HHStAW Bestand 520/01

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Beschreibung: Bestand

Serie

Bezeichnung

Spruchkammern

Identifikation (kurz)

Titel 

Alsfeld

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

HHStAW Abt. 501 Hessisches Ministerium für politische Befreiung: Verwaltungsakten und Personalakten der Spruchkammerbediensteten

HHStAW Abt. 649 Amerikanische Militärregierung: Berichte der Special Branches der Militärregierung

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Das Schriftgut der Spruchkammer Alsfeld gelangte mit der Übernahme des Zentralgruppenregisters (siehe Bestandsserie "Spruchkammern") an das Hessische Hauptstaatsarchiv und wurde in Abt. 520/01 zusammengefasst. Von insgesamt rund 44 lfm Archivgut sind 32 lfm Akten von Betroffenen und Amnestierten in Arcinsys verzeichnet. Unterlagen zu Personen, die vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus nicht betroffen waren, sind noch nicht in der Archivdatenbank erfasst (Stand: Juli 2016).

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Spruchkammer Alsfeld, eine von insgesamt 14 Spruchkammern im Regierungsbezirk Darmstadt, war in erster Instanz für die Entnazifizierung in den Gemeinden des Landkreises Alsfeld zuständig und hatte ihre Arbeit im Mai 1946 bereits aufgenommen. Als erster Vorsitzender fungierte von Ende April 1946 bis September 1948 Otto Köth (SPD), von Beruf Kommissarischer Rektor und Schulrat in Alsfeld. Weitere Vorsitzende waren der Industriekaufmann Heinrich Dettmann (parteilos), der zunächst nebenberuflich, ab Dezember 1947 hauptamtlich (bis Juli 1948) bei der Spruchkammer Alsfeld tätig war, Wilhelm Mömmerzheim (SPD, Januar 1947 – September 1948) und Josef Lier (CDU, Juni 1947 – Juli 1948). Nur kurze Zeit war Konrad Geisel 1946 als stellvertretender Vorsitzender in Alsfeld beschäftigt. Kaum vier Wochen lang amtierte ferner Julius Möller als Vorsitzender, er trat in Anbetracht der drohenden Entlassung durch den Minister für politische Befreiung zurück; nach seiner Ernennung waren Anschuldigungen gegen ihn laut geworden, er sei in das NS-Regime verstrickt gewesen.
Die Position des ersten öffentlichen Klägers hatte bei der Spruchkammer Alsfeld der gelernte Schneidermeister Willy Ohlwein (CDU, August 1946 – September 1948) inne. Zu öffentlichen Klägern bestellt wurden zudem Hans Ebner (parteilos, Januar 1947 – September 1948), Werner Hammel (KPD, Juni 1947 – Dezember 1948) – er war zuvor als erster öffentlicher Kläger bei der Spruchkammer Darmstadt-Lager tätig gewesen –, und der Kaufmann Max Mahlberg (KPD, April – August 1946). Als stellvertretender öffentlicher Kläger fungierte Ludwig Wollrab (SPD, April 1946 – August 1948). Darüber hinaus waren bei der Spruchkammer Alsfeld etwa 25 Beisitzer beschäftigt sowie zahlreiche Schreibkräfte. Alle Mitarbeiter von Spruchkammern wurden vor ihrer Einstellung von den Special Branches (Sonderabteilungen) der amerikanischen Militärregierung im Hinblick auf ihre Aktivitäten in der NS-Zeit überprüft, was mitunter zu Verzögerungen beim Aufbau der Spruchkammern führte.
Die Special Branches kontrollierten in gewissen zeitlichen Abständen auch die Arbeit der Spruchkammern und berichteten an die Militärregierung. In einem solchen Report vom Juli 1946 bewertet der Special Branch Advisor William K. Brohan die Spruchkammer Alsfeld positiv: Diese sei bisher die einzige Spruchkammer, die zu Ermittlungszwecken Anfragen an das Berlin Document Center richtete, zudem sei die Aktenführung vorbildlich. Aus einem späteren Bericht von Special Branch Officer 1st Lieutenant Edward C. Storr geht hervor, dass bis Ende Februar 1948 insgesamt 47.477 Meldebögen bei der Spruchkammer Alsfeld eingegangen waren. Anhand der Meldebögen wurden 34.391 Personen als Nichtbetroffene eingestuft, weitere rund 10.000 Personen fielen unter die Heimkehrer-, Jugend- oder Weihnachtsamnestie. Die rechtskräftigen Sprüche der Spruchkammer Alsfeld führten zu folgendem Ergebnis: In Gruppe I der Hauptschuldigen wurde niemand eingestuft, in Gruppe II der Belasteten acht Personen, in Gruppe III der Minderbelasteten 108 Personen, in Gruppe IV der Mitläufer 764 Personen und in Gruppe V der Entlasteten 24 Personen. Weitere 1931 Verfahren waren im Februar 1948 noch anhängig.
In zweiter Instanz war für den Landkreis Alsfeld die Berufungskammer Gießen verantwortlich. Als die erstinstanzlichen Spruchkammern im Laufe des Jahres 1948 auf Anordnung des hessischen Ministers für politische Befreiung Gottlob Binder aufgelöst wurden, ging die Zuständigkeit für den Landkreis Alsfeld auf die Berufungskammer Gießen über. Diese zeichnete fortan für alle in ihrem Berufungskammerbezirk gelegenen ehemaligen Spruchkammern verantwortlich. Dies waren neben Alsfeld die Spruchkammern des Stadt- und Landkreises Gießen, der Landkreise Büdingen, Friedberg, Usingen, Oberlahn, Wetzlar und des Dillkreises. Zum Jahresende 1949 wurden die verbliebenen Spruchkammern nochmals gebündelt zu zwei Zentralspruch- und Berufungskammern in Kassel und Frankfurt a.M., wobei der Landkreis Alsfeld in den Bezirk der Spruchkammer Frankfurt a.M. fiel.

Enthält 

Akten und Meldebögen

Literatur 

Schuster, Armin: Die Entnazifizierung in Hessen 1945–1954. Vergangenheitspolitik in der Nachkriegszeit. Wiesbaden: Historische Kommission für Nassau, 1999 (Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen 29) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau 66). Zugl.: Gießen, Univ., Diss., 1997.

Niethammer, Lutz: Entnazifizierung in Bayern. Säuberung und Rehabilitierung unter amerikanischer Besatzung. Frankfurt a.M.: S. Fischer Verlag, 1972.

Amtsblatt des Hessischen Ministeriums für politische Befreiung, 1947–1948.

Rundverfügungen des Hessischen Ministeriums für politische Befreiung Nr. 1–60, 1946.

Findmittel 

Kartei (Betroffene, Nichtbetroffene und Amnestierte)

Teilbestand (Betroffenenakten, 32 lfm): Online-Datenbank (Arcinsys)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang 

44,25 lfm