HHStAW Bestand 171

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Akten (Altes Dillenburger Archiv)

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Das von Anton Ulrich von Erath (1747-1773) bis 1814 genutzte handschriftliche Findbuch war nur als Provisorium gedacht. Fast 5000 Aktenbände waren darin nicht erfasst. Ein geringer Teil davon war von Meinardus um 1900 in einem 'Nassau-Oranischen Hausarchiv' geordnet und verzeichnet worden. Erath ließ die etwa 30 000 Aktenbände im Zusammenhang der fünf alten Archivkörper des Diezer, Dillenburger, Hadamarer, Siegener und Geheimen Archivs, die allerdings bereits an vielen Stellen miteinander vermischt waren und in ihrem Gefüge nur noch geringe Spuren und Ansätze älterer systematischer Ordnung erkennen ließen. Er registrierte die Akten nach dem Anfangsbuchstaben eines oft sehr zufällig gewählten Stichwortes unter Beifügung einer einzigen Nummer, sodass der Bestand sachlich wie zeitlich bereits ebenso wie beim 'Bär'schen Prinzip' durchmischt ist. Die oft nur flüchtig durchgesehenen Akten wurden gebunden, sodass die Heftung vielfach nicht zusammengehörige Akten vereinigte, von denen meist nur ein Betreff erfasst wurde. Die durchaus als Provisorium gedachte Verzeichnung wurde erst durch das alphabetische Register zugänglich.
Nach Verlusten in der bergischen Zeit wurden nach 1816 die Haus- und Familiensachen, aber auch politisch bedeutsame Landessachen an den König der Niederlande (heute im Kgl. Hausarchiv in Den Haag), die Akten des Fürstentums Siegen und für das Amt Burbach an Preußen (heute im Staatsarchiv zu Münste) abgegeben. Aus dem stark dezimierten Bestand wurden nach 1816 weitere Stücke kassiert und Ende des 19. Jhs. viele Einzelstücke nach Pertinenz in andere Bestände des Hauptstaatsarchivs eingereiht. Zuletzt wurden die Akten aus der Zeit nach 1743 zur Abt. 172 genommen. Aus einer umfangreichen unverzeichneten Aktengruppe hatte man vorübergehend ein Oranisches Hausarchiv gebildet, doch ist dieser mittlerweile durch Ablieferungen verkleinerte Bestand mit den vorher unverzeichneten Akten des Dillenburger Archivs aus der Zeit vor 1743 unter den Signaturen Z 301-4.267 ff. an die Erath'sche Verzeichnung angeschlossen worden.
Nach 1940 wurde für einen Austausch mit dem Hausarchiv im Haag ein beträchtlicher Teil ausgesondert und nach Ehrenbreitstein gebracht, wo dieser nach 1945 von den Niederländern entschädigungslos übernommen wurde. Der Rest des Hausarchivs und andere Teile, als alte Abteilungen 190 ff. unverzeichnet grob nach Teilfürstentümern geordnet, war unbenutzbar. Er wurde nach 1940 durch Umlagerungen im Archiv, zum Teil auch mit den Rechnungen der heutigen Abteilung 190, vermischt.
Mit einer neuen Verzeichnung des im Erath'schen Repertorium erschlossenen Bestandes hatte Karl E. Demandt um 1900 begonnen.
Die aktuelle Neuverzeichnung erfolgte von 1985 bis 2010 durch Hellmuth Gensicke, Klaus Eiler und Rouven Pons.

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Regierung zu Dillenburg wurde 1743 für den aus den nassauischen Teilfürstentümern Dillenburg, Diez, Siegen, Hadamar und den Gemeinschaften gebildeten Gesamtstaat Nassau-Oranien als oberste Landesbehörde errichtet. Für die deutschen Landesteile bestand gleichzeitig in Den Haag noch ein deutsches Kabinett des in den Niederlanden residierenden Landesherrn. Der Regierung in Dillenburg waren als Mittelbehörden die Unterdirektorien zu Siegen (1743-1806) und Diez, für die Fürstentümer Diez und Hadamar (1744-1776), unterstellt.

