LWV-Archiv Bestand Quentin

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Friedrich Quentin (1818-1899): Nachlass

Laufzeit 

(1734), 1802-1899

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

LWV-Archiv, P 13 Nr. 141 (Personalakte)

LWV-Archiv, B 13 (Verwaltungsakten Landeshospital Haina)

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Friedrich Quentin wurde um 1818 geboren und starb 1899. Er hatte mindestens einen Bruder, Carl. Der Vater der beiden, Christoph Philipp Quentin, war in den 1830er und 40er Jahren Oberförster in Sontra.

Quentin legte Ende 1844 das juristische Staatsexamen ab und trat im Januar 1845 die Stelle eines Rechtspraktikanten beim Justizamt Sontra an. Schon ein Jahr später wurde er daselbst zum Bürgermeister gewählt. Nachdem er 1851 wiedergewählt worden war, verzichtete er 1854 auf eine dritte Amtszeit. Um 1850 herum nahm Quentin regen Anteil an der kurhessischen Demokratiebewegung. Neben verschiedenen Korrespondenzen mit Mitgliedern der Kurhessischen Ständeversammlung (namentlich Wilhelm Manns, Friedrich Heisen, Friedrich Nebelthau) finden sich in seinem Nachlass Parlamentsberichte, diverse Wahlunterlagen, Aufrufe, aber auch das Manuskript einer Denkschrift „Gedanken über notwendige Eigenschaften und Aufgaben eines Volksvertreters“. 1850 wurde er zum Wahlmann des Wahlbezirks Sontra für die Wahl eines Abgeordneten für das Volkshaus des Reichstags ernannt.

Neben diesen Aktivitäten war er weiterhin juristisch tätig und arbeitete von 1851 bis Ende 1854 dem Amtsadvokaten Gleim in Sontra zu. Gegen Ende seiner dortigen Tätigkeit bewarb er sich auf eine Stelle als Actuar beim Justizministerium und auf die Stelle eines Secretars beim Hospital Haina.
Die Stelle eines Actuars trat er im Januar 1855 für wenige Wochen beim Justizamt Steinbach-Hallenberg im heutigen Thüringen an, bevor er im Februar desselben Jahres als Hospitals-Sekretar nach Haina bestellt wurde. Im September 1869 übernahm er dort zunächst vertretungsweise die Aufgaben des Obervorstehers, bevor er im Oktober das Amt des Vorstehers antrat, das durch Zusammenlegung der Tätigkeitsbereiche des Secretars und des Obervorstehers neu geschaffen worden war. In diesem Amt versah er verschiedenste Tätigkeiten, von der Aufsicht über die Hospitalsangelegenheiten bis hin zu den Geschäften der Ortspolizei (vgl. z.B. Kartensammlung, Nr. 1920), des Standesamtes und der Kranken- und Unfalls-Cassen. Zusätzlich führte er historische Recherchen durch und beschäftigte sich mit der Geschichte des Hospitals in Haina, aber auch mit seinem mutmaßlichen Heimatort Sontra, wie zahlreiche Exzerpte von bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Quellen belegen. Im September 1876 wurde er zum Geschworenen am Schwurgericht berufen.

Im März 1891 bat er aus Alters- und Gesundheitsgründen um seine Pensionierung: aufgrund starken Zitterns der Hand, könne er die notwendigen Schreibarbeiten nicht mehr verrichten.

Enthält  u.a.

Notariatsinstrument des Pethard Philipp Wetzell in Sachen der Herren von Dieden zum Fürstenstein als Besitzer des Gutes Welligerode (1734)

Bemerkenswert sind ferner Quentin direkt betreffende gerichtliche Unterlagen aus den Jahren 1845-1846. Sie enthalten ein Urteil (1845) über sechswöchige Festungshaft des Angeklagten Friedrich Quentin wegen Herausforderung zum Duell und mit Körperverletzung verbundener Realinjurie im Jahr 1843. Hintergrund war ein Streit zwischen Quentin und dem außerordentlichen Pfarrer George Wilhelm Schindewolf aus Wellingerode, in dessen Verlauf Quentin den Pfarrer u.a. „auf das linke Ohr geschlagen“ habe, „so daß Blut aus demselben gelaufen sei“ (LWV-Archiv, Quentin, Nr. 18). Offenbar fürchtete Quentin, dass sich die juristischen Konsequenzen dieses Vorfalls aus Studienzeiten ungünstig auf seine berufliche Karriere auswirken könnten. Erhalten hat sich nämlich auch ein Gnadengesuch um Erlass der Strafe, weil er zwischenzeitlich seine Rechtspraktikantenstelle bzw. das Bürgermeisteramt angetreten habe.
Ob Quentin die Haft angetreten hat oder ob sein Gnadengesuch erfolgreich war, geht aus den Unterlagen nicht hervor.

Friedrich Quentin stand in einem familiären Verhältnis zu dem radikaldemokratischen Journalisten Christian Elard Biscamp (* 1821 in Bischhausen, † 1882 in London). Dessen Schwester Louise war eine verheiratete Quentin. Das geht aus dem 1872-1873 in Erbschaftsangelegenheiten geführten Briefwechsel hervor (vgl. LWV-Archiv, Quentin, Nr. 1). In der politisch unruhigen Zeit um das Jahr 1848 begann Biscamp 1849 in Kassel für die demokratische Zeitschrift „Hornisse“ zu schreiben. Nach dem Scheitern der Revolution in Hessen Ende 1850 ging er aus Furcht vor politischer Verfolgung zunächst nach Bremen, um nach einer weiteren Station in Genf im März 1852 nach England zu emigrieren. In prekären Verhältnissen lebend, gründete er dort 1859 die deutschsprachige politische Zeitschrift „Das Volk“, für die er u.a. den im Londoner Exil lebenden Karl Marx als Beiträger gewinnen konnte.
Die Beziehungen zur Familie Biscamp bestanden jedoch bereits durch die Heirat Christoph Philipp Quentins und Charlotte Biscamps. Aus dieser Ehe ging 1833 die Tochter Anna Christine Caroline hervor. Ob Charlotte Biscamp auch die Mutter von Friedrich und Carl ist, geht aus den Quellen nicht hervor.

Literatur 

Werner Simon: Christian Elard Biscamp. Leben und Wirken eines vergessenen hessischen Journalisten in der schweizerischen und englischen Emigration, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 1980/81, Bd. 88, pp. 169-194.

Hessische Biografie

Findmittel 

Arcinsys-Datenbank

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang 

0,33 lfm

Bearbeiter 

Johannes Christof (Hessisches Landesarchiv), 2021

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Korrespondenten:

Friedrich August Wilhelm Nebelthau, * 1806 Kassel, † 1875 Kassel, Jurist, Politiker, Abgeordneter.
Ab 1841 Oberpostmeister (Übernahme der Posthalterei seines Vaters); 1845-1852, 1856-1863 Beigeordneter; 1864-1875 Oberbürgermeister der Stadt Kassel; seit 1836 Mitglied der Ständeversammlung; 1860-1861 Präsident der Kammer

Jacob Christian Carl Baumann, * 27.6.1800 Melsungen, † 29.5.1880 Melsungen
Bürgermeister, Abgeordneter
ab 1835 Bürgermeister von Melsungen (konservativ)
1852-1854 Mitglied der Zweiten Kammer der Kurhessischen Ständeversammlung für Melsungen
1853-1854 Vizepräsident der Zweiten Kammer der Kurhessischen Ständeversammlung