu lassen. Mit dem Ende des Krieges endete auch der Gärtnerverein "Feronia".

Findmittel 

Vorläufiges Inventar (analog)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang 

5 Kartons und ein Buch

Referent 

Dr. Peter Engels