Enthält 

Akten (ab 879) 14. Jh.-1743, Lehnsakten bis 1806
Die Bedeutung des Hauses Nassau-Dillenburg für den Freiheitskampf der Niederlande und den Calvinismus in Westdeutschland begründen den besonderen Rang dieses Bestandes, der auch nach den großen Kassationen und Ablieferungen noch immer eine weithin über die Grenzen des Territoriums hinausgreifende überaus reiche Überlieferung birgt. Der in der bisherigen unsystematischen Verzeichnung und Lagerung schwer überschaubare Bestand enthält u.a.:
Haus- und Familiensachen: Erbfolgesachen, Korrespondenzen und Hofhaltung von Diez-Oranienstein, Dillenburg und Hadamar, durch die Ablieferung an den König der Niederlande stark geschmälert
Teile der Akten von Nassau-Hadamar befinden sich im Besitz der Allodialerben Merode-Westerloo in Brüssel. Allgemeine Landessachen: Staatsgebiet, Hoheitssachen, Grenzsachen, Staatsverwaltung, dabei Kanzlei- und Ratsprotokolle, Diener- und Beamtenbestallungen. Statistik und Landesbeschreibung: Salbücher: Grafschaft Diez 1525
Amt Altweilnau und Wehrheim 1561, Herrschaft Beilstein 1522, 1569, 1738, Dehrner Zent 1555, 1596, Herrschaft Hadamar und Ellar 1612
Amt Kirberg 1594, 1652
Beschreibungen: Amt Altweilnau 1606, Herrschaft Beilstein 1632-50, 1641, Herrschaft Hadamar und Ellar 1599, Amt Nassau 1646, reiche Nachrichten zur Einwohnerstatistik
Reichssachen und Reichstagssachen, ab Anfang 16. Jh.
Kreissachen: Kurrheinischer, Oberrheinischer und Niederrheinisch-Westfälischer Kreis, seit dem 16. Jh.
Wetterauischer Grafenverein, seit dem 16. Jh.
Westerwäldische Stände seit Mitte 17. Jh.
Beziehungen zu zahlreichen anderen deutschen und außerdeutschen Staaten
Kaiserliche Kommissionen in fremden Angelegenheiten
Niederländische Angelegenheiten
Katzenelnbogener Erbfolgestreit mit Hessen, 16. Jh. Verhältnis zum Adel: Irrungen und Prozesse mit der Reichsritterschaft um die Landsässigkeit des Adels 16.-18. Jh.
Lehnssachen: Passiv- und Aktivlehen (z. T. noch in Abt. 121), dabei altes Mannbuch 1434-1587, neues Mannbuch 1537-1702. Militär- und Kriegswesen: Landesdefension, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Plünderungen, besonders im 30jähr. Krieg, Kriegsbuch Graf Johanns VII. Finanzwesen: Reichssteuer, Türkensteuerlisten für Nassau-Dillenburg und Nassau-Diez 1542 ff.
Herdviehschatzung Nassau-Dillenburg 1447
Bederegister der Stadt Herborn 1398
Landesherrliche Höfe, Güter, Mühlen und Einkünfte, Zehnten, Zölle u. a.
umfangreiches Schuldenwesen. Justiz: Freitagsverhörbücher 1522 ff.
Rügenprotokolle
Gerichtsbuch Ewersbach 1540-1665
Zivilprozesse und Strafsachen seit dem 16. Jh., Hexenprozesse (meist in Abt. 369). Kirchen- und Religionssachen: Pfarrkollaturbuch Graf Johanns V. (+ 1516)
Kirchenvisitationsprotokolle 1544-1624 ff.
Kircheninventar Grafschaft Diez 1525
Verwaltung der Güter des Stiftes Diez und der Klöster Beselich, Dirstein, Gnadenthal, Keppel und Thron
Jesuiten zu Hadamar und Siegen
Kirchen, Kapellen und Pfarreien seit dem 15. Jh. Schulsachen: Hohe Schule zu Herborn (meist zu Abt. 95 gelegt), Lateinschulen in den Städten, Kirchspiels- und Ortsschulen. Polizeisachen und Verordnungen. Landwirtschaftssachen, meist Weidestreitigkeiten. Forst-, Jagd- und Fischereisachen. Gewerbe- und Zunftsachen. Bergwerks- und Hüttensachen. Bausachen: meist landesherrliche Bauten und Wegebau. Reiche Überlieferung für Orte und Städte, auch der schon vor 1806 abgetretenen Landesteile (Esterau um Holzappel, Amt Löhnberg, Amt Altweilnau, Kirchspiel Willmenrod, Kirchspiel Obertiefenbach).

Literatur 

Johannes von Arnoldi: Geschichte der Oranien-nassauischen Länder und ihrer Regenten. 4 Bde. 1799-1818.

Ludwig Bald: Das Fürstentum Nassau-Siegen. Diss Phil., Marburg 1939.

Emil Becker: Das oranien-nassauische Archiv zu Dillenburg und seine Beamten, in: Nassauische Heimatblätter 30. Jg. (1929), S. 37-46.

Emil Becker: Archiv und Kanzlei des nassau-ottonischen Hauses in Dillenburg, in: Siegerland, 18. Bd. (1936), S. 63-72, 97-106, 138-147 und im 19. Bd. (1937) S. 15-27, 54-61, 82-96.

Karl E. Demandt: Gestalt und Bestände des nassau-ottonischen Zentralarchivs in Dillenburg unter den Grafen Johann V. und Wilhelm d.A. 1482-1559, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 33 (1983), S. 37-100.

Reinildis van Ditzhuyzen: Oranje-Nassau. Een biografisch woordenboek. Haarlem 2004.

S.W.A. Drossaers, Th. H. Lunsingh Scheurleer: Inventarissen van de inboedels in de verblijven van de Oranjes. 3 Bände. 's-Gravenhage 1974 (Rijks Geschiedkundige Publicatien, Grote Serie, 147).

Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes. Wiesbaden 1958 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau, 13), S. 278 ff., 346 ff., 486 ff.

Pierre Even: Das Haus Oranien-Nassau bis zu den Königen der Niederlande.Werl 2009 (Deutsche Fürstenhäuser, 30).

Wilhelm Jüngst: Verfassung und Verwaltung von Nassau-Oranien von 1743-1806. Diss. Frankfurt a.M. 1923 (masch.)

Klaus Kopp: Nassau und Oranien. Ihre geschichtliche Rolle in Westeuropa. Wiesbaden 1998.

A.P. van Nienes, M. Bruggeman (Bearb.): Archieven van de Friese stadhouders. Inventarissen van de archieven van de Friese stadhouders van Willem Lodweijk tot en met Willem V, 1584-1795. Leeuwarden 2002.

Otto Renkhoff: Die Grundlagen der nassau-dillenburgischen Territorialentwicklung, in: Korrespondenzblatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, 80. Jg. (1932).

Otto Renkhoff: Anton Ulrich von Erath, in: Nassauische Lebensbilder Bd. 4 (1950), S. 54-66.

Anton Josef Weidenbach: Nassauische Territorien vom Besitzstande unmittelbar vor der französischen Revolution bis 1866. Wiesbaden 1870 (Nachdruck Neustadt a.d. Aisch, 1980), S. 271-280, 320-332

Findmittel 

Repertorium von Anton Ulrich von Erath, 7 Bände, 1747 ff. (hs.)

Hausarchiv: Index zu den Bestallungsakten nassau-oranischer Beamten, um 1900

Hausarchiv: Repertorium von Meinardus, 1901 (hs.); enthält zahlreiche Verzeichnungen von verlorenen oder abgegebenen Archivalien

Hausarchiv: Kartei der nassau-oranischen Beamten (sog. Beamtenkartei, ca. 6000 Namen), begonnen von Karl E. Demandt, weitergeführt von Hellmuth Gensicke. - Die Beamtenkartei ist in Abt. 3036 integriert und dort online recherchierbar (Klassifikationspfad: Verwaltung der nassauischen Grafschaften und Fürstentümer – 1. Zentralverwaltung – 1.6 Diener- und Beamtensachen – 1.6.3 Personennachweise)

Online-Datenbank (Arcinsys)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang 

465,75 m

Deskriptoren 

Burbach bei Siegen

Siegen

Dillenburg

Hadamar

Diez

Altweilnau

Wehrheim

Beilstein

Dehrn

Ellar

Kirberg

Nassau

Herborn

Beselich

Dirstein

Gnadenthal

Keppel

Thron

Esterau

Holzappel

Löhnberg

Willmenrod

Obertiefenbach bei Runkel

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Bei der konservatorischen oder restauratorischen Bearbeitung wurden säurehaltige umschläge entfernt, die tw. ebenfalls foliiert waren. (Stö, 20.11.2020)